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Wind-Lidar
in der Falcon
DLR-Projektleiter Dr. Oliver Reitebuch
neben
dem neuen Wind-Lidar-Gerät in der Falcon.
Quelle: DLR (CC-BY 3.0).
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Presseportal für Hochbegabung Für eine präzise Wettervorhersage und verbesserte
Klimamodelle ist entscheidend, die Winde über dem Nordatlantik möglichst exakt
zu erfassen. Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt
(DLR) haben den Prototypen eines Wind-Lidar (light detection and ranging)
entwickelt, der ab Ende 2016 auf einem ESA-Wettersatelliten zum Einsatz kommen
soll. Im Mai 2015 erprobt das DLR die Lasertechnik zur Windvermessung mit dem
Forschungsflugzeug Falcon. Ausgehend von Island fliegen die Forscher über die
Eisflächen Südgrönlands. Ein weiteres bewährtes Wind-Lidar, das bereits bei
Vulkanasche-Messungen über Island im Zuge des Eyjafjallajökull-Ausbruchs 2010
im Einsatz war, dient dabei als Vergleichsinstrument. Die US-amerikanische Luft- und
Raumfahrtbehörde NASA ist in Island mit eigenem Forschungsflugzeug und
Messgeräten zur Unterstützung der Kampagne vor Ort.
Weltweit einmalige Windmessungen
Die Wind-Lasermesstechnik, die jetzt auf dem Flugzeug
erprobt und kalibriert wird, ist ein wichtiger Schritt zur ESA-Mission
ADM-Aeolus (Atmospheric Dynamics Mission), die weltweit als erste in der Lage
sein wird, die Windfelder der Erde im Detail zu vermessen. Mithilfe eines
Doppler-Wind-Lidar wird dieser neuartige Wettersatellit aus dem Weltraum nahezu
in Echtzeit Wind-, Wolken- und Aerosolprofile entlang seiner Bahn zur Erde
senden. Diese Profile werden in eine verbesserte Vorhersage zur Entwicklung des
Wetters einfließen. Wissenschaftler der DLR-Institute für Physik der Atmosphäre
und Methodik der Fernerkundung werden die Daten des Satelliten prozessieren.
Windigster Ort der Erde
Die arktische Polarregion um Island und Grönland ist die Wetterküche Europas. Dort, wo kalte
Luftmassen aus polaren Regionen auf warme Luftmassen treffen, können sich
kleine Anomalien zu ganzen Wettersystemen entwickeln. Berühmt sind die
Islandtiefs, die hier entstehen. Zudem ist die Polarregion Grönlands von
besonderem Interesse für die Klimaforschung aufgrund der ansteigenden
Temperaturen in der Arktis und dem einhergehenden Rückgang des Polareises.
"Bei der jetzigen Forschungsflugkampagne kalibrieren wir das neue
Wind-Lidar über den grönländischen Eisflächen und testen dabei bereits unsere
Algorithmen, damit später im Weltraum alles glatt läuft", sagt Dr. Oliver
Reitebuch vom DLR-Institut für Physik der Atmosphäre. "Speziell die
Südspitze Grönlands ist als windigster Ort der Welt das perfekte Testgelände
für unsere neue Windmesstechnik, die dort mit ausgeprägten Oberflächenjets und
Starkwindbändern besonders gefordert ist."
NASA und DLR fliegen gemeinsam
"Wir fliegen über das ewige Eis Grönlands in
mehreren Runden pro Flugtag und haben dabei bereits für Vergleichsdaten eine
auf 3200 Metern gelegene Gipfelstation unserer amerikanischen Forschungskollegen
angesteuert", sagt DLR-Testpilot Philipp Weber. Von Island aus plant die
Crew der Falcon jeweils einen Tankstopp im Grönländischen Kangerlussuaq ein, um
anschließend zwei Stunden über Grönland zu kreisen. Insgesamt sind rund zehn
Testflüge über Grönland geplant, die größtenteils koordiniert mit dem
Forschungsflugzeug DC-8 der NASA stattfinden. Daten der NASA-DC-8 und der
DLR-Falcon werden miteinander verglichen. An Bord der DC-8 kommen sowohl zwei
Lidar-Instrumente zum Einsatz, als auch Messsonden, die aus dem Flugzeug über
einen Schacht ausgeworfen werden.
Gestreutes Licht macht Windfelder sichtbar
Die großen Windfelder über den Ozeanen werden derzeit
noch optisch von Wettersatelliten über die Verfolgung der Wolkenbewegungen
erfasst oder indirekt mittels Radar vermessen, die die Wellenbewegung auf der
Meeresoberfläche wiedergeben. "Die Wind-Lidar-Messungen erlauben es uns
zukünftig, direkt die Windgeschwindigkeiten vom Boden bis in 20 Kilometer Höhe
mit deutlich höherer Präzision zu messen. Höhenabhängig erreichen wir dabei
eine Auflösung von 500 bis 1000 Metern", erklärt Dr. Oliver Reitebuch.
"Für die Messungen nutzen wir den Dopplereffekt, den viele Menschen vom
Martinshorn eines Krankenwagens her kennen." Kommt der Wagen auf einen zu,
klingt der Sirenenton durch den Dopplereffekt höher, denn die Wellenlänge des
Schalls ist etwas verkürzt. Entfernt sich der Wagen nach der Vorbeifahrt,
klingt der Sirenenton plötzlich tiefer, denn die Schallwellen werden in die
Länge gezogen. "Beim Doppler-Lidar ist es ähnlich: Wir schicken Laserlicht
einer genau bestimmten Wellenlänge in ein Windfeld hinein. Je nach Bewegung des
Windfeldes wird das Licht mit einer nur minimal veränderten Wellenlänge
zurückgestreut. Daraus bestimmen wir die entsprechende Windgeschwindigkeit",
so Reitebuch weiter. Mit dieser Technik sind die DLR-Forscher in der Lage, die
gerade einmal zehn Milliardstel kleinen Wellenlängenänderungen exakt zu
erfassen.
Kleine Anomalien mit großer Wetterwirkung
Neben der Erprobung des Wind-Lidars über Grönland sammeln
die DLR-Atmosphärenforscher bereits Daten zur Entstehung und Entwicklung von
Islandtiefs. Die Forscher wollen besser verstehen, wie sich aus kleinen
Anomalien über Island, Grönland und dem Nordatlantik in kurzer Zeit die
weitläufigen Tiefdrucksysteme bilden. "Von Island aus können wir Messungen
in Starkwindbändern über dem Nordatlantik durchführen. Die genaue Kenntnis der
Windverteilung ist hier besonders wichtig, da fehlende Windinformationen besonders
schnell zu Fehlern in Wettervorhersagemodellen führen", erläutert
Reitebuch. "Diese Fehler beeinflussen eine exakte Vorhersage der
Entwicklung von Tiefdruckgebieten, die häufig in Richtung Europa ziehen und
durch hohe Windgeschwindigkeiten und starke Niederschläge eine besondere
Bedeutung für unser alltägliches Leben haben."
Über die Mission
Die DLR-Forschungsflugkampagne ADM (Atmospheric Dynamics
Mission) über Island und Grönland ist ein Beitrag des DLR zur ESA-Mission
ADM-Aeolus. Beteiligt sind das DLR-Institut für Physik der Atmosphäre, die
DLR-Flugexperimente, die europäische Raumfahrtagentur ESA, und die Universität
Leeds, die für diese Mission ein Wind-Lidar auf der grönländischen
Gipfelstation für Vergleichsmessungen am Boden installiert hat. Zudem wird
diese Mission in Kooperation mit der NASA durchgeführt. Weltweit erstmalig
kommen dabei gleichzeitig vier Wind-Lidar-Instrumente auf zwei Flugzeugen zum
Einsatz.
Kontakte
Falk Dambowsky
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Kommunikation,
Redaktion Luftfahrt
Tel.: +49 2203 601-3959
Fax: +49 2203 601-3249
Oliver Reitebuch
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Institut
für Physik der Atmosphäre
Tel.: +49 8153 28-1321
Philipp Weber
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Flugexperimente Operpfaffenhofen
Tel.: +49 8153 28-2996
Fax: +49 8153 28-1347