Start zum Roten
Planeten
Quelle: ESA/Stephane
Corvaja
Am 14. März 2016 um 10.31 Uhr Mitteleuropäischer Zeit
(MEZ) ist die ExoMars 2016-Mission der Europäischen Weltraumagentur ESA und der
russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos vom russischen Kosmodrom Baikonur zu
unserem Nachbarplaneten aufgebrochen. An Bord der Proton-Rakete sind der Trace
Gas Orbiter (TGO) und der Landedemonstrator Schiaparelli (Entry, descent and
landing Demonstrator Module EDM) untergebracht, die sich knapp elf Stunden nach
dem Start von der Rakete getrennt und Kurs in Richtung Mars eingeschlagen
haben. Um 22.29 Uhr wurde das erste Signal des Duos im Kontrollzentrum in
Darmstadt empfangen. "In enger Kooperation von Politik, Industrie und
Wissenschaft ist eine Mission entstanden, die die Suche nach Spuren von Leben
auf dem Mars ebenso fortführt, wie auch neue Technologien erprobt", betont
Prof. Pascale Ehrenfreund, Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für
Luft- und Raumfahrt (DLR). Im Jahr 2018 soll dann die Folgemission einen Rover
auf der Oberfläche des Roten Planeten absetzen. Das Raumfahrtmanagement im DLR
unterstützt die ExoMars 2016 und 2018-Missionen durch die Koordination der
deutschen Beiträge für die ESA. Zudem sind seitens des DLR das Institut für
Aerodynamik und Strömungstechnik, das Institut für Planetenforschung sowie im
Vorfeld das Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin an der ExoMars-2016-Mission
beteiligt.
Reise zum Roten Planeten
"Mit dem erfolgreichen Start der ExoMars-Mission
öffnet sich für die europäische Planetenforschung unter Führung der ESA ein
neues Kapitel. Nach Mars Express und erfolgreichen Beteiligungen an
internationalen Planetenmissionen sehen auch deutsche Wissenschaftler und
Ingenieure mit Spannung dem Flug der Sonde und der Ankunft am Roten Planeten
entgegen", freut sich Prof. Ehrenfreund. Nach dem Start, dem Ausbreiten
der Solarpanels und dem Ausklappen der Kommunikationsantenne fliegen TGO und
Schiaparelli gemeinsam rund sieben Monate durch den interplanetaren Raum in
Richtung Roter Planet. Drei Tage vor ihrem Eintreffen wird Schiaparelli von TGO
abgetrennt, bevor dieser dann in einen Orbit 400 Kilometer über der
Marsoberfläche einschwenken wird. "Schiaparelli wird zunächst im
Tiefschlaf weiterfliegen, bis er einige Stunden vor seinem Eintritt in die
Atmosphäre wieder aufgeweckt wird. Bei ihrem Eintritt wird die Landekapsel durch
die Reibung von circa 21.000 auf rund 1.650 Stundenkilometer abgebremst. Ihr
Hitzeschild schützt sie dabei vor dem Verglühen, denn beim Bremsvorgang
entstehen dort extreme Temperaturen", erklärt Oliver Angerer,
Gruppenleiter für Exploration beim DLR Raumfahrtmanagement. Ein Fallschirm
verlangsamt die Sonde weiter, bis er in einer Höhe von etwas mehr als einem
Kilometer abgestoßen wird. Für den letzten Geschwindigkeitsverlust sorgen
Bremstriebwerke. Zwei Meter über der Oberfläche werden diese dann abgeschaltet
und Schiaparelli wird die restliche Strecke fallen - ein Landetest für die
Folgemission ExoMars 2018.
Schiaparelli - Landesonde mit DLR-Sensoren und
Wetterstation
Denn auf dem Mars zu landen ist immer noch eine große
Herausforderung. Schiaparelli wird verschiedene Technologien untersuchen, die
dem Rover der ExoMars 2018-Mission zur sicheren Landung verhelfen sollen:
Materialien für den Hitzeschutz, einen Fallschirm, einen Radar-Höhenmesser
sowie ein Triebwerkssystem für die letzte Landephase. Während des Fluges durch
die Atmosphäre messen die vier COMARS+-Sensoren (COMbined Aerothermal and
Radiometer Sensor), die vom DLR-Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik
in Köln entwickelt wurden, kontinuierlich den Wärmefluss, die Gasstrahlung, den
Druck und die Oberflächentemperatur am hinteren Hitzeschutzschild. "Diese
wertvollen Flugdaten werden bei der Verbesserung zukünftiger Landekapseln und
Rekonstruktion der Atmosphärenparameter entlang der Flugbahn eine entscheidende
Rolle spielen", sagt Dr. Ali Gülhan, der zusammen mit seinen Kollegen die
gesammelten Daten in Köln auswertet. Nach seiner Landung ist Schiaparelli nur
wenige Tage auf der Oberfläche des Roten Planeten aktiv. In dieser Zeit werden
hauptsächlich die während des Landeanflugs gesammelten Daten übermittelt. Da
sich die Forscher allerdings auch für das Klima unseres Nachbarplaneten
interessieren, ist auf Schiaparelli eine "Wetterstation" installiert.
Das DREAMS-Paket (Dust Characterisation, Risk Assessment and Environment Analyser
on the Martian Surface) misst zum Beispiel Windgeschwindigkeit, Feuchtigkeit
und Druck auf der Oberfläche des Roten Planeten und liefert den
Wissenschaftlern einen "Mars-Wetterbericht", der bei der Planung
künftiger Missionen helfen kann.
Trace Gas Orbiter - Sonde auf der Suche nach Spurengasen
Während Schiaparelli auf der Marsoberfläche Daten
sammelt, umkreist der Trace Gas Orbiter den Roten Planeten, um die Atmosphäre
mit seinen vier Instrumenten in rund 400 Kilometern Höhe zu untersuchen. Dabei
ist für die Forscher vor allem Methan interessant. Dieses Spurengas kann durch
geologische oder aber durch biologische Prozesse entstehen und damit
möglicherweise Hinweise auf Leben geben. Geringe Mengen wurden bereits von der
europäischen Sonde Mars Express nachgewiesen. TGO soll nun die Quellen
aufspüren. Dafür wird das Nadir and Occultation for Mars Discovery
(NOMAD)-Instrument mit zwei Infrarot- und einem Ultraviolettspektrometer genau
die Bestandteile der Marsatmosphäre messen. Die Atmospheric Chemistry Suite
(ACS) vervollständigt mit drei weiteren Infrarotspektrometern das Messspektrum
von NOMAD, während der Fine Resolution Epithermal Neutron Detector (FREND) die
Wasserstoffvorkommen des Roten Planeten bis zu einem Meter Tiefe vermessen
wird. Das Colour and Stereo Surface Imaging System (CaSSIS) wird hochauflösende
Farb- und Stereoaufnahmen der Marsoberfläche liefern. Zudem wird CaSSIS
einzelne 3D-Stereoaufnahmen von lokal interessanten Gebieten - zum Beispiel in
potenziellen Quellregionen von Spurengasen - erstellen und somit NOMAD und ACS
unterstützen. "Wenn NOMAD erhöhte Spurengas-Konzentrationen findet, werden
wir mit CaSSIS die entsprechenden Oberflächen genau untersuchen, ob wir dort
Hinweise auf geologische Aktivität sehen. Wenn dort beispielsweise Anzeichen
für Vulkanismus zu erkennen sind, weist das auf eine geologische Bildung von
Methan hin", erklärt Ernst Hauber vom DLR-Institut für Planetenforschung.
Er ist Mitglied im internationalen Wissenschaftsteam und wird mit Berliner
Kollegen die CaSSIS-Daten und somit auch die geologischen Informationen
auswerten.
ExoMars 2018 - ein kurzer Ausblick
2018 soll die zweite ExoMars-Mission dann zum roten
Planeten aufbrechen. Diese wird einen Rover auf dem Mars absetzen und auch auf
der Landeplattform ein Instrumentenpaket mit sich tragen. Ein Teil der
wissenschaftlichen Nutzlast auf dem Rover ist die Panoramic Camera (PanCam).
Ein Teil dieses Systems ist eine hochauflösende Stereokamera, die vom
DLR-Institut für Planetenforschung entwickelt wurde. Außerdem wird der Rover
erstmals mit einem Bohrer Proben aus bis zu zwei Meter Tiefe nehmen. Da die
Marsoberfläche heute sehr lebensfeindlich ist, könnten Tiefenproben eher Spuren
von Leben enthalten.
Industriebeteiligung
Das Kernmodul der TGO-Raumsonde - also Struktur,
Antriebssystem, Thermalsystem und die zentralen Elemente des elektrischen
Kabelbaums - wurde von der Bremer Firma OHB Systems AG verantwortet. Airbus
Defence and Space hat unter anderem die Hitzeschilde und die Steuerdüsen von
Schiaparelli gebaut. TGO wurde im französischen Cannes bei der Firma Thales
Alenia Space integriert und durchlief dort eine harte Testkampagne, bevor die
Sonde von dort aus seine Reise über Baikonur zum Roten Planeten angetreten hat.
Kontakte
Andreas Schütz
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Tel.: +49 2203 601-2474
Fax: +49 2203 601-3249
Martin Fleischmann
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Raumfahrtmanagement, Kommunikation
Tel.: +49 228 447-120
Fax: +49 228 447-386
Dr. Oliver Angerer
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Raumfahrtmanagement, Bemannte Raumfahrt, ISS und Exploration
Tel.: +49 228 447-490
Fax: +49 228 447-737
Dr.-Ing. Ali Gülhan
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Institut
für Aerodynamik und Strömungstechnik, Über- und Hyperschalltechnologie
Tel.: +49 2203 601-2363
Fax: +49 2203 601-2085
Ernst Hauber
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Institut
für Planetenforschung
Tel.: +49 30 67055-325
Fax: +49 30 67055-402
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