63rd Nobel Laureate Meeting, official opening depicting
Countess Bettina Bernadotte and 18 Nobel Laureates,
Photo: Christian Flemming
Countess Bettina Bernadotte and 18 Nobel Laureates,
Photo: Christian Flemming
Hochbegabungspresse
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Friedensnobelpreisträger Ramos-Horta: „Die Wissenschaft muss der Menschheit
dienen“
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Bischof Gunnar Stålsett: „In Lindau an einer Kultur des Friedens arbeiten“
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Baden-Württembergs Wissenschaftsministerin Bauer: „Wichtiges internationales
Forum des Dialogs“
Mit zwei Podiumsdiskussionen auf der
Bodenseeinsel Mainau endete am Freitag, dem 5. Juli, die 63. Lindauer
Nobelpreisträgertagung. Dabei sprachen sich der Friedensnobelpreisträger José
Ramos-Horta und der emeritierte Bischof von Oslo Gunnar Stålsett für einen
regelmäßigen „Lindauer Dialog“ über die Verantwortung von Wissenschaft und
Forschung für den Frieden auf der Welt aus. Außerdem legten der
Physiknobelpreisträger und ehemalige US-Energieminister Steven Chu sowie der
mexikanische Chemienobelpreisträger Mario J. Molina und der deutsche Chemiker
Michael Braungart dar, wie das Konzept der „Grünen Chemie“ nachhaltig dazu
beitragen kann, die chemische Produktion so ressourcenschonend,
energieeffizient und umweltverträglich wie möglich zu gestalten. Turnusgemäß
stand die Chemie im Mittelpunkt der zahlreichen Vorträge und Diskussionen der
Lindauer Tagung. 34 Laureaten und mehr als 600 Nachwuchswissenschaftler aus
fast 80 Ländern diskutierten eine Woche lang über Lösungsansätze der chemischen
Forschung für drängende Aufgaben und Probleme in Bereichen wie der
Energieversorgung, der Arzneimittelforschung oder dem nachhaltigen Umgang mit
Ressourcen.
Vor den Tagungsteilnehmern und Ehrengästen
aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft debattierten José Ramos Horta und
Gunnar Sålsett über die Herausforderungen an Frieden und Gerechtigkeit im 21.
Jahrhundert. Beide betonten die wichtige Rolle und die große Verantwortung von
Wissenschaft und Forschung bei der Suche nach Lösungen für globale Probleme wie
Umweltzerstörung, Klimawandel. „Die Wissenschaft hat das Potential, sowohl viel
Gutes als auch sehr Schlechtes zu bewirken“, stellte Stålsett fest.
„Wissenschaftler und Forscher sollten sich ständig selbstkritisch fragen,
inwiefern sie Teil der Probleme sind und wie sie Teil der Lösungen werden.“ An
die Nachwuchswissenschaftler gewandt sagte Ramos-Horta: „Lernen, studieren und
forschen Sie, um der Menschheit einen Dienst zu erweisen!“ Ramos-Horta war von
2007 bis 2012 Präsident der Demokratischen Republik Timor-Leste (Osttimor). Für
seine Bemühungen, eine friedliche Lösung im Osttimorkonflikt zu finden, wurde
er 1996 zusammen mit Bischof Carlos Filipe Ximenes Belo mit dem
Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Am 1. Januar 2013 wurde Ramos-Horta zum
UN-Sonderbeauftragten für Guinea-Bissau ernannt. Gunnar Stålsett ist Mitglied
des Norwegischen Nobelkomitees, das für die Verleihung des Friedensnobelpreises
zuständig ist. Von 1998 bis 2005 war Stålsett Bischof des Bistums Oslo.
Zwar sind die Lindauer Tagungen seit 1951 im
regelmäßigen Wechsel den naturwissenschaftlichen Nobelpreisdisziplinen
Physiologie oder Medizin, Physik und Chemie sowie seit 2004 auch den
Wirtschaftswissenschaften gewidmet, doch haben in der über 60jährigen
Geschichte auch bereits einige Friedensnobelpreisträger hieran teilgenommen und
das Themenspektrum den Intergenerationendialogs kontinuierlich erweitert.
Künftig sollen Friedensnobelpreisträger im Rahmen des „Lindauer Dialogs“ ein
eigenes Forum erhalten, denn es sind gerade die Debatten über den Einfluss und
über die Verantwortung von Wissenschaft und Forschung, die über den Kreis der
Tagungsteilnehmer hinaus in die Gesellschaft hineinwirken.
An der zweiten Podiumsdiskussion des Tages,
die dem Konzept der „Grüne Chemie“ gewidmet war, nahmen Steven Chu, Mario
Molina und Michael Braungart teil. Chu, dem 1991 der Physiknobelpreis verliehen
wurde, gehörte bis April dieses Jahres dem ersten Kabinett von US-Präsident
Barack Obama als Energieminister an. Der Mexikaner Mario Molina erhielt 1995
zusammen mit dem Niederländer Paul Crutzen und dem US-Amerikaner Frank Sherwood
Rowland den Chemienobelpreis für die Erforschung der Ozonschicht. Der deutsche
Chemiker Michael Braungart gilt als Entwickler des „Cradle-to-Cradle-Konzepts“
eines umweltverträglichen Ressourcenkreislaufs und tritt für einen
grundlegenden Wandel der Chemie ein. Gemeinsam diskutierten sie über
Strategien, mit denen die chemische Produktion in Zukunft so
ressourcenschonend, energieeffizient und umweltverträglich wie möglich
gestaltet werden kann. Auf der Bodenseeinsel Mainau wurde bereits 1961 auf
Initiative des Mitbegründers der Lindauer Tagungen, Graf Lennart Bernadotte,
mit der „Grünen Charta von der Mainau“ eine der ersten Initiativen für die
Nachhaltigkeit verabschiedet. Der Nachhaltigkeitsgedanke gewann auch bei den
Lindauer Tagungen zunehmend an Bedeutung. Traditionell befassen sich daher
namhafte Experten aus Wissenschaft, Politik und Industrie zum Abschluss der
Lindauer Tagungen mit Nachhaltigkeitsfragen.
Unter dem Motto „Your first step to
Stockholm: Baden-Württemberg“ hatte das Land Baden-Württemberg die
Tagungsteilnehmer zu einer Bootsfahrt vom bayerischen Lindau zur
baden-württembergischen Bodenseeinsel Mainau eingeladen. Theresia Bauer,
Landesministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst, bezeichnete die
Lindauer Nobelpreisträgertagung als ein wichtiges internationales Forum des
Dialogs zwischen den Wissenschaftlergenerationen. An Bord des Bodenseeschiffs
„MS Sonnenkönigin“ präsentierten baden-württembergische Hochschulen und
Forschungseinrichtungen aktuelle Arbeiten und Ergebnisse aus dem Bereich der
Chemie. „Die vorgestellten Forschungsprojekte zeigen, dass Baden-Württemberg
einen wertvollen Beitrag zur Bearbeitung der globalen Herausforderungen leisten
kann“, sagte Bauer.
In einem mehrstufigen internationalen
Bewerbungs- und Auswahlverfahren, an dem dieses Jahr über 150 akademische
Partnerinstitutionen aus der ganzen Welt beteiligt waren, hatte das Lindauer
Kuratorium mehr als 600 besonders qualifizierte Studierende, Doktoranden und
Postdoktoranden als Teilnehmer der Tagung ausgewählt und ihnen damit eine
einzigartige Gelegenheit zum interkulturellen und generationenübergreifenden
Wissens- und Ideenaustausch und zum Aufbau von Netzwerken eröffnet. Das
Engagement der Nobelpreisträger, die alljährlich im Sommer unter dem Motto
„Educate. Inspire. Connect.“ an den Lindauer Tagungen teilnehmen, gilt in
erster Linie der Inspiration und Motivation der jungen Forscher, die am Anfang
ihrer Karriere stehen. Als hoch angesehene Redner, als offene Gesprächspartner
in den zahlreichen Diskussionen und als Ratgeber und Mentoren in sogenannten
Master Classes leisten sie einen wertvollen Beitrag zur Förderung der
Generation aufstrebender Wissenschaftler.
Über
das Internet können Wissenschaftsenthusiasten auf der ganzen Welt am Geschehen
der Tagungen und der Faszination der Laureaten teilhaben. In der Mediathek der
Lindauer Nobelpreisträgertagungen findet man neben unzähligen
Tonaufzeichnungen, Videos und Fotos aus ihrer über 60-jährigen Geschichte auch
thematisch in Clustern angeordnete Erläuterungen, Hintergrundinformationen,
Übersetzungen sowie Mini Lectures, die als Einführung in ausgesuchte Themen
konzipiert sind. Auch die Vorträge und Podiumsdebatten der 63. Lindauer Tagung
werden hier zu finden sein.