Dr. Christian Golnik vom OncoRay – Nationales Zentrum für Strahlenforschung in der Onkologie Quelle: Privat |
Dr. Christian Golnik vom
OncoRay-Zentrum erhält 1. Preis der Behnken-Berger-Stiftung
In seiner Promotionsarbeit entdeckte Christian Golnik
eine neue Methode, um die Reichweite von Partikelstrahlen bei der Behandlung
von Krebspatienten zu messen. Das innovative und vergleichsweise einfache
Verfahren könnte entscheidend dazu beitragen, die Strahlentherapie mit
kleinsten geladenen Teilchen künftig noch wirksamer zu machen. Die
Behnken-Berger-Stiftung würdigte die Arbeit des Dresdner Krebsforschers am 7.
September 2016 mit ihrem mit 12.000 Euro dotierten 1. Preis.
Die Arbeit eines Doktoranden mündet sicherlich selten in
eine weltweite Patentanmeldung. Christian Golnik ist mit seiner Dissertation an
der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus ein solch großer Wurf gelungen.
Der Dresdner Physiker forscht auf dem Gebiet der Partikeltherapie, einem
Verfahren zur Bestrahlung von Tumoren. Hierbei kommen – anders als bei der
herkömmlichen Strahlentherapie – keine Röntgenstrahlen, sondern winzige
geladene Teilchen wie beispielsweise Protonen zum Einsatz. „Die Partikeltherapie
ist hochwirksam, allerdings lässt sich ihr Potential derzeit weltweit noch
nicht ausschöpfen“, sagt der Wissenschaftler. Die von ihm neu entdeckte
Methode, das sogenannte „Prompt Gamma-Ray Timing“, könnte hier einen
entscheidenden Fortschritt bringen.
Kleinste Teilchen mit großem Potential
Partikelstrahlen wirken sehr präzise auf den Tumor, zugleich
schonen sie – im Vergleich zur Behandlung mit Röntgenstrahlung – umliegendes
gesundes Gewebe deutlich besser. „Die geladenen Teilchen durchdringen den Körper
anders als Röntgenstrahlen nicht vollständig. Stattdessen kommen sie, abhängig
von der gewählten Strahlenergie, in einer bestimmten Tiefe im Körper zum
Stillstand. Erst hier geben sie den Großteil ihrer Energie ab und entfalten
ihre strahlentherapeutische Wirkung. Auf diese Weise wird das vor dem Tumor
liegende Gewebe wenig und das hinter dem Tumor liegende Gewebe gar nicht durch
Strahlen geschädigt“, erklärt Christian Golnik. Da die Partikel den Körper
nicht wieder verlassen, lässt sich ihre tatsächliche Reichweite allerdings nur
schwer von außen bestimmen. Der Teilchenstrahl kann daher bisher nur durch
Berechnungen vor der Bestrahlung gesteuert werden. Diese bergen zwar geringe,
aber nicht vernachlässigbare Unsicherheiten. Deshalb wird rund um den Tumor immer
ein Saum von gesundem Gewebe mitbestrahlt. Damit stellen die Ärzte und
Wissenschaftler sicher, dass tatsächlich der gesamte Tumor mit der gewünschten
Dosis von den Strahlen getroffen wird. Im Gegenzug wird allerdings die
hochpräzise, schonende Wirksamkeit der Partikeltherapie nicht vollständig
ausgeschöpft.
Den Bremsweg im Körper des Patienten bestimmen
Christian Golnik ist es nun gemeinsam mit dem Team um Dr.
Guntram Pausch gelungen, ein Verfahren zu entdecken, mit dem sich der
Strahlverlauf im Patienten ohne körperlichen Eingriff unmittelbar nachverfolgen
lässt. Grundlage hierfür ist eine physikalische Gesetzmäßigkeit: Durchquert ein
geladenes Teilchen Gewebe, werden Atomkerne angeregt. Diese geben ihre Energie
in Form so genannter prompter Gammastrahlung ab. „Die zeitliche Dauer dieser
Gammastrahlung können wir unmittelbar mit geeigneten Detektoren messen. Dadurch
erfahren wir, wie lange ein geladenes Teilchen – oder, genauer gesagt, ein
Bündel solcher Teilchen – im Gewebe unterwegs ist, bevor es zum Stillstand
kommt. Wie mit einer Stoppuhr messen wir also die Abbremszeit der Teilchen.
Hiervon ausgehend können wir dann den Bremsweg und damit die Reichweite des
Partikelstrahls bestimmen. In der Anwendung am Patienten soll die Methode
künftig Abweichungen gegenüber der geplanten Bestrahlung sofort sichtbar
machen. Dies ermöglicht eine noch präzisere Bestrahlung und hilft, das
umliegende gesunde Gewebe noch besser zu schonen“, so Golnik.
Das von Christian Golnik entdeckte „Prompt Gamma-Ray Timing“
ist vergleichsweise einfach und kommt mit wenig Technik aus. Daher ist zu
erwarten, dass es sich relativ schnell und mit geringem Aufwand in die
klinische Praxis überführen lässt. Dies ist ein großer Vorteil gegenüber
anderen Verfahren, die derzeit weltweit erforscht werden, um die Eindringtiefe
der Teilchen im Patienten während der Bestrahlung zu messen. Bisher wurde nur
die so genannte „Prompt Gamma-Schlitzkamera“ am Dresdner OncoRay-Zentrum an
Patienten erprobt.
Kräfte bündeln für optimale Lösungen
Eine wichtige Grundlage für die erfolgreiche
Forschungsarbeit lieferte die fächer- und institutionenübergreifende Struktur
des OncoRay – Nationales Zentrum für Strahlenforschung in der Onkologie, das
vom Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, der Technischen Universität Dresden
und dem Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) getragen wird. Ein
wichtiger Teil der Experimente fand beispielsweise am ELBE-Beschleuniger und im
Ionenstrahlzentrum des HZDR statt. „Kollegen aus dem HZDR-Institut für
Strahlenphysik unterstützten uns in wissenschaftlichen und technischen
Belangen“, erklärt Golnik. „Für die Auswertung der Messungen verwendete ich
Grundlagen der Biostatistik, welche ich aus Vorlesungen am OncoRay kannte, und
in Fragen der klinischen Rahmenbedingungen konnten wir uns eng mit den
Medizinphysikern hier am Zentrum abstimmen.“
Die Leistung von Christian Golnik hat auch die Jury des
Behnken-Berger-Preises überzeugt. Von der gleichnamigen Stiftung erhielt er am
7. September, während der 47. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für
Medizinische Physik in Würzburg den mit 12.000 Euro dotierten ersten Preis.
Hintergrund: Die Behnken-Berger-Stiftung geht zurück
auf den deutschen Physiker Hermann Behnken (1889-1945) und seine Ehefrau Traute
Behnken-Berger. Die Stiftung vergibt Förderpreise an junge Nachwuchsforscher,
die in einem der folgenden Gebiete hervorragende wissenschaftliche Leistungen
erbracht haben: Strahlenschutz, therapeutischer oder diagnostischer Einsatz von
Röntgenstrahlung oder sonstiger ionisierender Strahlung, Anwendung
physikalischer Methoden in der Radiologie oder Behandlung von Strahlenschäden.
__Ausgezeichnete Patente und Publikationen:
Golnik, Hueso-González, Müller, Dendooven, Enghardt,
Fiedler, Kormoll, Roemer, Petzoldt, Wagner, Pausch (2014): Range assessment in
particle therapy based on prompt γ-ray timing measurements. Phys Med Biol 59,
5399–5422
Pausch, Golnik, Enghardt (2013): Verfahren und Einrichtung
zur Kontrolle der Reichweite von Partikelstrahlung einer
Bestrahlungseinrichtung zur Strahlentherapie. Deutsche Patentanmeldung DE 10
2013 218 982 A1, Offenlegungsschrift, Anmeldetag 20.09.2013, Offenlegungstag:
26.03.2015.
Pausch, Golnik, Enghardt, Janssens, Prieels, Smeets, Vander
Stappen (2014): Method and Apparatus for Monitoring the Range of a Particle
Beam. United States Patent
Application Publication US 2015/0087882 A1, Anmeldetag 19.09.2014,
Offenlegungstag: 26.03.2015.
Pausch,
Golnik, Enghardt, Janssens, Prieels, Smeets, Vander Stappen, Hueso-Gonzáles
(2014): Method and Apparatus for the Range Control of Particle Radiation of a
Radiation Device for Radiation Therapy. International Application Published
under the Patent Cooperation Treaty (PCT), World Intellectual Property
Organization, WO 2015/040225 A1, Anmeldetag 22.09.2014, Offenlegungstag:
26.03.2015.
__Medienkontakt:
Dr. Anna Kraft
Pressereferentin OncoRay-Zentrum und Institut für
Radioonkologie am HZDR
Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf, Bautzner Landstr. 400,
01328 Dresden
Besucheranschrift: Händelallee 26, Haus 130, 01309 Dresden
Tel: +49 351 458-7440, Mobil: +49 175 7671069, Fax: +49 351
458-5716
E-Mail: a.kraft@hzdr.de
Internet: www.oncoray.de
OncoRay – Nationales Zentrum für Strahlenforschung in der
Onkologie
Das Dresdner OncoRay-Zentrum ist eine
institutionenübergreifende Forschungsplattform mit einem besonderen Fokus auf
Translationsforschung. Damit ist gemeint, dass Ergebnisse aus der
Grundlagenforschung gezielt zum Wohle von Patienten weiterentwickelt und in
klinischen Studien getestet werden sollen. Ziel ist es, die Behandlung von
Krebserkrankungen durch eine biologisch invidualisierte, technologisch optimale
Strahlentherapie entscheidend zu verbessern. Hierfür bündelt OncoRay die
Stärken der drei Trägerinstitutionen – Universitätsklinikum Carl Gustav Carus,
TU Dresden und Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf.
Rund 80 Wissenschaftler aus aller Welt finden am OncoRay
aufgrund der vorhandenen Infrastruktur und Kompetenz optimale
Arbeitsbedingungen. Sie arbeiten in fachübergreifenden Programmen mit
Forschungsschwerpunkten in den Bereichen Medizin, Physik, Biologie und
Informationswissenschaften. Herzstück des OncoRay-Forschungsgebäudes ist die
Protonenanlage. Seit Ende 2014 werden an der Universitäts Protonen Therapie
Dresden (UPTD) Patienten behandelt. Den Wissenschaftlern bietet die Anlage die
Möglichkeit, den Einsatz von Protonen in der Krebstherapie patientennah und jenseits
kommerzieller Zwänge zu evaluieren und weiterzuentwickeln.
__Abteilung Kommunikation und Medien
Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf | Bautzner Landstr. 400
| 01328 Dresden