Hamburg,
19. Mai 2016 - Humanitäre Hilfe zeigt dann am meisten Wirkung, wenn die von
einer Katastrophe betroffenen Menschen von Anfang an aktiv in die
Hilfsmaßnahmen eingebunden werden und ein Mitspracherecht bekommen. Das hat
eine Befragung der Kinderhilfsorganisation Plan International Deutschland
ergeben. Zum anstehenden ersten Weltgipfel für Humanitäre Hilfe in Istanbul bat
Plan Binnenflüchtlinge und Opfer von Naturkatastrophen im Westen Kolumbiens um
ihre Einschätzung. Finanziert wurde die Befragung vom Auswärtigen Amt. Die
Interviewten wiesen unter anderem darauf hin, dass die Hilfeleistungen zu wenig
auf ihre Bedürfnisse abgestimmt sind. Plans Ergebnisbericht „Putting People at
the Centre“ zeigt, wie Nothilfe optimiert werden kann, wenn die betroffenen
Menschen aktiv beteiligt und Feedback- und Beschwerdemechanismen eingeführt
werden.
„Wir
müssen mehr auf die Betroffenen hören“, sagt Rüdiger Schöch, Referent für
Humanitäre Hilfe von Plan International Deutschland. „Humanitäre Hilfe muss die
Menschen aus ihrer Opfer- und Empfängerrolle holen und sie zu Akteuren machen.
Darum ist es so wichtig, die Betroffenen von Anfang an in alle Phasen der
Nothilfe einzubinden und ihnen ein Mitspracherecht zu geben. Auch den
Betroffenen gegenüber muss Rechenschaft abgelegt werden. Die 2014 von einer
breiten Koalition humanitärer Akteure geschaffenen „Core Humanitarian
Standards“ zur Optimierung der Nothilfe sind dabei ein wirksames Instrument.“
Die
Befragten in Kolumbien gaben an, dass Hilfeleistungen nur zum Teil mit ihnen
abgesprochen werden. Was ihnen fehle, sei Kontinuität. Hilfeleistungen würden
oft unberechenbar eingestellt, so dass das Gefühl aufkam, noch mehr „im Regen
zu stehen“. Außerdem wünschten die Befragten sich stärkere psycho-soziale
Unterstützung: „Wir haben Familienmitglieder verloren, aber niemand hilft uns,
damit umzugehen. Wie sollen wir weiterleben?“ bemerkte eine junge Mutter in
Tumaco. Besonders gefährdet sind nach Einschätzung der Befragten Jugendliche.
Durch jahrelange Flucht und Vertreibung konnten sie beispielsweise keine Schule
besuchen und sind heute chancenlos auf dem Arbeitsmarkt. Als wertvoll
beurteilten die Befragten hingegen Schulungen, vor allem zu Einkommen
schaffenden Maßnahmen, sowie Hilfe beim Aufbau von Netzwerken zur gegenseitigen
Unterstützung und zur Stärkung gegenüber humanitären und anderen Akteuren.
„Um
die Projekte und Prozesse so anzupassen, dass sie greifen und so effektiv wie
möglich sind“, so Rüdiger Schöch, „müssen Hilfsorganisationen intensiv auf die
Bedürfnisse der Betroffenen eingehen. Auch öffentliche Geber sollten in ihren
Anforderungen in dieser Hinsicht flexibler werden.“ Rüdiger Schöch wird an dem
humanitären Gipfel in Istanbul teilnehmen, wo der Ergebnisbericht der Befragung
vorgestellt wird.
Weltweit
sind 100 Millionen Menschen - meist unbeachtet von der Öffentlichkeit - auf
humanitäre Hilfe angewiesen. Auch die Situation in Kolumbien gehört zu den
„vergessenen Krisen“ der Welt. Aufgrund des Jahrzehnte anhaltenden
Bürgerkrieges zählt das lateinamerikanische Land rund fünf Millionen
Binnenvertriebene. Diese müssen sich aus Not oft an ungeschützten Orten
ansiedeln, beispielsweise an von Fluten oder Tsunamis bedrohten Küstenabschnitten
oder an von Erdrutschen bedrohten Hängen. Dadurch laufen sie Gefahr, zusätzlich
von Naturkatastrophen getroffen zu werden.
Die Befragung kann auf der Internetseite www.plan.de heruntergeladen werden unter: https://www.plan.de/-k-bf58849.
Für Interviewwünsche oder weitere
Hintergründe fragen Sie bitte:
· Sabine Marxen, Pressereferentin. Tel. 040 61140-278
·
Claudia Ulferts, Pressereferentin, Tel.
040 61140 267
· presse@plan.de und www.plan.de
Plan International Deutschland ist
mehrfach als transparente Spendenorganisation ausgezeichnet worden. Das
Kinderhilfswerk erreichte 2012 in diesem Bereich zweimal den ersten Platz: beim
Transparenzpreis von PwC und in einer Analyse des Wirtschaftsmagazins Capital.
Plan arbeitet als eines der ältesten unabhängigen Kinderhilfswerke in 51
Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas und finanziert über Patenschaften,
Einzelspenden, öffentliche Mittel sowie Firmenkooperationen nachhaltige
Selbsthilfeprojekte. Mit der Kampagne „Because I am a Girl“ macht sich Plan für
die Rechte von Mädchen stark und erreichte bei der UNO die Anerkennung des
Welt-Mädchentages am 11. Oktober. Plan International Deutschland trägt das
DZI-Spenden-Siegel und erhielt 2011 für sein Engagement den Walter-Scheel-Preis
des Bundesentwicklungsministeriums.