Berlin - Anlässlich der Hinrichtung von 47 Menschen in
Saudi-Arabien fordert das Deutsche Institut für Menschenrechte eine
grundsätzliche Debatte über die deutsche Rüstungsexportpolitik.
"Bundesregierung und Bundestag müssen sich sicherheits- und
menschenrechtspolitische Aspekte von Rüstungsexporten erneut vornehmen. Die
Kriterien für die Genehmigung von Rüstungsexporten müssen offengelegt und präzisiert,
Abwägungsregeln verdeutlicht und Entscheidungsprozesse transparenter gemacht
werden. Bei der Klärung der Frage, wann Rüstungsexporte genehmigt werden,
müssen wissenschaftliche Untersuchungen zur Wirkung von Rüstungsexporten zurate
gezogen werden", mahnt Wolfgang S. Heinz, der Experte für
Sicherheitspolitik und Menschenrechtsschutz des Instituts.
Bislang ist der Entscheidungsprozess bei Rüstungsexporten
intransparent, parlamentarische Kontrollmöglichkeiten sind gering. Auch die
Anwendung der Kriterien, nach denen Genehmigungen erteilt werden, ist unklar.
Die Bundesregierung hat in ihren Grundsätzen zu Rüstungsexporten im Jahr 2000
der Achtung der Menschenrechte im Bestimmungs- und Endverbleibsland zwar ein
besonderes Gewicht beigemessen. Auch die Europäische Union einigte sich 2008 in
einem Gemeinsamen Standpunkt auf die Achtung der Menschenrechte und des
Humanitären Völkerrechts durch das Endbestimmungsland und die Verweigerung
eines Exports, wenn die Güter bewaffnete Konflikte auslösen, verlängern oder
bestehende Spannungen oder Konflikte verschärfen würden. Doch unklar ist,
welches Gewicht diese Kriterien bei konkreten Entscheidungen haben, wann die
Achtung der Menschenrechte und des Humanitären Völkerrechts den Export
verhindert, wann sicherheitspolitische Aspekte wie Förderung von Stabilität und
"Ertüchtigung" von Empfängerstaaten überwiegen.
Exporte von Rüstungsgütern nach Saudi-Arabien genügen den
selbst gestellten Ansprüchen der Bundesregierung und der Europäischen Union
nicht. Seit Jahren sind schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen in
Saudi-Arabien bekannt. Das Land beteiligte sich 2011 unter anderem an der
gewaltsamen Niederschlagung von Demonstrationen in Bahrain und führt seit
2015 eine kriegerische Auseinandersetzung mit dem Jemen.
Aus Saudi-Arabien werden zudem terroristische Gruppen in anderen Ländern
unterstützt.
Bei Entscheidungen für Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien
hat die Bundesregierung der Achtung der Menschenrechte bislang offensichtlich
nicht die gleiche Bedeutung beigemessen wie anderen Kriterien.
Laut Bericht der Bundesregierung über ihre Exportpolitik
wurden allein im ersten Halbjahr 2015 66 Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien im
Wert von
178,6 Millionen Euro genehmigt.
Pressekontakt:
Ute Sonnenberg
Telefon: 030 25 93 59 - 453