Tübinger
Wissenschaftler wollen durch Erforschung der Ursachen von Non-Hodgkin-Lymphomen
neue Behandlungsansätze ermöglichen
Presseportal für Hochbegabung Non-Hodgkin-Lymphome,
umgangssprachlich auch als Lymphdrüsenkrebs bekannt, stellen in Deutschland mit
jährlich mehr als 10.000 Neuerkrankungen eine der häufigsten Krebserkrankungen
dar, Tendenz steigend. Non-Hodgkin-Lymphome sind in frühen Stadien meist
dauerhaft heilbar. Jedoch entwickeln sich in einigen Fällen aggressivere
Formen, die nicht auf konventionelle Therapien ansprechen. Daher haben Forscher
der Arbeitsgruppe von Juniorprofessor Alexander Weber in der Abteilung
Immunologie der Universität und des Universitätsklinikums Tübingen in
Kooperation mit Forschern des Nationalen Instituts für Chemie in Ljubljana,
Slowenien, den Krebs auf molekularer Ebene genauer untersucht. Sie
entschlüsselten einen Mechanismus, der weitreichend die unkontrollierte
Vermehrung der Krebszellen beeinflusst. Ihre Forschungsergebnisse sind kürzlich
in der Fachzeitschrift Blood erschienen.
Bei
Patienten mit einem Non-Hodgkin-Lymphom vermehren sich Blutzellen
unkontrolliert, in 80 Prozent der Fälle sind davon die sogenannten B-Zellen
betroffen. Im gesunden Organismus spielt dieser Zelltyp eine tragende Rolle bei
der Immunabwehr: Erkennt das Immunsystem einen Krankheitserreger wie zum
Beispiel bestimmte Bakterien, so werden die B-Zellen angeregt, sich zu
vermehren und große Mengen an spezifischen Antikörpern gegen diese
körperfremden Eindringlinge auszuschütten. Diese werden dadurch unschädlich
gemacht.
Die
Krankheitserreger werden von speziellen Immunsensoren auf der Oberfläche der
B-Zellen erkannt. Wenn ein Eindringling andockt, leitet die B-Zelle ein
Alarmsignal ins Zellinnere weiter: Dabei bindet das Protein MyD88 als
zellinterner „Adapter“ an den aktivierten Immunsensor und holt weitere
MyD88-Proteine heran, welche dann sogenannte Signalkomplexe bilden. Diese
wiederum schalten Signalwege an, die für eine vermehrte Produktion von B-Zellen
und Antikörpern sorgen. Bei Non-Hodgkin-Lymphomen ist häufig das MyD88-Protein
mutiert, also verändert. Die Tübinger Forscher konnten jetzt erstmals zeigen,
dass die mutierten MyD88-Proteine „klebrig“ werden und spontan aktive
Signalkomplexe bilden. „Ohne Einwirkung von Krankheitserregern entstehen dann
vermutlich ununterbrochen aktive Signalkomplexe und geben sozusagen Fehlalarm.
Dies fördert die unkontrollierte Vermehrung der B-Zellen des Immunsystems, der
Krebs entsteht“, beschreibt Olaf-Oliver Wolz, Doktorand in der Arbeitsgruppe
von Alexander Weber, die Vorgänge. Im Laborversuch mit Zellkulturen konnten die
Forscher mit einem Hemmstoff das Verklumpen der mutierten MyD88-Proteine
unterdrücken und die Krebszellen dadurch zum Absterben bringen, nicht mutierte
Zellen überlebten die Behandlung.
„Die
Krebs auslösende MyD88-Mutation kommt in sehr vielen, vom Verlauf und der
Therapie her sehr unterschiedlichen Krankheitsbildern von Lymphdrüsenkrebs
vor“, sagt Alexander Weber. Er hofft, dass sich für diese Patientengruppe eine
Therapie aus dem neu entdeckten Ansatzpunkt entwickeln lässt. „Zukünftige
Wirkstoffe sollten wie im Laborversuch gezielt die mutierten MyD88-Proteine
hemmen, und so die Krebszellen töten, die gesunden Zellen jedoch unbeeinflusst
lassen.“ Zunächst müssen die Forscher die vom „klebrigen“ MyD88-Protein fehlregulierten
Prozesse aber detaillierter verstehen.
Originalpublikation:
Monika Avbelj, Olaf-Oliver
Wolz, Ota Fekonja, Mojca Benčina, Matej Repič, Janez Mavri, Jens Krüger, Charlotta Schärfe,
Magno Delmiro-Garcia, Gabriela Panter, Oliver Kohlbacher, Alexander N. R.
Weber, and Roman Jerala: Activation of lymphoma-associated MyD88 mutations via
allostery-induced TIR-domain oligomerization. Blood, http://dx.doi.org/10.1182/blood-2014-05-573188
Kontakt:
Juniorprofessor
Dr. Alexander Weber
Universität
Tübingen
Interfakultäres
Institut für Zellbiologie – Abteilung Immunologie
Telefon
+49 7071 29-87623
alexander.weber[at]uni-tuebingen.de
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