Hannes Höppner und Roman Weitschaft vom DLR-Institut für
Robotik und Mechatronik präsentieren den Airbag.
Quelle: DLR
(CC-BY 3.0)
CO2-neutrale Brennstoffe sind ein wichtiger nächster
Schritt auf dem Weg zu einer klimafreundlichen Energieversorgung. Auf der
Hannover Messe vom 24. bis 28. April 2017 stellen Energieforscher des Deutschen
Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) vor, wie solche Energieträger in Zukunft
mit erneuerbaren Energien, insbesondere Sonnenenergie, hergestellt und genutzt
werden können. Mit dem Brennstoffzellenflugzeug HY4 und einer Klimaanlage für
Elektrofahrzeuge zeigt das DLR ganz konkrete Beispiele, wie mehr Nachhaltigkeit
auch in der Mobilität gelingt. Das DLR stellt zudem eine moderne Gasturbine mit
geringen Schadstoffemissionen für eine dezentrale Energieversorgung vor. Aus
dem Bereich der Robotik präsentiert das DLR einen Airbag für die sichere
Interaktion zwischen Mensch und Maschine.
Energie weiter denken
"Für eine klimafreundliche Energieversorgung
brauchen wir über den Stromsektor hinaus auch Lösungen für den Verkehrs- und
Wärmesektor", sagt Prof. Karsten Lemmer, DLR-Vorstand für Energie und
Verkehr. "Mit unserer Forschung an alternativen Antrieben, erneuerbaren
Brennstoffen und nachhaltigen Speichermöglichkeiten gestalten wir neue Lösungen
für ein effizientes Energiesystem. Mittelfristig können wir so auch den
Verkehrssektor, der in Deutschland knapp 20 Prozent der CO2-Emissionen
verursacht, nachhaltiger gestalten. Projekte wie das Brennstoffzellenflugzeug
HY4 profitieren von der engen Verzahnung der Energie- und Verkehrsforschung im
DLR und der damit verbundenen hohen interdisziplinären Kompetenz." Das DLR
präsentiert einen Ausschnitt seiner Energieforschung auf der Hannover Messe
2017 in Halle 27, Stand G68 sowie am Hydrogen Fuel Cells-Gemeinschaftsstand,
D66 ebenfalls in Halle 27. Aus dem Bereich der Robotik und Automation stellt
das DLR in Halle 17, am Stand G04 der KUKA AG einen Roboterarm mit Airbag vor.
Die größte künstliche Sonne der Welt
In der Synlight-Forschungsanlage am DLR-Standort Jülich
sind 149 Strahler mit der Lichtleistung eines Großkino-Projektors verbaut, sie
ist damit die größte künstliche Sonne der Welt. Zusammen erzeugen die Strahler
ein Licht, das dem von fast 100.000 60-Watt-Glühlampen entspricht und sich auf
das 10.000-fache des Sonnenlichts verdichten lässt. Mit der künstlichen Sonne
können Forscher von den Wetterbedingungen unabhängig unter reproduzierbaren
Bedingungen experimentieren und so die Entwicklung von solaren Treibstoffen und
Bauteilen von Solarkraftwerken vorantreiben. Möglich sind auch Alterungstests
mit UV-Licht oder Anwendungen für extrem hohe Temperaturen. Ingenieure des
DLR-Instituts für Solarforschung haben die im März 2017 eingeweihte Anlage
konzipiert und begleiten Kooperationspartner bei der Durchführung der
Experimente. Das DLR zeigt auf der Messe einen der im Durchmesser ein Meter
großen Strahler sowie einen Virtual Reality-Rundgang durch die 15 Meter hohe
Synlight-Anlage.
Wasserstoff aus Wasser und Sonnenlicht
Wasserstoff ist keine Primärenergie, der Energieträger
muss erst mithilfe anderer Energiequellen hergestellt werden. Dann allerdings
enthält Wasserstoff, bezogen auf seine Masse, mehr Energie als jeder andere
chemische Brennstoff, bei seiner Verbrennung entstehen lediglich Wasser und
Wärme. Sonnenenergie wiederum ist die mit Abstand am meisten verfügbare
Energieressource auf der Erde. Im Projekt HYDROSOL_PLANT arbeiten Forscher des
DLR-Instituts für Solarforschung an der Weiterentwicklung eines
Herstellungs-verfahrens, mit dem sie Wasserstoff direkt aus Wasser mithilfe von
Sonnenlicht erzeugen. Mit einem solarchemischen Reaktor wird die Wärmeenergie der
Sonne über eine Redox-Reaktion direkt zur Wasserstofferzeugung genutzt. 2017
erproben die Forscher dafür einen 750 Kilowatt Reaktor auf der Plataforma Solar
de Almería des spanischen Forschungszentrums CIEMAT. Der Reaktor ist eine
Weiterentwicklung einer Anlage, mit der den Forschern die ther-mochemische
Wasserstoffherstellung bereits 2006 gelang. Diese Innovation ist mit dem
DESCARTES-Preis der Europäischen Kommission ausgezeichnet worden.
Innovative Klimaanlage für Elektrofahrzeuge
Für das "Next Generation Car" (NGC) des DLR
entwickeln die DLR-Institute für Technische Thermodynamik und Fahrzeugkonzepte
innovative Hilfsaggregate zur Klimatisierung von Elektrofahrzeugen. Bei
Brennstoffzellenfahrzeugen besteht dieses Aggregat aus zwei Reaktoren mit jeweils
der Größe einer kleinen Schuhschachtel, die mit Metallhydrid gefüllt sind. Die
Klimaanlage ist dabei ein sogenanntes offenes System, sie mogelt sich in die
bestehende Wasserstoffinfrastruktur des Brennstoffzellenantriebs hinein, ohne
selbst Wasserstoff zu verbrauchen. Um den Reaktionsprozess zu starten, wird der
bestehende Druckunterschied genutzt, der ohnehin vom Wasserstofftank mit seinen
mehreren hundert bar auf fünf bar für die Brennstoffzelle heruntergedrosselt
werden muss. Die Klimaanlage lässt sich als geschlossenes System auch auf
batteriebetriebene Elektroautos ausweiten, ohne dabei die Reichweite des
Fahrzeugs zu minimieren. Notwendig sind dazu zwei weitere Reaktoren, die quasi
als Wasserstofftanks fungieren. Eine Anlage für Elektrofahrzeuge im Bereich 2,5
Kilowatt wurde bereits entwickelt und aufgebaut und soll mit Industriepartnern
im Feldversuch getestet werden. Ein Prototyp am DLR-Stand zeigt die
Funktionsweise der Klimaanlage.
Gasturbine mit geringer Schadstoffemission
Moderne Gasturbinenbrennkammern müssen viele
Anforderungen erfüllen: Sie sollen unter unterschiedlichen Lastanforderungen
stets optimal arbeiten, vom Methangas bis zum Holzgas möglichst viele
unterschiedliche Brennstoffe verbrennen können und unter allen
Betriebsbedingungen möglichst wenig Schadstoffe ausstoßen. Das FLOX®-Konzept
wird all diesen Ansprüchen gerecht und stellt damit vor allem für dezentrale
Energieversorgungseinheiten, zum Beispiel ein Wohnkomplex, eine
vielversprechende Option dar. Das Exponat des DLR-Instituts für
Verbrennungstechnik zeigt zwei FLOX®-Brenner für den Einsatz in
Mikrogasturbinen. Der größere Brenner ist für einen Leistungsbereich von 100
Kilowatt elektrischer Leistung und den Einsatz von Holzgas konzipiert. Holzgas
entsteht bei der thermochemischen Vergasung holzartiger Biomasse und ist daher
besonders als Produktgas für den Betrieb dezentraler Blockheizkraftwerke
geeignet. Aufgrund seiner Zusammensetzung kann es nur schwer in klassischen
Verbrennungsmotoren umgesetzt werden. Der kleinere Brenner ist für einen
Leistungsbereich von drei Kilowatt elektrischer Leistung ausgelegt, ebenfalls
für den Einsatz von Biogasen mit geringem Heizwert. Die
Lufteintrittstemperaturen liegen bei diesem Brenner über 700 Grad Celsius. Im
Einsatz ist die Brennkammer bereits in einer Demonstrationsanlage in
Vaihingen/Enz, wo sie die anfallende Biomasse eines Landschaftspflegebetriebs
nutzt sowie zur Unterstützung der Fernwärmeproduktion in einem Leonberger
Heizkraftwerk in Kooperation mit EnBW und der Dürr Systems GmbH.
Fliegen mit der Brennstoffzelle
Die HY4 ist weltweit das erste viersitzige
Passagierflugzeug, das allein mit einem
Wasserstoffbrennstoffzellen-Batterie-System angetrieben wird. Der Erstflug der
Maschine mit einer Reichweite von bis zu 1500 Kilometern fand am 29. September
2016 statt. Der Antriebsstrang der HY4 besteht aus einem Wasserstoffspeicher,
einer Niedertemperatur-Wasserstoffbrennstoffzelle sowie einer
Hochleistungsbatterie. Die Brennstoffzelle wandelt die Energie des Treibstoffs
Wasserstoff direkt in elektrische Energie um. Als einziges Abfallprodukt
entsteht dabei Wasser. Mit dem so gewonnenen Strom treibt der Elektromotor den
Propeller des Flugzeugs an. Die an Bord mitgeführte Lithium-Ionen-Batterie
liefert zusätzlichen Strom während der Startphase und bei Steigflügen. Das
Brennstoffzellenflugzeug wurde vom DLR-Institut für Technische Thermodynamik
mit den Partnern Hydrogenics, Pipistrel, H2FLY, der Universität Ulm und dem
Flughafen Stuttgart entwickelt und wird von der H2FLY betrieben. Am DLR-Stand
finden Sie ein 1:4 Modell des Flugzeugs sowie Informationen zur Funktionsweise
des Antriebsstrangs.
Elektrolyse für eine Wasserstoffrakete
Neben der direkten Herstellung von Wasserstoff aus
Sonnenlicht wird der Energieträger derzeit in der Regel durch Elektrolyse, das
heißt der Zerlegung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff mit Hilfe von
elektrischem Strom, erzeugt. Wasserstoff, in großen Mengen hergestellt aus
überschüssigem Windstrom, gilt auch als ein möglicher speicherbarer
Energieträger der Zukunft. Verfahren für die Speicherung werden beim DLR unter
anderem im Projekt H2ORIZON in Lampoldshausen demonstriert und optimiert. Die
Herstellung von Wasserstoff durch Elektrolyse zeigt das DLR auf der Messe mit
dem Exponat "Wasserstoffrakete". Dabei erzeugen die Besucher den
Strom mit einer Handkurbel. Die elektrolytische Reaktion findet in einem mit
Wasser gefüllten Gefäß statt, in dem sich zwei Elektroden befinden, die mit
Gleichstrom betrieben werden. Sammelt sich unterhalb der Rakete genügend Gas
(Wasserstoff und Sauerstoff) an, wird es gezündet und reagiert wieder zu
Wasser. Dabei katapultiert die in der Knallgasreaktion freiwerdende Energie die
Rakete nach oben.
Forschung an Batterie, Brennstoffzelle und Elektrolyse
Am Hydrogen Fuel Cells-Gemeinschaftsstand (D66 ebenfalls
in Halle 27) zeigt das DLR-Institut für Technische Thermodynamik seine
Forschungsprojekte zu den Themen Batterie, Brennstoffzelle und Elektrolyse. Ein
Info-Terminal in Form einer Batterie präsentiert die Batterieaktivitäten des
DLR. Die Elektromobilität lässt sich nur realisieren, wenn die Batterien
effizienter, günstiger und ökonomischer werden. Schwerpunktmäßig werden in der
Batteriegruppe Lithium-Ionen-Batterien charakterisiert und neue
vielversprechende Batterietechnologien wie Lithium-Schwefel, Lithium-Luft,
Zink-Luft und Magnesium-Schwefel erforscht. Das Exponat zur
Brennstoffzellenforschung gibt einen Überblick zu Möglichkeiten der Speicherung
von Energie an Hand der Beispiele Hochtemperaturbrennstoffzelle (SOFC),
Hochtemperaturelektrolyse (SOEC), Power-to-X und Hybridkraftwerk
(SOFC/Gasturbine). Es werden Grundlagen und unterschiedliche Anwendungen mit
elektrischen Wirkungsgraden, auch im Vergleich zu konventioneller
Kraftwerkstechnik, dargestellt. Gezeigt werden auch Forschungsprojekte zur
PEM-Elektrolyse (polymer electrolyte membrane), einer vielversprechenden
Technologie zur Produktion von nachhaltigem Wasserstoff in einem zukünftigen
Energie- und Verkehrssystem. Die Forschungsarbeiten am DLR konzentrieren sich
auf die Entwicklung, Integration und Charakterisierung effizienter und
kostengünstiger Materialien beziehungsweise Komponenten wie beispielsweise
hocheffiziente Katalysatoren, kostengünstige Stromkollektoren und die
Substitution von Titan durch Korrosionsschutzschichten für Bipolarplatten aus
Edelstahl.
Robotik-Airbag für sichere Mensch-Maschine-Interaktion
Roboter und Mensch arbeiten vor allem in Produktionsprozessen
immer enger zusammen. Allerdings sind scharfkantige Roboterwerkzeuge und
Werkstücke bei dieser Zusammenarbeit nach wie vor eine Gefahr. Für die Lösung
des Problems haben Wissenschaftler des DLR-Instituts für Robotik und
Mechatronik einen Airbag entwickelt, der die enge Zusammenarbeit von Menschen
und Robotern ermöglicht, ohne die Funktion des Roboter-Gesamtsystems
einzuschränken. Ähnlich wie bei einem Airbag im Auto füllt sich das System mit
Druckluft und umschließt dabei Roboterwerkzeug und Werkstück vor jeder
Roboterbewegung. Steht der Arm still, gibt das System beide wieder frei.
Dadurch können die Taktzeiten in der Produktion verkürzt und die Produktivität
erhöht werden. Der robotische Airbag ist einer von fünf Finalisten des KUKA
Innovation Awards 2017 und wird am Stand G04 des Roboterherstellers in Halle 17
präsentiert. Der Gewinner des Awards wird von einer internationalen
Wissenschaftsjury ermittelt und am 27. April 2017 verkündet.
DLR-Technologiemarketing
Das DLR-Technologiemarketing bildet die Schnittstelle
zwischen Forschung und Industrie. Es ist zuständig für den
branchenübergreifenden Transfer von Technologien des DLR und Ansprechpartner
für innovationsfreudige Unternehmen jeglicher Größe. Gemeinsam mit
DLR-Instituten und unter frühestmöglicher Einbeziehung von Industriepartnern
macht das DLR-Technologiemarketing Forschungsergebnisse zu anwendungsfähigen
Technologien, untersucht Märkte und Trends, entwickelt Innovationsideen,
sichert Wettbewerbsvorteile durch Schutzrechte, schließt Vereinbarungen über
die Vermarktung von DLR-Technologien und unterstützt Spin-offs aus dem DLR.
Kontakte
Dorothee Bürkle
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Kommunikation, Teamleitung Media Relation
Tel.: +49 2203 601-3492
Fax: +49 2203 601-3249
Dipl.-Ing. Bernhard Milow
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Programmdirektion Energie
Tel.: +49 2203 601-3655
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