„Hochbegabt oder hochsensibel“ - das neue Buch von Manon Garcia |
Manon Garcia im Interview zu
„Hochbegabt oder hochsensibel“
Lilli Cremer-Altgeld/LCA: In Ihrem Buch HOCHBEGABT ODER HOCHSENSIBEL geht es darum, das „Anderssein (zu) akzeptieren“, „alte Verhaltensmuster ab(zu)legen und Herausforderungen (besser) annehmen (zu) können.“ (Klappentext) Was erwartet uns in dieser spannenden neuen Veröffentlichung? Vor allem: Was erwartet uns, das wir noch nicht aus Ihrem ersten Buch für Hochbegabte „Hochbegabung bei Erwachsenen – Erkennen, Akzeptieren, Ausleben“ kennen gelernt haben?
LCA: Soweit der allgemeine Überblick. Nun die Kür: Auf was dürfen sich Hochbegabte in diesem Buch besonders freuen?
MG: Auf das Leben ihres Andersseins. Wer eine innere Stärke entwickelt, wird sein Anderssein mit stolz leben. Ist zufriedener und glücklicher, weil man in sich ruht und nicht ständig auf der Hut ist oder Angst vor Reaktionen anderer hat.
LCA: Und hochsensible Menschen ?
MG: Das gilt für alle Menschen. Es geht um Menschen, die anders sind, und deshalb von ihrem Umfeld nicht die Anerkennung oder den Respekt erhielten, wie es für eine gesunde Entwicklung notwendig wäre. Sich selbst zu akzeptieren ist ein wichtiger Schritt.
LCA: Was werden hochbegabte – und hochsensible – Menschen im Idealfall erreicht haben, nachdem sie Ihr Buch gelesen und auch durchgearbeitet haben?
MG: Im Idealfall – und davon gibt es hoffentlich sehr viele – werden die Leser_innen meiner Ratgeber nach dem Lesen und Durcharbeiten mit mehr Selbstvertrauen, Selbstbewusstsein und Selbstliebe ihr Anderssein leben.
LCA: Mir ist eine für mich recht kühne These aufgefallen: Sie schreiben in Ihrem Buch auf Seite 45: „Sie können jedes Verhalten ändern, indem Sie es analysieren und verstehen (…)“. Für Hochbegabte ist die Analyse zumeist recht einfach – wenn es um eine Sache und/oder andere Menschen geht. Erfahrungsgemäß ist es jedoch nicht so einfach, das eigene Verhalten zu erkennen, zu analysieren und zu verändern. Ich denke hier an die Theorie des Johari-Fensters. Wie sehen Sie das?
MG: Es ist nicht einfach, sich selbst zu reflektieren. Zum einen, weil uns das Umfeld oftmals sagen möchte, dass die eigenen Empfindungen nicht "richtig" sind oder aber, weil es vermeintlich leichter ist, bei anderen zu schauen. Wer nicht genügend Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen besitzt schaut lieber zu anderen und analysiert dort. Das ist einfacher und erhält einem eine vermeintliche Stärke. Weil bei einer Selbstreflektion Dinge zum Vorschein kommen könnten, die aber doch verheimlicht werden sollen, weicht man gern auf die Analyse von anderen Personen oder von Sachthemen aus. Hier gilt es sich diesen Mechanismus immer wieder vor Augen zu führen. Fange ich also an, andere zu analysieren, gilt es sich zu stoppen und bei sich zu schauen. Das ist nicht leicht, aber jeder weitere Versuch lässt es einfacher werden. Diesem wichtigen Thema widme ich mich entsprechend im zweiten Ratgeber.
LCA: Dann gibt es noch eine Irritation für mich: Im Weiteren sprechen Sie von Vorfreude: „Nutzen Sie die Vorfreude für das Erreichen der eigenen Ziele. Die Ausschüttung von Glückshormonen mit deren positiven Wirkungen motiviert und treibt an“. Werden bei dem Gedanken „Ziele erreichen“ oft nicht mehr Ängste wach als Vorfreude möglich ist? Ängste, die möglicherweise nicht nur intellektuell bearbeitet werden können?
MG: Die Vorfreude an sich ist ein Motivationswerkzeug, weil Glückshormone ausgeschüttet werden. Sollten allerdings statt Glückshormone Ängste geschürt werden, sollte die Person in sich hineinhorchen und eruieren, woher die Ängste kommen. Beispielsweise, indem sie sich folgende Fragen stellen: Wie wurden die Ziele gewählt? Sind es die eigenen Ziele oder versucht die Person fremde Ziele zu erreichen? Sind die Ziele zu hoch, zu groß, mit anderen Worten unerreichbar? Sollten Ängste im Wege stehen, gilt das Hauptaugenmerk natürlich den Ängsten. Dafür gibt es auch ein extra Kapitel. Wer es schafft die Ursachen der Ängste zu finden, der kann in einem Prozess seine Ziele so wählen, dass die Vorfreude mit ihren Glückshormonen ohne Beeinträchtigung möglich ist.
LCA: Ich bleibe noch bei dem Thema „Ängste“. Sie haben Beispiele aufgeführt, wie ein Mensch seine Ängste loslassen kann. Dies ist besonders wichtig für Menschen, die einen gewissen Abstand zu sich selbst entwickeln – und Ängste distanziert betrachten können. Dies wiederum setzt schon Selbst-Bewusstsein und Selbst-Sicherheit voraus. Was aber machen die Menschen, denen diese Kräfte nicht zur Verfügung stehen? Halten Sie „geführte Meditationen“, in denen ein psychologisch ausgebildeter Coach oder ein(e) Therapeut/in die Hochbegabten an die Hand nimmt, für empfehlenswert?
MG: Ängste sind ein großes Thema, gerade auf dem Weg zur inneren Stärke mit Selbstbewusstsein, Selbstwert, Selbstvertrauen und Selbstliebe. Deshalb sollte jeder versuchen, sich seinen Ängsten zu stellen. Im gesamten Ratgeber gehe ich darauf ein, wie man den Zugang zu sich selbst finden kann. Nichtsdestotrotz können Ängste bestehen bleiben. Jeder muss für sich herausfinden, was für ihn das Passende ist, womit er seine Ängste minimieren kann. Ich möchte hier keine Empfehlung geben, weil es viele verschiedene Wege gibt. Die für den einen richtig und passend sind, bewirken beim anderen das Gegenteil. Insofern halte ich alles für empfehlenswert, was dem einzelnen weiterhilft.
LCA: Welche geführten Meditationen empfehlen Sie?
MG: Ich selbst habe so vieles ausprobiert, was mir als Ideallösung empfohlen wurde, aber es hat mich oftmals mehr zurückgeworfen, als das es mir half. Denn zu dem Fakt, dass es bei mir nicht half, kam dann die Frage, warum hilft es anderen und nicht mir? Gerade Menschen mit wenig Selbstbewusstsein können dadurch zurückgeworfen werden. Ich behaupte, dass jede_r, die/der sich informiert und auf sich hört, das für sich stimmige und passende auswählt. Und wenn es nicht das Passende war, dann wird die Person das merken und ändern. Etwas anderes ausprobieren, bis es passt. Hier muss jeder Mensch seinen eigenen Weg finden. Aber auch hier gilt es sich zu hinterfragen, reflektieren und analysieren. Seinen eigenen Weg zu finden.
LCA: Ein weiterer Leitgedanke in Ihrem Buch sind „Krankheiten“. Hier gibt es von Ihnen segensreiche „Aufgaben“ den Ursachen und der Heilung näher zu kommen. Ich möchte bei diesem besonders wichtigen Thema eine Verbindung zu einem Interview ziehen, das ich an der Uni Witten/Herdecke Mitte der 90er Jahre gemacht habe: Ich interviewte eine Medizin-Studentin, die über „Beten als Heilmittel“ promovierte. Probanden waren BWL-Student/innen, die eher ungeübt im Beten waren. Durch das Beten wurden jedoch für mich erstaunliche medizinische Ergebnisse erzielt: Schnellere Heilung, weniger Medikamente u.a.m. Ich konnte das gar nicht glauben, also sprach ich zur Kontrolle mit dem Doktor-Vater, der die Ergebnisse jedoch voll und ganz bestätigte. Welche Erfahrungen haben Sie mit „beten hilft“ gemacht?
MG: Ich selbst habe mit Beten keine Erfahrungen gemacht, kann mir aber sehr gut vorstellen, dass das funktionieren kann.
LCA: Die Bandbreite Ihrer Themen reicht u.a. von „Asperger-Syndrom“ zu „Selbstverwirklichung“, von „Narzismus“ „Borderline“ und „Minderwertigkeitsgefühle“ bis zu „Selbstliebe“, „Erlauben“ und „Traumjob“. Welches sind nach Ihrer Erfahrung die herausragenden Kernthemen mit denen die meisten Hochbegabten zu tun haben?
MG: Das kommt ganz stark auf die Sozialisation, das Umfeld, die Erfahrungen, die Kultur, etc. an. Je nach dem, ob ich als Kind oder Jugendliche gesehen und respektiert wurde oder eben nicht, entwickelt sich ein Mensch unterschiedlich. Dann ist es so, dass Menschen eine unterschiedliche Resillienz besitzen, mit denen sie bestimmte Situationen erfolgreicher als andere überstehen. So gehen manche aus einer Krise gestärkt hervor, wo andere in ein tiefes Loch fallen.
LCA: Und welches ist die Thematik der hochsensiblen Menschen?
MG: Egal, ob hochbegabte, hochsensible Menschen oder Menschen mit dem Asperger-Syndrom, diese Menschen sind anders und das wird in der Gesellschaft kritisch und meist ablehnend aufgenommen. Die Probleme entstehen ja nicht, weil Menschen hochbegabt oder hochsensibel sind, sondern, weil sie anders sind und das Umfeld damit nicht umgehen kann. Oder aber, dass einem hochbegabten oder hochsensiblen Menschen nicht gezeigt wird, wie er mit dem Anderssein umgehen kann. Dass alles gut ist, wie es ist, auch oder gerade, weil er anders ist. Denn sowohl Hochbegabung, als auch Hochsensibilität ist ein Geschenk.
LCA: Sie bieten Diskussionen zu Ihrem Buch im Internet an http://hochbegabt-oder-hochsensibel.manongarcia.de/ . Welche Fragen sind ihren Leser/innen besonders wichtig?
MG: Durch die Auseinandersetzung mit meinen Lesern bin ich überhaupt erst auf die Idee zum zweiten Ratgeber gekommen. Denn, egal, wie die Probleme beim Einzelnen gelagert waren, es lief meistens auf zu wenig Selbstbewusstsein, Selbstvertrauen und Selbstliebe hinaus. Als mir das im Austausch oder auch im Mailcoaching immer deutlicher wurde, fing ich an das Buch zu schreiben.
LCA: Auf welche weiteren Engagements von Ihnen dürfen wir uns schon mal freuen?
MG: Ich bin selbst gespannt, was sich alles ergeben wird. Geplant ist von mir derzeit nichts Konkretes. Ich bin offen. Wurde schon für Vorträge oder Workshops angefragt. Auch kann sich im weiteren Austausch ein dritter Ratgeber ergeben. Ich bin selbst gespannt, was sich noch ergeben wird.
LCA: Wie heisst Ihr nächstes Buch?
MG: Mein nächstes Buch wird ein Roman und der Titel steht noch nicht fest. Allerdings werden die Protagonisten hochsensibel und hochbegabt sein. Das Thema lässt mich also nicht los. Ich benutze nur ein anderes Genre, um meine Ideen zu verwirklichen. Das Schreiben bringt mir sehr viel Spaß und ich hoffe, dass den auch meine Leser_innen haben werden.
LCA: Herzlichen Dank!