![]() |
Sekt-Anstoss mit der ISS
Quelle: DLR (CC-BY 3.0).
|
Eine einfache Geste der Begrüßung und doch
außergewöhnlich: Händeschütteln zwischen einem Astronauten auf der
Internationalen Raumstation ISS und Wissenschaftlern am Deutschen Zentrum für
Luft- und Raumfahrt (DLR). Die Interaktion erfolgte mittels des humanoiden
DLR-Roboters SpaceJustin, der sich in Oberpfaffenhofen befindet und am 17.
Dezember 2015 von der ISS aus ferngesteuert wurde. Der russische Astronaut
Sergei Volkov auf der ISS und DLR-Institutsdirektor Prof. Alin Albu-Schäffer
auf der Erde konnten sich gegenseitig sehen, miteinander sprechen und - dank
Kraftrückkoppelung - die Kraft und die Bewegung des Händeschüttelns spüren.
"Mit dem Technologie-Experiment Kontur-2 ist dem DLR
ein weiterer Erfolg in der Robotik gelungen. Erstmalig wurde eine Kraftrückkopplung
zwischen einem Astronauten im Erdorbit und einem Menschen auf der Erde mithilfe
eines humanoiden Roboters durchgeführt", betont Prof. Dr. Pascale
Ehrenfreund, Vorstandsvorsitzende des DLR. "Die wissenschaftlichen
Ergebnisse dieses Vorhabens bieten ein breites Anwendungsspektrum von der
planetaren Exploration bis hin zu irdischen Anwendungen in der Telemedizin und
der Telepräsenz in für den Menschen kritischen Situationen."
Telepräsenz-Systeme ermöglichen es Menschen, über große Entfernung hinweg über
einen robotischen "Avatar" zu agieren und dabei das Gefühl zu haben,
selbst vor Ort zu sein.
Unerreichte Komplexität
Noch nie zuvor wurde ein humanoider Roboter vom Weltall
aus gesteuert. Die Steuerung und Kraftrückkopplung von SpaceJustins Arm erfolgte
mit dem Kontur-2 Joystick, der seit Juli 2015 an Bord der ISS ist und vom
DLR-Institut für Robotik und Mechatronik entwickelt wurde. Die Besonderheit der
Technologie und des Experiments liegen in ihrer bisher unerreichten
Komplexität: Mit dem raumfahrttauglichen Joystick auf der ISS ist man in der
Lage, dem Astronauten feinfühlige Kraftrückkoppelung in Echtzeit zu
übermitteln. Ein zusätzliches Bedienelement des Joysticks ermöglicht das
Schließen der Roboterhand, so dass der Astronaut sogar einen Gegenstand greifen
kann.
ISS - St. Petersburg - Oberpfaffenhofen
Eine der größten Herausforderungen für
Telepräsenz-Anwendungen in der Raumfahrt ist die Zeitverzögerung bei der
Datenübertragung. Bei einer Distanz von rund 400 Kilometern beträgt die
Verzögerung rund 30 Millisekunden. Hierbei stellt ein spezielles
Regelungskonzept sicher, dass durch die Verzögerung kein instabiles Verhalten
entstehen und bei dem sich das System unkontrolliert aufschwingen kann. Die
Kraftrückkopplung funktionierte bei dem Tele-Handshake im DLR dabei so
ausgezeichnet, dass den Wissenschaftlern ein weiteres, anspruchsvolles
Experiment gelang:
Während ISS-Besatzungsmitglied Volkov den rechten Arm von
SpaceJustin fernsteuerte, übernahm das russische Institut RTC in St. Petersburg
(Russian State Scientific Center for Robotics and Technical Cybernetics) die
Steuerung des linken Roboterarms. Das Institut RTC verfügt über einen
identischen Kontur-2 Joystick vom DLR und wurde aus seinem Labor in St.
Petersburg zugeschaltet. Gemeinsam griffen Volkov und RTC mittels SpaceJustin
nach einem Ball und übergaben den Ball an das DLR-Team in Oberpfaffenhofen, das
den Ablauf koordinierte. Alle drei Beteiligten konnten dabei die Kontaktkräfte
der Anderen spüren - das Drücken gegen den Ball beim Greifen und das Loslassen
beim Aushändigen des Balls.
Robonaut der Zukunft
Für die Raumfahrt sind Telepräsenz-Technologien in
Zukunft unverzichtbar: Astronauten könnten von einer Raumstation aus einen
Roboter steuern, der zum Beispiel den Mars oder den Mond erkundet und dort
feinmotorische Aufgaben erfüllen soll. Auch Wartungs- und Reparaturarbeiten an
Satelliten können vom Boden aus telepräsent durchgeführt werden.
Der Tele-Handshake und die kooperative Ballübergabe
markieren den Höhepunkt der Experimentreihe "Kontur-2", in der die
Telepräsenz-Technologie auf der ISS optimiert und getestet wurde. Nach der
erfolgreichen Demonstration dieser Technologie ist das DLR-Institut für Robotik
und Mechatronik bereit für die nächsten Schritte: Die telepräsente Steuerung
kann künftig auch auf Bediensysteme mit mehr als zwei Freiheitsgraden
übertragen werden. Das erlaubt eine Steuerung in jede Raumrichtung und bereitet
der Weg für eine neue Etappe in der telepräsenten Raumfahrt-Robotik. Komplexere
Aufgaben sind künftig möglich: Der Astronaut wird nicht nur in der Lage sein,
Arm und Hand von SpaceJustin zu steuern, sondern den gesamten Körper eines
humanoiden Roboters.
Kontakte:
Bernadette Jung
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Kommunikation Oberpfaffenhofen
Tel.: +49 8153 28-2251
Fax: +49 8153 28-1243
Jordi Artigas Esclusa
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Institut
für Robotik und Mechatronik
Tel.: +49 8153 28-3243
Verpassen Sie keine Updates - folgen Sie uns auf Twitter,
Facebook und Youtube: