Dienstag, 26. Juli 2011

Der ‚Slumdog Millionaire‘-Effekt: Indische Callcenter fördern die Anmeldungen an örtlichen Schulen

Ein Nachweis positiver Auswirkungen der Globalisierung auf Bildung und Karrieremöglichkeiten in Entwicklungsländern

Hochbegabungspresse Juli 2011. Die von Emily Oster, Wirtschaftsprofessorin an der Chicago Booth School of Business, und Bryce Millet, Harvard University, in Indien durchgeführte Studie über den Zusammenhang von Schulanmeldungen und der Existenz von Callcentern zeigt, dass Callcenter, die typischerweise durch das Outsourcing westlicher Firmen entstehen, einen positiven Einfluss auf die Anzahl der Anmeldungen an örtlichen Schulen haben.

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Eröffnung eines neuen Call Centers einen Anstieg von 4% bis 7% der Einschulungen sowie einen Anstieg von etwa 15% der Anmeldungen an englischsprachigen Schulen verursacht.

Die Untersuchung

Der Studienreport „Do Call Centers Promote School Enrolement? Evidence from India” („Fördern Call Center Schulanmeldungen? Nachweis aus Indien”) bedient sich der Daten der indischen Regierung (DISE) über die Anmeldungen an rund 239.000 Schulen zwischen 2001 und 2008 in den drei indischen Bundesstaaten Karnataka, Andhra Pradesh und Tamil Nadu. Diese Daten setzen die Wissenschaftler in Verbindung mit dem Ort und dem Eröffnungsdatum von 401 Callcentern.

Die Autoren finden heraus, dass sich die positiven Effekte hinsichtlich der Einschulungen auf die direkt umliegenden Bezirke der Callcenter konzentrieren. Sie betonen, dass der Anstieg der Schulanmeldungen direkt durch die Eröffnung von Callcentern verursacht wird und nicht etwa lediglich durch Veränderungen in Bevölkerungsdichte oder Einkommensverhältnissen infolge der Ansiedlung der Center.

Großer Effekt, kleine geografische Reichweite

„Wir haben in unseren Untersuchungen die Auswirkungen dieser Arbeitsplätze auf Anmeldungen an örtlichen Schulen in Bezirken, die an große IT-Center grenzen, ausgewertet“, erklärt Emily Oster. „Und wir können zeigen, dass sich der positive Effekt, den die Existenz eines Callcenters auf die Einschreibezahlen an englischsprachigen Schulen hat, auf wenige Kilometer lokalisieren lässt. Dies entspricht der Ausgangsthese, dass der zunehmende Wunsch nach schulischer Bildung im direkten Zusammenhang mit der Ansiedlung von Callcentern steht und nicht aus veränderten Bevölkerungs- oder Einkommenszahlen resultiert.

Die Aussicht, bei guter Bezahlung eine sichere Arbeitsstelle antreten zu können, stellt dank des Callcenter-Booms für viele Inder ein erreichbares Ziel dar, auf das sie hinarbeiten, für das sie sich qualifizieren möchten. Und doch ist das Wissen der Bevölkerung über diese Center stark lokal begrenzt.

Bryce Millet erklärt: „Durch die Eingrenzung der Umfragen auf Menschen, die nicht weiter als einen Kilometer von einem Callcenter entfernt leben, haben wir herausgefunden, dass Menschen, die näher an einem Center wohnen, häufiger von einem Center im lokalen Bezirk wissen. Und außerdem können sie die Qualifikationen, die für einen solchen Arbeitsplatz erforderlich sind, genauer identifizieren.“

„Unseren Ergebnissen zufolge besteht ein kausaler Zusammenhang zwischen Callcentern und Schulanmeldungen und wir konnten zeigen, dass die Eröffnung eines Callcenters mit 80 Mitarbeitern die Schulanmeldungen im Bezirk mit derselben lokalen Postleitzahl um 280 Kinder erhöht“, erörtert Bryce Millett.

Globalisierung schafft anspruchsvolle Arbeitsplätze

Die Anzahl der Mitarbeiter in Unternehmen, die in Indien mit ausgegliederten Dienstleistungsarbeiten betraut sind, ist von ungefähr 50.000 im Jahr 1991 auf über 2 Millionen in 2010 angestiegen (Quelle: NASSCOM, 2010). Die Arbeitsplätze fordern einen hohen Bildungsstandard, sehr gute Englischkenntnisse und sind nach indischen Maßstäben gut bezahlt.

Ein Bewusstwerden des Ausmaßes und der Tragweite dieses Umbruchs für die indische Bevölkerung ist wichtig, um die Folgen der Globalisierung besser einschätzen zu können.

„Die Globalisierung hat die Arbeitslage in einem Großteil der Entwicklungsländer verändert. In Indien hat das Outsourcing eine neue Klasse von hochqualifizierten Arbeitsplätzen geschaffen, die den Zugang zu schulischer Bildung erhöht haben“, erklärt Oster, „und obwohl sich unser Studienbericht auf Indien konzentriert, können die Ergebnisse auch für andere Länder bedeutsam sein. Die Ergebnisse lassen sich im weitesten Sinne so interpretieren, dass sich ein unzureichendes Wissen um Beschäftigungsmöglichkeiten negativ auf die Zahl der Schulanmeldungen in Entwicklungsländern auswirkt.“

Den vollständigen Forschungsbericht senden wir Ihnen gerne zu.

Pressekontakt:

Dirk Hermanns - Noir sur Blanc - Tel.: +33 (0)1 41 43 72 76


University of Chicago Booth School of Business

Die Booth School of Business der Universität Chicago ist weltweit eine der führenden Business-Schulen. Zahlreiche bekannte Persönlichkeiten, deren Abgänger in den USA und weltweit Schlüsselpositionen bekleiden, besuchten diese Fakultät. Der Ansatz der Management Education School unterscheidet sich von den üblichen Unterrichtsarten durch die äußerst effiziente Wissensvermittlung, die Strenge und ihre praktische Herangehensweise im Umgang mit Herausforderungen des Wirtschaftslebens.

Die Fakultät bietet MBA-Programme als Ganz- und Teilzeitstudium, ein PhD-Programm und offene Einschreibungsmöglichkeiten für Weiterbildung von Führungskräften sowie maßgeschneiderte Programme für Unternehmensführung. Die Fakultät verfügt über Hochschulanlagen in London, Chicago und Singapur. Zurzeit sind 1.100 MBA Ganztags- und 1.900 MBA Teilzeitstudenten eingeschrieben. 180 von ihnen studieren in London; 110 sind PhD-Studenten. Aus der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät gingen sechs ehemalige oder aktuelle Nobelpreisträger hervor. Zu den erfolgreichsten Absolventen gehören James A. Rasulo, Vorstandsvorsitzender und CEO, Walt Disney Company; Bart Brecht, ehemaliger CEO, Reckitt Benckiser plc; Brady Dougan, CEO, Credit Suisse sowie David Booth, Gründer und Präsident von Dimensional Fund Advisors. Für ihn wurde die Schule 2008 umbenannt. http://www.chicagogsb.edu