Sondenstart bei Sturm
Die Ozonsondierungen werden bei jedem Wetter durchgeführt
– auch wenn es an der Neumayer-Station stürmt. Auf diesem
Foto lässt Thomas Schmidt, Meteorologe des Überwinterungsteams
2012 die Ozonsonde bei sehr windigen Bedingungen steigen.
Foto: Stefan Christmann, Alfred-Wegener-Institut
Hochbegabungspresse
Bremerhaven, 12. Juni 2013. Die
Ozonschicht über der Antarktis erholt sich. Wie Ozon-Messungen von Meteorologen
des Alfred-Wegener-Institutes, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung
(AWI), belegen, sind die Ozonwerte innerhalb des Ozonlochs über der deutschen
Antarktis-Forschungsstation Neumayer-Station III im Jahr 2012 zum wiederholten
Male deutlich über den Rekordwerten aus dem Zeitraum 2000 bis 2009 geblieben.
Eine Entwicklung, die Hoffnung macht.
„Wir können zum ersten Mal davon
sprechen, dass unsere Daten eine Umkehr im Ozontrend abbilden. Die Ozonschicht
erholt sich“, sagt Dr. Gert König-Langlo vom Alfred-Wegener-Institut und Leiter
des Meteorologischen Observatoriums an der Neumayer-Station III.
Erstreckte sich das Ozonloch
beispielsweise nach dem antarktischen Winter des Jahres 2006 noch über eine
Rekordfläche von rund 27 Millionen Quadratkilometer, betrug seine Ausbreitung
im zurückliegenden Jahr nur noch rund 18 Millionen Quadratkilometer – eine
Fläche rund 50 Mal so groß wie die Bundesrepublik Deutschland. Über der
Neumayer-Station III verzeichneten die AWI-Forscher während der Ozonlochzeit
des Jahres 2012 einen mittleren Ozonpartialdruck von sechs Millipascal. Im
Negativrekordjahr 2006 hatte der vergleichbare Wert noch ein Millipascal
betragen. Das heißt, das Ozon in 15 Kilometern Höhe war damals nahezu
vollständig zerstört.
„Anzeichen für einen Heilungsprozess
gibt es schon seit drei, vier Jahren. Nachdem aber im Jahr 2002 auf Grundlage
hoher Messwerte voreilig das Ende des Ozonlochs vorhergesagt wurde, welches
dann nicht eintrat, wollten wir diesmal mit unseren Schlussfolgerungen etwas
zurückhaltender sein. Die Daten aus dem vergangenen Jahr aber haben uns nun
vollends überzeugt. Das Ozonloch schließt sich“, so Gert König-Langlo.
Seine Analyse fußt auf
Ballonmessungen, die deutsche Forscher seit 27 Jahren wöchentlich in der
Antarktis durchführen. Es handelt sich dabei um die längste Ozon-Messreihe
dieser Art an einer Forschungsstation unterhalb des Ozonlochs. „Kurz nach der
Entdeckung des Ozonlochs durch britische Wissenschaftler Anfang der Achtziger
Jahre, haben damals ostdeutsche Wissenschaftler an der
DDR-Antarktis-Forschungsstation ‚Georg Forster’ damit begonnen, die Ozonwerte
mit Ballonsonden zu messen. Nach der Wiedervereinigung hat das
Alfred-Wegener-Institut diese Daten übernommen. Die Messungen haben wir
ebenfalls fortgesetzt – zuerst an der alten Neumayer-Station II, seit dem Jahr
2009 an deren Nachfolgebau, der Neumayer-Station III“, erklärt Gert König
Langlo.
Bis heute lassen die Meteorologen
und Luftchemiker einmal pro Woche einen Heliumballon mit einer Ozonmesssonde
vom Dach der Station bis in eine Höhe von rund 35 Kilometer steigen. Die Sonde
funkt während ihres Aufstieges die Messwerte an die Station, wo sie erfasst,
ausgewertet und in globale Wissenschaftsnetzwerke wie zum Beispiel das Network
for the Detection of Atmospheric Composition Change (NDACC) eingespeist werden.
„Die Neumayer-Station III ist eine von nur sechs Forschungsstationen in der
Antarktis, an denen momentan Ozonwerte mit Radiosonden gemessen und somit auch
Höhenprofile des Ozongehaltes gewonnen werden. In der Hochsaison des
Ozonabbaus, also in den drei Monaten nach der Polarnacht, führen wir diese sehr
aufwändigen Messungen sogar dreimal pro Woche durch. Damit ist diese Messreihe
die mit Abstand interessanteste Datensammlung des Meteorologie-Observatoriums
an unserer Neumayer-Station III“, sagt Gert König-Langlo.
Als Ursache für die verbesserten
Ozonwerte kommt seiner Meinung nach nur das weltweite Verbot der
Fluorchlorkohlenwasserstoffe in Frage. Dieses war im September 1987 im
sogenannten „Montrealer Protokoll“ verabschiedet worden und am 1. Januar 1989
weltweit in Kraft getreten. „Es zahlt sich eben aus, dass wir seit Jahren auf
FCKW verzichten und unsere Atmosphäre nicht mehr als Mülleimer benutzen“, sagt
der Observatoriumsleiter mit einer gewissen Genugtuung in der Stimme. Er selbst
hatte sich vor fast zehn Jahren in einem Interview gewünscht, dass er noch vor
seinem Ruhestand „anstelle der stetig schlechten Nachrichten in Sachen Ozonloch
über der Antarktis, auch mal von dessen Heilung“ berichten könne. Dieser Wunsch
geht hiermit in Erfüllung.
Am kommenden Sonnabend, den 15. Juni
2013, berichtet Dr. Gert König-Langlo auf dem transdisziplinären Festival
„Odyssee Klima“ in Bremerhaven über seine Forschung und die Entwicklung der
Ozonschicht über der Antarktis. Sein Vortrag mit dem Titel „Wie flickt man ein
Ozonloch?“ beginnt um 19 Uhr in der Klima-Zelt-Stadt vor dem Stadttheater
Bremerhaven.
Glossar:
Ozonloch
Als Ozonloch wird eine starke
Ausdünnung der Ozonschicht bezeichnet. Diese wurde Anfang der Achtziger Jahre
erstmals von britischen Wissenschaftlern über der Antarktis beobachtet und ist
seitdem eine stetig wiederkehrende Erscheinung, die nach folgendem Muster
abläuft:
Im antarktischen Winter (Polarnacht,
Mai bis August) kühlt die Luft über der Antarktis wegen fehlender
Sonnenstrahlung stark ab. Dadurch bildet sich in der Stratosphäre ein extrem
starker Windwirbel um die Antarktis herum, der verhindert, dass ozonreiche Luft,
die über den niedrigen Breiten gebildet wird, herangeführt werden kann. Durch
die Abkühlung entstehen außerdem so genannte polare stratosphärische Wolken,
die im Frühling zusammen mit der wieder einsetzenden Sonnenstrahlung die
chemischen Reaktionen des Ozonabbaus in Gang setzen und verstärken.
Eine entscheidende Rolle spielen
dabei die vom Menschen in die Atmosphäre gebrachten
Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW). Deren Moleküle werden durch das
Sonnenlicht in chemisch aktive Halogene – vor allem Chlor und Brom – gespalten,
die dann wiederum das Ozon abbauen. Messdaten aus Jahren mit einem besonders
starken Ozonabbau zeigen, dass sich der Ozonanteil der Atmosphäre über der
deutschen Forschungsstation Neumayer in der Zeit von Mitte bis Ende August, also
innerhalb von etwa zwei Wochen, um circa 40 Prozent reduziert hatte. Innerhalb
der eigentlichen Ozonschicht in einer Höhe von 15 bis 17 Kilometern waren zur
selben Zeit die maximalen Ozonkonzentrationen sogar um 70 Prozent und mehr
gesunken.
Mehr Hintergrundinformationen zum
Thema Ozon finden Sie u.a. unter http://ozone.unep.org/new_site/en/faqs_eeap_1998.php#firstappear
und http://ozonewatch.gsfc.nasa.gov/
Hinweise für Redaktionen:
Druckbare Fotos von Ozonmessungen an
der Neumayer-Station III sowie Infografiken zur Entwicklung der Ozonschicht
über der Antarktis finden Sie in der Onlineausgabe dieser Pressemeldung unter: http://www.awi.de/de/aktuelles_und_presse/pressemitteilungen/
Auf Wunsch stellen wir Ihnen auch
Filmmaterial in HD-Qualität zur Verfügung.
Eine Infografik mit kurzer englischer
Erläuterung zur AWI-Ozon-Langzeitdatenreihe finden Sie unter: http://www.awi.de/en/infrastructure/stations/neumayer_station/observatories/meteorological_observatory/upper_air_soundings/ozone_soundings/ozone_timeseries/
Ihr wissenschaftlicher
Ansprechpartner am Alfred-Wegener-Institut ist Dr. Gert König-Langlo, Leiter
des Meteorologischen Observatoriums an der Neumayer-Station III (Tel: +49
(0)471- 48 31-18 06, E-Mail: gert.koenig-langlo@awi.de).
In der Abteilung Kommunikation und Medien steht Ihnen Sina Löschke (Tel:
0471-48 31-20 08, E-Mail: medien@awi.de) für
Rückfragen zur Verfügung.
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