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railGATE –
Galileo-Testumgebung
für den Schienenverkehr von
Morgen
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Presseportal für Hochbegabung Europas Satellitennavigationssystem Galileo soll im Jahr
2020 komplett einsatzbereit sein. Damit zu diesem Zeitpunkt alle technischen
Möglichkeiten ausgeschöpft werden können, hat das Raumfahrtmanagement des
Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) das Tor zu Galileo vollständig
aufgestoßen: Forschungseinrichtungen und Industrie können moderne
Navigationstechniken und -instrumente schon heute mit original
Galileo-Navigationssignalen testen, damit sie mit Beginn des
"Galileo-Zeitalters" einsetzbar sind. Mit dem so genannten
automotiveGATE und dem railGATE sind am 22. Mai 2015 din der Nähe von Aachen
die beiden letzten Galileo Text- und Entwicklunsgumgebungen (GATEs) eröffnet
worden.
Mehr als nur Satellitennavigation im Auto
"Diese beiden GATEs zeigen, dass Galileo mehr zu
bieten hat, als nur eine verbesserte Satellitennavigation im Auto. Mit
Galileo-Signalen können durch präzise Navigation zum Beispiel Güterwagen
autonom - wie von Geisterhand -
rangiert, Sicherheitsintervalle zwischen zwei Zugfahrten verkürzt oder
Auffahrunfälle an Stauenden vermieden werden. Die Technik hierfür wird in
diesen beiden Testzentren entwickelt und soll zum Start von Galileo zur
Verfügung stehen", erklärt Oliver Funke, GATEs-Projektleiter im DLR
Raumfahrtmanagement. Beide Galileo-Testzentren wurden von der
Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen im Fördervorhaben
"Galileo above" errichtet. Betrieben wird das automotiveGATE durch
die ATC GmbH - einer gemeinsamen Gesellschaft der RWTH Aachen und dem Kreis
Düren. Der Betrieb des railGATE wird von der AGIT mbH geführt, die mit ihrem
"Automotive & Rail Innovation Center" (ARIC) bereits die Aufbauarbeiten
von beiden GATEs direkt vor Ort unterstützt hat.
Im automotiveGATE strahlen sechs Sender die
Galileo-Signale in das ATC auf dem ehemaligen Zechengelände "Emil
Mayrisch" ab. So können hier schon jetzt alle erdenklichen
Verkehrssituationen unter Galileo-Realbedingungen getestet werden. Dafür stehen
neben einer Fahrdynamikfläche ein Ovalkurs, eine Bremsstrecke, eine
Schlechtwegstrecke, ein Handlingkurs sowie ein Steigungshügel zur Verfügung.
Das railGATE ist ein Galileo-Testfeld für
Schienenfahrzeuge, das das Streckennetz des Prüf- und Validationcenters
Wegberg-Wildenrath der Siemens AG (PCW) mit Galileo-konformen Signalen von acht
Sendern aus abdeckt. Es besteht aus Gleisanlagen unterschiedlicher Spurweite
mit einer Gesamtlänge von etwa 28 Kilometern. Auf zwei Testringen sowie
weiteren Testgleisen können unterschiedliche Fahrsituationen nachgestellt und
getestet werden. An das Oberleitungsnetz lassen sich verschiedene Spannungen
und Frequenzen anlegen, so dass Schienenfahrzeuge für den internationalen Markt
- vom ICE bis zur Straßenbahn - auf die Probe gestellt werden können.
Insgesamt sind bis 2016 acht größere Navigationsprojekte
mit nationalen und internationalen Partnern in den beiden GATEs geplant.
Hauptförderer sind das DLR mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft
und Energie, das Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie die
Europäische Union.
Schnelle Positionsbestimmung verbessert Bahnverkehr
Eines dieser Navigationsprojekte ist das Vorhaben
"Galileo Online: GO!" des DLR Raumfahrtmanagements. Darum geht es um
folgende Fragestellung: Züge fahren nicht immer über flaches Land. Manchmal
schotten Tunnel, Bäume oder Häuser mit Empfängern ausgestattete Züge vom
Navigationssignal der Galileo-Satelliten ab. Nach jeder Signalunterbrechung
dauert es bis zu 30 Sekunden, bis der Empfänger genügend Satelliten gefunden,
die Position des Zuges wieder klar berechnet hat und diese an die Rechenzentren
der Bahn weitergeben kann. "Mit Galileo Online: GO! entwickeln wir
gemeinsam mit unseren Partnern gerade einen Empfänger, der sofort nach der
Unterbrechung wieder die Position und nützliche Zusatzinformationen wie zum
Beispiel Wartungsdaten des Zuges weiterleiten kann", betont
DLR-Projektleiterin Dr. Anett Ward. So können engere Sicherheitsintervalle
zwischen zwei Zügen auf derselben Strecke gewählt und auch eingehalten werden.
Außerdem können die Fahrgäste genauer über den Reiseverlauf, mögliche
Verspätungen und das Erreichen möglicher Anschlusszüge informiert werden.
Doch wie kann die aktuelle Position so schnell wieder
bestimmt werden? "Der Empfänger wird mit einer Technik ausgestattet, die
Daten von mehreren Sensoren gleichzeitig ‚verschmelzen‘ kann. Der Zug folgt auf
den Schienen einem klar vorbestimmten Weg und die aktuelle Geschwindigkeit
sowie die Beschleunigung des Zuges werden genau gemessen. In Kombination mit
interaktivem Kartenmaterial lässt sich dann genau bestimmen, wann der Zug zum
Beispiel den Tunnel zukünftig wieder verlassen wird und eine erneute Verbindung
zu den Galileo-Satelliten möglich ist. Gleichzeitig werden die
Satellitenbewegungen mitgerechnet, so dass beim Tunnelaustritt die
Empfängerantennen genau auf die Satelliten ausgerichtet sind und die
Zugposition unmittelbar wieder bestimmt werden kann", erklärt René Zweigel
vom Institut für Regelungstechnik an der RWTH Aachen, der das Gesamtprojekt
leitet.
Dank des neuen Empfängers werden Satelliten schneller
gefunden und die aktuelle Position steht schon fest, sobald der Zug wieder ein
Signal empfängt. Der Receiver kann die Positions- und Zugdaten sofort an die
Rechenzentren der Bahn schicken, die dabei per
Hochgeschwindigkeits-LTE-Mobilfunk übertragen werden. Hierfür ist die Vodafone
GmbH verantwortlich. Die SCISYS GmbH kümmert sich um die Entwicklung von
Bahnanwendungen, die die neue Empfängertechnologie ermöglichen wird. So soll
zum Beispiel mit den Daten von jedem einzelnen Zug ein aktueller, individueller
Fahrplan erstellt werden, Züge auf einem Rangierbahnhof vollautomatisiert
zusammengestellt werden und Container weltweit verfolgt werden können.
Weiterhin sind die RWTH Aachen, das Fraunhofer-Institut für Integrierte
Schaltungen (IIS) und die IMST GmbH an Galileo Online: GO! beteiligt. Sie kümmern
sich um die Hardwareentwicklung des Empfängers.
Kontakte
Martin Fleischmann
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Raumfahrtmanagement, Kommunikation
Tel.: +49 228 447-120
Dr. Oliver Funke
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Raumfahrtmanagement, Abteilung Navigation
Tel.: +49 228 447-485