Wie gefährliche Darmbakterien heil durch den
sauren Magen kommen
Presseportal für Hochbegabung In
Entwicklungsländern erkranken zahlreiche Kleinkinder an schwerem Durchfall,
viele sterben daran. Dahinter stecken häufig krankheitserregende Stämme des
Darmbakteriums Escherichia coli (enteropathogene Escherichia coli
– EPEC) und Bakterien der Gattung Yersinia. Diese Bakterien entfalten
ihre Wirkung, indem sie sich an Zellen des Dünndarms anheften und über eine Art
Nadelapparat Gifte in den Darm injizieren. Menschen nehmen die Bakterien häufig
über den Mund auf, sodass eigentlich der Magen mit seiner zerstörerischen Säure
eine Barriere gegen die Infektion bieten sollte. Mitglieder des
Sonderforschungsbereichs 766 „Die bakterielle Zellhülle“ an der Universität
Tübingen, zu dem auch Wissenschaftler des Universitätsklinikums sowie Jack C.
Leo und Professor Dirk Linke vom Tübinger Max-Planck-Institut für
Entwicklungsbiologie gehörten, hat die Vorgänge näher untersucht. Sie haben
entdeckt, wie sich die Bakterien bei der Passage durch den Magen vor
Säurestress und mechanischen Belastungen schützen können. Ihre
Forschungsergebnisse veröffentlichen sie nun in der Fachzeitschrift Molecular
Microbiology.
EPEC-
und Yersinia-Bakterien befallen die Zellen des Dünndarms, die die
Nahrung aufnehmen. Dabei nutzen die Bakterien sogenannte Adhäsine,
Anheftungsstoffe, wie zum Beispiel das Intimin (ein Protein; von „intimate
adherence“), um sich
an die Darmepithelzellen anzuheften und eine Transportverbindung zwischen den
Bakterien und der Darmzelle herzustellen. Durch diesen Kanal gelangen
durchfallerregende Gifte in den menschlichen Darm. Vor der eigentlichen
Infektion im Darm befindet sich das Intimin zunächst in der äußeren Hülle der
Bakterien, die aus mehreren Schichten besteht: der inneren und der äußeren Membran,
und dazwischen ist die festere Zellwand. Ihr Gerüst besteht aus Peptidoglykan,
einem netzartigen Riesenmolekül, das aus Zucker- und Aminosäurebausteinen
besteht.
Die
Forscher haben herausgefunden, dass das Intimin eine Proteindomäne (LysM)
besitzt, die das Intimin an das Peptidoglykan bindet. „Allerdings funktioniert
das nur unter sauren Bedingungen“, erklärt Dirk Linke. Diese Bindung wirkt
stabilisierend auf die Zellhülle des Bakteriums. „Wir gehen davon aus, dass die
EPEC-Bakterien durch diesen Mechanismus vor aggressiver Säure und mechanischen
Belastungen geschützt sind und daher unbeschadet den Magen passieren können.“
Das Intimin unterstützt somit den Infektionsprozess der Bakterien, die
möglicherweise sonst kaum in den Dünndarm gelangen könnten. Die Wissenschaftler
vermuten, dass das Intimin die Virulenz (Gefährlichkeit) dieser Bakterien
deutlich erhöht.
Geldgeber
des SFB 766 „Die bakterielle Zellhülle: Struktur, Funktion und Schnittstelle
bei der Infektion“ (The Bacterial Cell Envelope: Structure, Function and
Infection Interface) ist die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG).
Originalpublikation:
Jack C. Leo,
Philipp Oberhettinger, Manish Chaubey, Monika Schütz, Daniel Kühner, Ute
Bertsche, Heinz Schwarz, Friedrich Götz, Ingo B. Autenrieth, Murray Coles, Dirk
Linke: The Intimin periplasmic domain mediates dimerisation and binding to
peptidoglycan. Molecular Microbiology, DOI 10.1111/mmi.12840
Kontakt:
Prof.
Dr. Dirk Linke
Vormals
SFB 766 an der Universität Tübingen und Max-Planck-Institut für
Entwicklungsbiologie
Universität
Oslo
dirk.linke[at]ibv.uio.no
Prof.
Dr. Friedrich Götz
Universität
Tübingen
Mathematisch-Naturwissenschaftliche
Fakultät
SFB
766 und Mikrobielle Genetik
Telefon
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friedrich.goetz[at]uni-tuebingen.de
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