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Jülich, 12. August 2013 – Web 2.0 und soziale Medien
stehen im Begriff, den Dialog zwischen Wissenschaftlern und Öffentlichkeit zu
verändern. Werden Wissenschaftler künftig die neuen Möglichkeiten nutzen, um
direkt mit der Öffentlichkeit in Kontakt zu treten? Gewinnen Laien dadurch mehr
Einfluss, während der Wissenschaftsjournalismus als Bindeglied an Bedeutung
verliert? Der Jülicher Kommunikationsforscher Prof. Hans Peter Peters ist
skeptisch. In der Zeitschrift PNAS hat er jetzt einen Artikel über den aktuellen
Stand der Forschung veröffentlicht.
Auch
innerhalb der Wissenschaft verlagert sich Kommunikation zunehmend ins Internet.
Und nicht nur das, einzelne Wissenschaftler diskutieren sehr aktiv in sozialen
Netzwerken und Blogs mit einer breiten Öffentlichkeit über ihre Forschung. In
der Kommunikationswissenschaft wird kontrovers über die Konsequenzen
debattiert. Im Kern geht es um die Frage, ob die Grenze von öffentlicher und
wissenschaftlicher Diskussion künftig verschwimmen wird. Einige Experten
erwarten, dass immer mehr Forscher den direkten Austausch mit der
interessierten Öffentlichkeit suchen. Laien bekämen größeren Einfluss auf die
Wissensproduktion, der Wissenschaftsjournalismus würde als Bindeglied dagegen
an Bedeutung verlieren.
Doch
Hans Peter Peters dämpft allzu große Erwartungen. Der
Kommunikationswissenschaftler vom Jülicher Institut für Neurowissenschaften und
Medizin (INM) stützt sich auf die Ergebnisse verschiedener Wissenschaftlerbefragungen
zum Verhältnis von Wissenschaftlern, Journalisten und Öffentlichkeit. Er selbst
hat in den vergangen zehn Jahren Antworten von rund 3.500 Wissenschaftlern
unterschiedlicher Fachrichtungen, unter anderem aus Deutschland, USA,
Großbritannien, Frankreich, Japan und Taiwan, ausgewertet. Berücksichtigt hat
er außerdem weitere empirische Studien, etwa Befragungen im Auftrag der
Wissenschaftlervereinigung AAAS (American Association for the Advancement of
Science) oder der britischen Royal Society.
Die
Untersuchungen zeigen beispielsweise, dass sowohl ältere als auch jüngere
Wissenschaftler mehrheitlich kein direktes Mitspracherecht von Laien in
Forschungsfragen wünschen. Dennoch ist öffentliche Kommunikation unter
Wissenschaftlern längst als notwendig und wichtig anerkannt. Der gängige Weg in
die Öffentlichkeit führt aber immer noch vor allem über die journalistischen
Medien. „Wissenschaftler verbinden Medienpräsenz mit einem hohen Nutzen: etwa
Anerkennung und Aufmerksamkeit von Geldgebern, Organisationsleitung und
Kooperationspartnern“, betont Hans Peter Peters. Die Ergebnisse seiner Studien
belegen, dass viele Wissenschaftler regelmäßig Kontakte zu Journalisten haben
und diese überwiegend positiv bewerten – trotz kleinerer Fehler, die viele
Forscher in der Berichterstattung bemängeln.
Trotz
allem Nutzen ziehen Wissenschaftler aber eine klare Trennlinie: Bei der
Wissensproduktion bleiben die Forscher lieber unter sich, denn dort gelten ihre
Regeln, beispielsweise Genauigkeit, Nachvollziehbarkeit und unabhängige
Prüfung. Fast die Hälfte der Naturwissenschaftler hält es für richtig, ein
wissenschaftliches Ergebnis erst öffentlich bekannt zu machen, nachdem es in
einer wissenschaftlichen Arbeit publiziert wurde. „Die Unterscheidung der
Wissenschaftler in Dialog mit der Öffentlichkeit und Diskussion innerhalb der
Wissenschaft ist die eigentliche Kluft in der Wissenschaftskommunikation“,
erklärt Peters. Bei Naturwissenschaftlern ist diese Trennung ausgeprägter als
bei Geistes- und Sozialwissenschaftlern. Das zeigt sich etwa daran, dass
Naturwissenschaftler im Schnitt deutlich seltener Kontakte mit Journalisten
haben und sie ihr Wissen stärker als Spezialwissen betrachten. Außerdem greifen
Medien öfter Themen auf, bei denen juristische, historische, sozialwissenschaftliche
und philosophische Expertise gefragt ist, da solche Themen eher zum
Erfahrungsbereich von Laien gehören.
Originalpublikation:
Hans Peter
Peters. Gap between science and media revisited: Scientists as public
communicators. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United
States of America (PNAS), 2013, doi: 10.1073/pnas.1212745110.
Internet: www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.1212745110 (noch
nicht freigeschaltet)
Der
Artikel gehört zu einer Serie von Publikationen über öffentliche
Wissenschaftskommunikation, die auf das Sackler Colloquium „The Science of
Science Communication“ im Mai 2012 in der US National Academy of Sciences,
Washington, zurückgehen.
Weitere Informationen:
Institut
für Neurowissenschaften und Medizin, Bereich Ethik in den Neurowissenschaften
(INM-8)
Ansprechpartner:
Prof.
Dr. Hans Peter Peters
INM-8
Tel.: +49 2461 61-3562
Pressekontakt:
Tobias
Schlößer
Tel.
02461 61-4771