Presseportal für Hochbegabung Aktivierte zytotoxische T-Zellen
("Killerzellen") produzieren den Immunbotenstoff Tumornekrosefaktor
alpha. Wissenschaftler aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum und aus den
Universitätskliniken Heidelberg und Dresden wiesen nun nach, dass mit steigender
Konzentration von TNF alpha im Tumorgewebe die Anzahl an aktivierten
Killerzellen steigt, die den Tumor spezifisch erkennen und bekämpfen können.
Hohe TNF alpha-Spiegel im Tumor erwiesen sich als unabhängiger prognostischer
Marker für einen günstigen Verlauf der Krebserkrankung.
Seit einigen Jahren bereits wird nach
Darmkrebsoperationen das Tumorgewebe auf eingewanderte Immunzellen untersucht.
Findet der Pathologe viele der als "Killerzellen" bezeichneten
zytotoxischen T-Zellen, so ist ein günstiger Verlauf der Erkrankung
wahrscheinlich und das Risiko für Metastasen geringer.
Unklar war bislang, ob die T-Zellen im Tumorgewebe eine
zufällige Begleiterscheinung von eher gutartigen Tumoren sind oder ob die
günstigere Prognose tatsächlich davon abhängt, dass sich die Immunzellen
spezifisch und aktiv gegen den Krebs richten. Allein das Vorhandensein der
Killerzellen im Tumor ist noch kein Garant für eine tatsächliche Immunattacke
gegen das bösartige Gewebe, denn der Krebs kann Immunzellen mit einer Vielzahl von
Mechanismen ruhigstellen.
Der Immunologe Professor Dr. Philipp Beckhove vom
Deutschen Krebsforschungszentrum untersuchte nun gemeinsam mit Chirurgen aus
den Universitätskliniken Heidelberg und Dresden, ob die T-Zellen in Darmtumoren
tatsächlich gegen den Krebs aktiv sind.
Zytotoxische T-Zellen, die ein spezifisches Merkmal des
Tumors ("Tumorantigen") erkennen und dadurch aktiviert werden,
produzieren eine Kombination von drei Immunbotenstoffen. Besonders
charakteristisch für die aktivierten Killerzellen ist der Tumornekrosefaktor
(TNF) alpha. Beckhoves Forscherteam fand ausschließlich bei Patienten, aus
deren Blut oder Knochenmark sie tumorspezifische Gedächtnis-T-Zellen isolieren
konnten, auch hohe TNF alpha-Spiegel in den Darmtumoren.
Als die Wissenschaftler aus dem Blut oder Tumorgewebe
isolierte zytotoxische T-Zellen untersuchten, stellten sie fest, dass nur
solche T-Zellen TNF alpha bilden, die gleichzeitig durch spezifische
Proteinmerkmale des Tumors aktiviert waren. Die Gesamtmenge von TNF alpha im
Tumor korreliert wiederum mit der Gesamtzahl TNF alpha-produzierender
Killerzellen im Tumor.
Diese Ergebnisse hatten die Forscher an Gewebeproben von
88 Darmkrebs-Patienten gewonnen. An Proben von weiteren 102 Darmkrebs-Patienten
überprüften sie anschließend den Vorhersagewert ihrer Ergebnisse. Sie wollten
herausfinden, wie gut sich der TNF alpha-Spiegel im Tumor als unabhängiger
Biomarker für die Prognose der Erkrankung eignet.
Dazu verglichen sie die TNF-alpha-Spiegel mit anderen
Merkmalen des Tumors, die Einfluss auf den Verlauf der Krebserkrankung haben
könnten. Dazu zählte die klassische TNM-Klassifikation (Einteilung der Tumoren
nach Größe, Differenzierungsgrad und Metastasierung), die Anzahl
regulatorischer T-Zellen, die Anzahl von Entzündungszellen, die das
Tumorwachstum fördern, oder die Konzentration eines Botenstoffs, der die
Immunantwort unterdrückt.
Die 102 Gewebeproben stammten von Patienten, deren
Darmkrebsdiagnose bereits längere Zeit zurücklag. Daher war der Verlauf der
einzelnen Erkrankungen bekannt. Die Wissenschaftler entdeckten, dass sich
anhand eines hohen TNF-alpha-Spiegels am genauesten die Patienten
identifizieren ließen, die ihre Diagnose zehn Jahre überlebten und die als
geheilt gelten.
"Die Konzentration von TNF alpha im Tumorgewebe
entspricht der gegen die Krebszellen gerichteten Aktivität der zytotoxischen
T-Zellen. Das ist ein sehr starker Beleg dafür, dass es bei der Prognose von
Darmkrebs tatsächlich auf eine aktive T-Zellantwort gegen die Tumorzellen
ankommt, sagt Phillip Beckhove. "Wir können den Krankheitsverlauf präziser
vorhersagen, wenn wir die TNF alpha-Spiegel bestimmen, als wenn wir einfach die
T-Zellen im Tumorgewebe zählen."
Und noch aus einem weiteren Grund freut sich der
Immunologe über das Ergebnis "Wenn die zytotoxischen T-Zellen, die den
Tumor bekämpfen, ein Indikator für eine gute Prognose sind, dann ist das ein
ermutigender Hinweis darauf, dass auch T-Zell-Immuntherapien gegen Darmkrebs
gute Erfolgsaussichten haben". Genau solche Immuntherapien wollen Beckhove
und seine Kollegen langfristig entwickeln.
Christoph Reissfelder, Slava Stamova, Christina Gossmann,
Marion Braun, Andreas Bonertz, Ute Walliczek, Mario Grimm, Nuh N. Rahbari,
Moritz Koch, Maral Saadati, Axel Benner, Markus W. Büchler, Dirk Jäger, Niels
Halama, Khashayarsha Khazaie, Jürgen Weitz, and Philipp Beckhove:
Tumor-specific cytotoxic T lymphocyte activity determines colorectal cancer
patient prognosis. Journal of Clinical Investigation 2014, DOI:
10.1172/JCI74894
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr
als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische
Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1000 Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen
Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass
Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren
präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden
können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes
(KID) klären Betroffene, Angehörige und interessierte Bürger über die
Volkskrankheit Krebs auf. Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg hat
das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg
eingerichtet, in dem vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die
Klinik übertragen werden. Im Deutschen Konsortium für Translationale
Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für
Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben
universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter
Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums ist
ein wichtiger Beitrag, um die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das
DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu
10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der
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