Hochbegabungspresse
Jahrespressekonferenz mit Positionspapier: Bessere Grundausstattung für
Universitäten, Unterscheidung von Forschungs- und Förderorganisationen,
Exzellenz-Mittel in DFG-Etat
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft
(DFG) hat ihre Positionen in der Diskussion um die Zukunft des
Wissenschaftssystems in Deutschland formuliert. Die größte Forschungsförderorganisation
und zentrale Selbstverwaltungseinrichtung für Wissenschaft in Deutschland
stellte am Donnerstag, dem 4. Juli 2013, auf ihrer Jahrespressekonferenz in
Berlin dazu ein Positionspapier vor. Dieses war vom Präsidium und Vorstand der
DFG erarbeitet und auf der DFG-Jahresversammlung vom 1. bis 3. Juli in Berlin
mit Vertreterinnen und Vertretern aus allen Bereichen der Wissenschaft sowie
den Geldgebern von Bund und Ländern intensiv diskutiert worden.
In dem Positionspapier unterstreicht
die DFG zunächst die besondere Bedeutung der Universitäten und fordert für
diese eine deutlich bessere finanzielle Grundausstattung. „Die Universitäten
sind das Herzstück des Wissenschaftssystems und werden es auch in Zukunft
bleiben. Für die Leistungsfähigkeit und die Entwicklungsmöglichkeiten von
Wissenschaft und Forschung insgesamt ist es daher unabdingbar, dass die
Universitäten eine solide, ihren Aufgaben und ihrer Bedeutung angemessene
Grundfinanzierung erhalten“, betonte DFG-Präsident Professor Peter
Strohschneider bei der Vorstellung des Positionspapiers in Berlin. „Hier sind
wir in Deutschland jedoch in eine riskante Schieflage geraten. Während die
außeruniversitäre Forschung verlässlich, stabil und auskömmlich finanziert ist,
stagnieren die von den Ländern getragenen Grundhaushalte der Universitäten oder
sinken gar. Dies ist eine systematische Fehlentwicklung, die es dringend zu
korrigieren gilt.“
Die „Erosion der Grundfinanzierung der
Universitäten“ hat inzwischen auch Auswirkungen auf die Rolle der DFG und ihre
Förderarbeit. „Die DFG wird ungewollt immer mehr zum Grundfinanzier
universitärer Forschung, ihre Drittmittel werden zunehmend zu einer Art von
sekundärer Währung im Wissenschaftssystem. Das führt dazu, dass wir über immer
mehr und teurere Förderanträge entscheiden müssen und trotz kontinuierlicher
Etatsteigerungen proportional weniger Anträge bewilligen können“, so
Strohschneider.
Alleine im vergangenen Jahr, so
Strohschneider weiter unter Bezug auf den „Jahresbericht 2012“ der DFG – der
ebenfalls auf der Jahrespressekonferenz vorgestellt wurde –, förderte die DFG
mit einem Etat von gut 2,52 Milliarden Euro in all ihren Programmen mehr als
30 900 wissenschaftliche Vorhaben. Davon waren rund 15 000 Projekte
in der Einzelförderung angesiedelt, für die insgesamt rund 922 Millionen Euro
Fördermittel bewilligt wurden. Bei den Koordinierten Programmen wurden in 254
Sonderforschungsbereichen rund 4700 Projekte durchgeführt; das
Bewilligungsvolumen lag hier bei rund 551 Millionen Euro. Zudem wurden 233
Graduiertenkollegs mit über 2900 Projekten (Bewilligungssumme: rund 153
Millionen Euro), 111 Schwerpunktprogramme mit über 3400 Projekten (rund 203
Millionen Euro) und 254 Forschergruppen mit über 2500 Projekten (rund 182
Millionen Euro) gefördert. Bei den sieben DFG-Forschungszentren betrug das
Bewilligungsvolumen 2012 mehr als 41 Millionen Euro. In der Exzellenzinitiative
des Bundes und der Länder wurden rund 404 Millionen Euro bereitgestellt.
Nach Wissenschaftsbereichen verteilte
sich die Bewilligungssumme zu knapp 39 Prozent auf die Lebenswissenschaften, zu
rund 24 Prozent auf die Naturwissenschaften, zu etwa 22 Prozent auf die
Ingenieurwissenschaften und zu rund 16 Prozent auf die Geistes- und
Sozialwissenschaften.
Der zunehmende „Antragsdruck“ zeigt
sich dabei vor allem in der Einzelförderung, die mit mehr als einem Drittel der
bewilligten Fördermittel das Fundament der DFG-Forschungsförderung darstellt.
Hier ist die Zahl der entschiedenen Förderanträge seit 2009 von gut 10 000
auf mehr als 12 200 im Jahr 2012 angestiegen. Deutlich erhöht haben sich
auch die darin beantragten Fördersummen: 2008 wurden 2,3 Milliarden Euro neu
beantragt, 2012 bereits 3 Milliarden Euro. Die Förderquoten sind hingegen gesunken:
2009 wurden 47 Prozent aller Neuanträge bewilligt, 2012 gut 32 Prozent. „Dabei
geraten wir zunehmend in die Lage, auch wissenschaftlich ausgezeichnete
Projekte nicht finanzieren zu können“, erläuterte Strohschneider.
Über die Verbesserung der
Grundfinanzierung der Hochschulen hinaus hält die DFG auch künftig ein
ausgewogenes Verhältnis zwischen den verschiedenen Formen der Forschung sowie
den Forschungseinrichtungen und -organisationen für unabdingbar. Dies gilt
sowohl für das Verhältnis von universitärer und außeruniversitärer Forschung
als auch für das von Einzelforschung und Forschungsverbünden und nicht zuletzt
für die Komplementarität von erkenntnisgeleiteter Grundlagenforschung und
programmorientierter Forschung. Für die erkenntnisgeleitete Grundlagenforschung
stehen aus Sicht der DFG vor allem die Universitäten, die
Max-Planck-Gesellschaft und die DFG selbst, programmorientierte Forschung steht
vor allem bei der Helmholtz-Gemeinschaft und in der Förderung des
Bundesministeriums für Bildung und Forschung im Vordergrund. Auch an der
systematischen Unterscheidung von Forschung und Forschungsförderung und damit
an der Trennung von Forschungsorganisationen und Förderorganisationen solle
festgehalten werden.
Ihre eigene Rolle und zentrale Aufgabe
im Wissenschaftssystem sieht die DFG in der Förderung der erkenntnisgeleiteten
wissenschaftlichen Grundlagenforschung an den Universitäten – „auf allen
Wissenschaftsgebieten, in allen Phasen des Forschungsprozesses, in allen Größen
und Strukturen und in Kooperation mit allen anderen Forschungseinrichtungen“,
so Strohschneider. „Auf diese Weise bildet die DFG eine große integrative Kraft
im deutschen Wissenschaftssystem.“ Dabei fördere sie die Forschung und deren
Entwicklungsprozesse im response mode – und zwar in doppelter Weise
sowohl durch direkte Förderung auf Förderanträge hin als auch durch eigene
strategische Initiativen zur Unterstützung bestimmter Forschungsfelder, etwa
durch die Einrichtung von Schwerpunktprogrammen oder Forschungszentren.
„Entscheidend ist: In beiden Formen
geht der inhaltliche Anstoß stets von der Wissenschaft selbst aus, und die
Förderentscheidung fällt alleine nach wissenschaftlichen Qualitätskriterien.
Eine Förderung von Forschungsthemen nach politischen oder anderen
Relevanzannahmen und anderen Qualitätskriterien kommt für uns auch künftig
nicht in Betracht“, betonte der DFG-Präsident.
Überdies macht die DFG in ihrem
Positionspapier auch Vorschläge zur Fortführung der Förderlinien der
Exzellenzinitiative nach dem Auslaufen des Wettbewerbs 2017 und zur künftigen
Finanzierung des Wissenschaftssystems. Hinsichtlich der Exzellenzinitiative
sollten die bisherigen Mittel für die Graduiertenschulen und Exzellenzcluster
dauerhaft in das Programmportfolio und den Haushalt der DFG übergehen. So könne
das bisherige DFG-Förderprogramm für die Graduiertenkollegs ausgebaut,
weiterentwickelt und noch stärker forschungsorientiert ausgerichtet werden. Bei
den Exzellenzclustern, die auch künftig in den Universitäten verortet bleiben
müssten, sollten jedenfalls die seit 2012 neu geförderten Einrichtungen bei
entsprechender wissenschaftlicher Qualität auch über 2017 hinaus finanziert
werden können. Zu diesem Zweck sollten die Exzellenzcluster im
Programmportfolio der DFG mit den DFG-Forschungszentren zusammengeführt werden.
Sie könnten dort ein thematisch offenes Förderformat bilden, in dem bei
herausragender Forschungsqualität eine Förderung auch über zwölf Jahre hinaus
nicht ausgeschlossen ist und das zugleich für strategische Initiativen zur
Entwicklung bestimmter Forschungsfelder eingesetzt werden könnte.
„Auf diese Weise lassen sich die sehr
positiven, aber noch keineswegs abgeschlossenen Effekte der Exzellenzinitiative
verstetigen“, betonte DFG-Präsident Strohschneider auf der
Jahrespressekonferenz. „Zudem kann die DFG die Universitäten so noch effektiver
bei ihrer Profilbildung und Schwerpunktsetzung in der strukturierten
Graduiertenausbildung und bei der Bündelung wissenschaftlicher Expertise über
Fächergrenzen und Organisationsformen hinweg unterstützen.“
Im Hinblick auf die künftige
Wissenschaftsfinanzierung plädiert die DFG schließlich dafür, die durch die
drei großen Sonderprogramme des Bundes und der Länder – Exzellenzinitiative,
Hochschulpakt und Pakt für Forschung und Innovation – ausgelöste Entwicklungsdynamik
fortzusetzen und weiterzuentwickeln, allerdings in neuer Form. „Wir schlagen
statt dreier Pakte mit unterschiedlichen Zielsetzungen und Laufzeiten für die
Zukunft eine ‚Rahmenvereinbarung kooperative Wissenschaftsfinanzierung‘
zwischen Bund und Ländern vor. In ihr würden sich Finanzierungsströme und die
verschiedenen Wissenschaftsfunktionen sachlich wie zeitlich besser aufeinander
abstimmen lassen“, sagte Strohschneider. Dabei solle auch die bislang vom Bund
finanzierte Programmpauschale (20 Prozent zusätzlich für indirekte Kosten eines
DFG-Förderprojekts) in den regulären DFG-Förderhaushalt überführt, verstetigt
und nach Möglichkeit erhöht werden.
Weiterführende
Informationen
Medienkontakt:
Marco
Finetti, Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der DFG, Tel.
+49 228 885-2230, Marco.Finetti@dfg.de
Diese
Pressemitteilung zur Jahrespressekonferenz sowie die Pressemitteilungen zur
DFG-Jahresversammlung finden sich auch in einer elektronischen Pressemappe
unter: http://www.dfg.de/dfg_profil/reden_stellungnahmen/2013/130704_jahrespressekonferenz/index.html
Das
DFG-Positionspapier zur Zukunft des Wissenschaftssystems im Wortlaut findet
sich ebenfalls unter:
Der
„Jahresbericht 2012“ ist unter www.dfg.de/jahresbericht/
zugänglich. Dort findet sich auch der Berichtsteil „Programme und Projekte“ mit
einer Übersicht zu den bewilligten Fördermaßnahmen sowie zahlreichen weiteren
Informationen. Zusätzlich kann der Jahresbericht in gedruckter Form beim
Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der DFG bestellt werden.
Ansprechpartner: Michael Hönscheid, Tel. +49 228 885-2109, Michael.Hoenscheid@dfg.de