Dieses Modell zeigt die Höhenprofile des Laser-Altimeters
auf der
MESSENGER-Raumsonde über der nördlichen Hemisphäre
des Merkur (rote
Farben zeigen Höhen, blaue Gebiete liegen tief).
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Neun Sekunden sind nicht viel. Wer zu einer Verabredung
etwa neun Sekunden zu spät kommt, ist sozusagen pünktlich. Geht es aber um die
Rotation eines Planeten um die eigene Achse, sind neun Sekunden nicht
unerheblich. Auf dem Merkur bedeutet dies: Einen Punkt auf seinem Äquator würde
man nach vier Jahren nicht wieder dort finden, wo man ihn vermutet, sondern um
700 Meter verschoben. Durch präzise Höhenmessungen des Laser-Altimeters MLA an
Bord der NASA-Raumsonde MESSENGER und Vergleich der Laserdaten mit
Geländemodellen, die aus den Kameradaten der Raumsonde gewonnen wurden, haben
Wissenschaftler unter Leitung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt
(DLR) festgestellt, dass sich der Merkur im Durchschnitt etwa neun Sekunden
schneller um die eigene Achse dreht als erwartet.
"Vor der MESSENGER-Mission hatten wir nur
unzureichende Informationen über Merkur von den drei Vorbeiflügen der
Mariner-10-Sonde und Messungen von der Erde aus", erläutert Alexander
Stark vom DLR-Institut für Planetenforschung. Durch die genaue Vermessung der
Rotation können Rückschlüsse über den inneren Aufbau und damit über die
Entwicklung des Merkurs gezogen werden. So wurde die Stärke der regelmäßigen
Schwankung der Rotationsgeschwindigkeit um den durchschnittlichen Wert
ebenfalls vermessen und "die Messungen bestätigen, dass Merkur einen
großen teilweise geschmolzenen Kern besitzt, der mehr als die Hälfte des
Volumens und über 70 Prozent der Masse des Planeten ausmacht" sagt Prof.
Jürgen Oberst ebenfalls vom DLR-Institut für Planetenforschung.
Erstmals Messungen aus einem Orbit
Die Mission MESSENGER (MErcury Surface, Space
ENvironment, GEochemistry and Ranging) erreichte am 18. März 2011 ihr Ziel und
umkreiste - bis zum Missionsende am 30. April 2015 - 3308 Mal den Merkur.
"Mit MESSENGER waren wir direkt vor Ort", sagt DLR-Planetenforscher
Alexander Stark, der die Rotationsbewegung des Merkur gemeinsam mit Frank
Preusker und Prof. Jürgen Oberst vom DLR sowie einem Team amerikanischer
Partner untersuchte. Das Ergebnis wurde nun in den "Geophysical Research
Letters" der American Geophysical Union (AGU) veröffentlicht.
Merkur nimmt unter den Planeten eine Sonderstellung ein:
Als erster Planet umkreist er die Sonne in einer Entfernung von nur etwa 60
Millionen Kilometern. Aufgrund seiner Nähe zum Zentralgestirn ist er starken
Gezeitenkräften ausgesetzt. Seine etwa 59-tägige Rotation ist gekoppelt an die
88 Tage dauernde Umlaufzeit um die Sonne. Er rotiert somit exakt dreimal um
seine Achse, in der gleichen Zeit, in der er zweimal um die Sonne kreist - das
Verhältnis zwischen einem Umlauf um die Sonne und der Rotationdauer um die
eigene Achse beträgt also 3:2, was es so im Sonnensystem kein zweites Mal gibt.
Planet mit Torkel-Bewegung
"Eine mögliche Erklärung für die schnellere Rotation
Merkurs ist, dass Jupiter die Bahn von Merkur stört", sagt
DLR-Wissenschaftler Alexander Stark. "Dadurch ändert sich der Abstand der
Sonne und als Folge auch die Rotationsgeschwindigkeit des Merkur." Diese
kleine Änderung war mit den bisherigen Messverfahren nicht messbar. Aus der
periodischen Torkel-Bewegung Merkurs auf seiner Bahn kann man zudem - wie bei
einem rohen und einem gekochten Ei, das man auf einer Tischplatte kreiseln
lässt - auf die innere Beschaffenheit des Körpers, insbesondere auf die Anteile
von festen und flüssigen Stoffen, schließen. Bei Merkur lässt sich so sogar
unter Zuhilfenahme des Gravitationsfeldes die Größe und Dichte des Kerns
bestimmen.
Wissen für die nächste Merkur-Mission
"Mit der Vermessung der Rotationsgeschwindigkeit und
den dadurch möglichen Rückschlüssen auf das Innere von Merkur haben wir eines
der großen Missionsziele von MESSENGER erreicht", sagt
DLR-Planetenforscher Alexander Stark. Ein korrektes Rotationsmodell für den
Planeten ist Grundlage für die Erstellung von präzisen Karten, die auch für die
Planung zukünftiger Missionen zum Merkur wichtig sind. Die Raumsonde Bepi
Colombo der europäischen Weltraumorganisation ESA, die 2017 zum Merkur starten
soll, wird die Oberfläche und den inneren Aufbau des sonnennächsten Planeten
weiter erforschen. Auch das DLR wird dann wieder beim Flug zum Merkur dabei
sein: Zu den elf wissenschaftlichen Instrumenten an Bord der Sonde gehören auch
das Laser-Altimeter BELA sowie das Spektrometer MERTIS, beides Instrumente, die
das DLR mit Partnern beisteuert.
Kontakte
Manuela Braun
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Kommunikation, Redaktion Raumfahrt
Tel.: +49 2203 601-3882
Fax: +49 2203 601-3249
Alexander Stark
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Institut
für Planetenforschung
Tel.: +49 30 67055-696
Prof. Jürgen Oberst
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Institut
für Planetenforschung, Planetengeodäsie
Tel.: +49 30 67055-336
Fax: +49 30 67055-402