Presseportal für Hochbegabung
Die
Nachwuchspreise 2015 der Leibniz-Gemeinschaft gehen an einen
Wirtschaftswissenschaftler aus Kiel und eine Hirnforscherin aus Magdeburg
Auf ihrer Jahrestagung in
Berlin hat die Leibniz-Gemeinschaft die herausragenden Doktorarbeiten des
Wirtschaftswissenschaftlers Tobias Stöhr aus Kiel und der Neurobiologin Judith
Mylius aus Magdeburg mit ihrem Nachwuchspreis ausgezeichnet. Die Arbeiten
beschäftigen sich mit sozialen und wirtschaftlichen Aspekten der
internationalen Arbeitsmigration und dem Ablauf verschiedener Prozesse im
Gehirn beim Hören.
Dr. Tobias Stöhr (29) vom
Institut für Weltwirtschaft in Kiel analysierte in seiner Dissertation „Social
and Economic Effects of Migration“ verschiedene soziale und ökonomische Effekte
internationaler Arbeitsmigration aus Sicht von Migranten und ihrer Familien.
Stöhrs Untersuchungen zu den
Auswirkungen von Arbeitsmigration erwachsener Kinder auf die zurückbleibenden,
älteren Familienmitglieder zeigten, dass es unter Geschwistern häufig einen
starken Spezialisierungseffekt gibt. Dieser führt dazu, dass einzelne
Geschwister ins Ausland gehen, um zu arbeiten, während die zurückbleibenden
Familienmitglieder deren Ausfall bei der Pflege der Eltern kompensieren. Tobias
Stöhr zeigte zudem, dass ein Weggang von Familienmitgliedern nicht ‑ wie oft
befürchtet ‑ negative Konsequenzen haben muss. Ein erhöhtes Einkommen durch
Geldüberweisungen der im Ausland arbeitenden Kinder kann die Ernährung der
Eltern im Herkunftsland verbessern. Weniger Aufwand für die
Selbstversorgungslandwirtschaft verschafft ihnen außerdem mehr Zeit für
Erholung und soziale Kontakte. Als dritten Aspekt wies Stöhr nach, dass die
Nutzung einer Fremdsprache für Migranten im Zielland zu höheren Einkommen
führt. Für Deutschland beruhten diese Lohneffekte aber meist in der Verwendung
der englischen Sprache und nur selten der Sprache des Herkunftslandes.
Alle drei Artikel der kumulativen
Dissertation sind inzwischen in angesehenen wissenschaftlichen
Fachzeitschriften erschienen. Ihre Ergebnisse hat Tobias Stöhr auf mehreren
Fachkonferenzen sowie in Ministerien und internationalen Organisationen
präsentiert.
Nach seiner Promotion arbeitet
Tobias Stöhr als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsbereich
Armutsminderung und Entwicklung des Instituts für Weltwirtschaft.
Publikationen:
Stöhr, T. (2015). Siblings’ interaction in
migration decisions: who provides for the elderly left behind? Journal of
Population Economics, 28(3), 593-629. DOI: 10.1007/s00148-015-0546-z.
Böhme, M., Persian, R., Stoehr, T. (2015).
Alone but Better Off? Adult Child Migration and Health of Elderly Parents in
Moldova. Journal of Health Economics, 39, 211-227. DOI:
10.1016/j.jhealeco.2014.09.001.
Stoehr, T. (2015). The Returns to Occupational Foreign
Language Use: Evidence from Germany. Labour Economics, 32, 86-98. DOI:
doi:10.1016/j.labeco.2015.01.004.
Dr. Judith Mylius (35) vom
Leibniz-Institut für Neurobiologie in Magdeburg hat in ihrer Doktorarbeit
„Phasic and tonic changes of neuronal activity in primate auditory cortex
induced by the dopaminergic ventral midbrain“ den Zusammenhang verschiedener
kognitiver Prozesse wie Hörverständnis, Motivation und Aufmerksamkeit im Gehirn
untersucht. Durch Verhaltensexperimente mit Langschwanz-Makaken zeigte sie,
dass der Botenstoff Dopamin das Hörzentrum in der Großhirnrinde
beeinflusst und ein motiviertes Individuum besser hört, da die Nervenzellen
durch das Dopamin Signale besser verarbeiten können. Mit der Beantwortung
dieser alten neurobiologischen Frage eröffnen sich neue Behandlungswege für
Menschen mit Lernstörungen aufgrund einer Degeneration des Dopamin-Systems mit
Tiefer Hirnstimulation. Durch die Verwendung nicht-menschlicher Primaten statt
Nagern als Tiermodell ist die Wahrscheinlichkeit deutlich höher, dass Mylius‘
Erkenntnisse besser und schneller auf den Menschen übertragen werden können.
Schließlich verfügen die Langschwanz-Makaken über eine dem Menschen sehr
ähnliche Hirnorganisation und kognitive sowie sensomotorische Leistungen. Es
gibt bereits konkrete Planungen, die Ergebnisse aus Judith Mylius‘ Dissertation
für die Entwicklung neuer Tiefer Hirnstimulationsprotokolle in der
Stereotaktischen Neurochirurgie in Magdeburg zu verwenden.
Judith Mylius setzt ihre
Forschung auch nach Abschluss des Promotionsverfahrens am Leibniz-Institut für
Neurobiologie fort.
Publikationen:
Mylius, J. et al. (2013). Subcortical auditory
structures in the mongolian gerbil: I. Golgi architecture. Journal of
Comparative Neurology vol. 521, iss. 6, pp. 1289–1321. DOI: 10.1002/cne.23232
Mylius, J. et al. (2015). Fast transmission
from the dopaminergic ventral midbrain to the sensory cortex of awake primates.
Brain Structure and Function. November 2015, vol. 220, iss. 6, pp 3273-3294.
DOI: 10.1007/s00429-014-0855-0.
Huang, Y, Mylius, J. et al. (2014) Tonic
effects of the dopaminergic ventral midbrain on the auditory cortex of awake
macaque monkeys. Brain Structure and Function, advance online
publication. DOI: 10.1007/s00429-014-0950-2.
Pressefotos der Preisträger
stehen online zur Verfügung unter:
Der Nachwuchspreis der
Leibniz-Gemeinschaft wird jährlich für die besten Doktorarbeiten aus
Leibniz-Instituten in den Kategorien „Geistes- und Sozialwissenschaften“ und
„Natur- und Technikwissenschaften“ vergeben. Er ist mit jeweils 3.000 Euro
dotiert und wird in diesem Jahr erneut von der Deutschen Kreditbank AG (DKB)
gestiftet. Die Auswahl der Preisträger trifft eine zwölfköpfige Jury aus
Personen des öffentlichen Lebens und leitenden Wissenschaftlern unter der
Leitung von Leibniz-Präsident Matthias Kleiner aus den Vorschlägen der
wissenschaftlichen Sektionen der Leibniz-Gemeinschaft.
Pressekontakt für die
Leibniz-Gemeinschaft
Dr. Christine
Burtscheidt
Tel.: 030 / 20 60 49 – 42
Mobil: 0160 / 800 99 46
Christoph
Herbort-von Loeper M.A.
Tel.: 030 /
20 60 49 – 48
Mobil: 0174 /
310 81 74
Die Leibniz-Gemeinschaft
Die Leibniz-Gemeinschaft
verbindet 89 selbständige Forschungseinrichtungen. Ihre Ausrichtung reicht von
den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum-
und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute
widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen. Sie
betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Grundlagenforschung,
unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte
Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im
Wissenstransfer. Sie berät und informiert Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und
Öffentlichkeit. Leibniz-Institute pflegen enge Kooperationen mit den
Hochschulen ‑ u.a. in Form der Leibniz-WissenschaftsCampi, mit der Industrie
und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem transparenten
und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen
Bedeutung fördern Bund und Länder die 89 Institute der Leibniz-Gemeinschaft
gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 18.100 Personen, darunter
9.200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute
liegt bei 1,64 Milliarden Euro.