Tübinger
Geoökologen testen Effekte der Artenvielfalt in Grünlandmischungen auf den
Phosphorkreislauf im Boden
Pflanzen und in der Erde lebende
Mikroorganismen benötigen den Nährstoff Phosphor, um zu wachsen und zu
gedeihen. In vielen Böden ist das Element vorhanden, jedoch häufig in
organischen Verbindungen gebunden. Um an den lebenswichtigen Nährstoff zu
kommen, scheiden Organismen bestimmte Enzyme, sogenannte Phosphatasen, aus. Mit
ihnen lässt sich Phosphat, das Organismen aufnehmen und verstoffwechseln
können, aus organischen Verbindungen freisetzen. Bei diesem Prozess reagieren
die Organismen offenbar auf die Bedingungen in ihrer Umgebung: Wenn in einer
Grünlandmischung viele Pflanzenarten vorhanden sind, scheiden sie pro
verfügbarem Substrat mehr Enzyme aus als in Mischungen mit weniger
Pflanzenarten. Zu diesem Ergebnis kommen die Geoökologinnen Nina Hacker und
Professorin Yvonne Oelmann vom Fachbereich Geowissenschaften der Universität
Tübingen in Zusammenarbeit mit Kollegen aus den Niederlanden und der Schweiz.
Den auf den ersten Blick als „Verschwendung“ erscheinenden Mehraufwand führen
die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift Ecology Letters auf die
erhöhte Konkurrenz zurück.
Es ist schon länger bekannt, dass
die Artenvielfalt eine Vielzahl von Prozessen in Weiden- und Wiesenlandschaften
beeinflusst. So sind artenreiche Grünlandmischungen produktiver und auch
verantwortlich dafür, dass mehr Humus im Boden gebildet wird. Im vergrößerten
Wurzelraum siedeln sich wiederum mehr Mikroorganismen an, daraus resultiert
insgesamt ein höherer Nährstoffbedarf in Mischungen mit großer Artenvielfalt.
Im experimentellen
Grünlandökosystem konnten die Wissenschaftler zeigen, dass die Aktivität der
Phosphatasen im Boden tatsächlich mit wachsender Artenvielfalt ansteigt.
Allerdings war dieser Anstieg stärker ausgeprägt als der durch die
Produktivität erhöhte Phosphorbedarf und der erhöhte Anteil an organisch
gebundenem Phosphor im Boden erwarten ließen. „Der Kampf zwischen Organismen um
das knappe Phosphat kann dazu führen, dass dem Organismus, der in die
Phosphatfreisetzung durch die Produktion von Enzymen investiert hat, das
Phosphat quasi ‚vor der Nase‘ von einem anderen Organismus weggeschnappt wird“,
erläutert Oelmann. Um ihren Bedarf dennoch zu decken, müssen Organismen in
einer Umgebung mit hoher Konkurrenz – wie bei artenreichen Pflanzenmischungen –
dementsprechend mehr Enzyme ausscheiden.
Die Studie wurde im Rahmen des
Projektes „Das Jena Experiment“ durchgeführt, bei dem eine internationale
Gruppe von Wissenschaftlern verschiedener Fachrichtungen die Auswirkungen der
Artenvielfalt in einem Grünlandökosystem untersucht. Das von der DFG geförderte
Jena Experiment wurde im Jahr 2002 auf rund zehn Hektar Fläche mit
Versuchsquadraten funktioneller Pflanzengruppen, zum Beispiel Gräser, kleine
und große Kräuter sowie Hülsenfrüchtler, mit unterschiedlicher Artenvielfalt
und Zusammensetzung angelegt. Die lange Laufzeit des Experiments ermöglicht
einzigartige Einblicke in die komplexen Wechselwirkungen zwischen Pflanzen,
Boden und Tieren.
Weitere Informationen unter www.the-jena-experiment.de
Publikation: Hacker, N.,
Ebeling, A., Gessler, A., Gleixner, G., González Macé, O., Kroon, H., Lange,
M., Mommer, L., Eisenhauer, N., Ravenek, J., Scheu, S., Weigelt, A., Wagg C.,
Wilcke, W. & Oelmann, Y. (2015). Plant diversity shapes microbe‐rhizosphere effects on P mobilisation from
organic matter in soil. Ecology Letters, Vol. 18, Issue 12,
pp.1356-1365.
Kontakt:
Prof. Dr. Yvonne Oelmann und Nina
Hacker
Universität Tübingen
Geographisches Institut,
Geoökologie
Tel.: +49 7071 29-72398
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