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Hochbegabungspresse
07. Mai 2013 (Koh) Heidelberger Wissenschaftler entwickelten ein Verfahren,
um die Wechselwirkung aller Gene einer Krebszelle im großen Maßstab zu
untersuchen. Die genaue Kenntnis dieses Zusammenspiels soll dabei helfen,
wirksamere Kombinationen von Medikamenten zu identifizieren. Die Ergebnisse
sind in der neuesten Ausgabe von Nature Methods veröffentlicht.
Krebs ist eine Erkrankung der Gene. In Tumorzellen sind
jedoch nicht nur einzelne Krebsgene verändert, sondern es liegt meist eine
Vielzahl an Mutationen vor. Die jeweilige Kombination der Mutationen bestimmt
das Verhalten der Zellen, etwa ihr Wachstum und auch das Ansprechen auf
Therapien. Genau dies lässt sich jedoch oft nicht vorhersagen. Um Therapien,
die sich gezielt gegen einzelne Veränderungen der Krebszelle richten, sinnvoll
kombinieren zu können, müssen Wissenschaftler zunächst verstehen, wie sich die
veränderten Gene gegenseitig beeinflussen.
Um diese Frage zu beantworten, haben Wissenschaftler vom
Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), der Universität Heidelberg und vom
Europäischen Molekularbiologie-Labor (EMBL) in Heidelberg ein neues Verfahren
entwickelt. Sie wollen im großen Maßstab untersuchen, wie Gene miteinander
interagieren, sich also gegenseitig in ihrer Wirkung verstärken oder
neutralisieren. Die Interaktionsprofile der Gene funktionieren wie in sozialen
Netzwerken: Haben zwei Menschen sehr ähnliche Freundeslisten, ist die
Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie sich gut kennen. Analog ist es
wahrscheinlich, dass zwei Gene mit ähnlichen Interaktionsprofilen eng
zusammenarbeiten - so lassen sich ganze Netzwerke von kooperierenden Genen
erstellen. Vergleichbare Verfahren wurden bereits für Modellorganismen wie Hefe
und Fruchtfliege entwickelt. Nun ist es zum ersten Mal gelungen, die Methode
bei menschlichen Krebszellen anzuwenden.
Die Wissenschaftler konzentrierten sich vor allem auf
Gene, die die sogenannte epigenetische Regulation beeinflussen. "Solche
Gene steuern die Aktivität anderer Gene und beeinflussen die Struktur von
Chromosomen. Sie haben daher großen Einfluss auf die korrekte Zellteilung und
sind deshalb für die Krebsforschung interessant", sagt Michael Boutros vom
DKFZ. "Mit unserer Methode können wir nun herausfinden, wie sich diese
epigenetischen Faktoren gegenseitig in ihrer Wirkung beeinflussen."
"Dazu haben wir insgesamt 323 epigenetisch aktive
Gene einzeln und auch in Kombination ausgeschaltet", beschreibt Christina
Laufer, die Erstautorin der Arbeit, den Forschungsansatz. Das Vorhaben hatte
außergewöhnliche Dimensionen, insgesamt kamen über 50.000 Einzelexperimente
zusammen. Um zu beobachten, wie sich das kombinierte Ausschalten der Gene auf
die Krebszellen auswirkte, färbten die Wissenschaftler verschiedene
Zellstrukturen wie Kern und Zellskelett an und fotografierten alle Zellen.
Insgesamt erhielten sie so über 600.000 Bilder.
"Eine solche Menge Bilder kann man natürlich nicht
mehr mit dem Auge auswerten", erklärt Wolfgang Huber vom EMBL.
"Geholfen hat uns eine spezielle Bildverarbeitungsmethode, mit der wir die
Auswertung automatisiert haben." Die Software ermöglichte es, die Folgen
der genetischen Eingriffe innerhalb kurzer Zeit festzustellen.
"Wir konnten bestätigen, dass sich unsere Methode
hervorragend dazu eignet, das Zusammenspiel von Genen zu ermitteln", sagt
Michael Boutros. "Um zu verstehen, was eine Krebszelle von einer gesunden
Zelle unterscheidet, müssen wir dieses Zusammenspiel kennen. Erst auf dieser
Basis kann es gelingen, gezielt in einen Prozess einzugreifen und damit bessere
Medikamente in wirksameren Kombinationen gegen Krebserkrankungen zu
entwickeln."
Das Projekt wurde im Rahmen des Exzellenzclusters
CellNetworks der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert. Michael Boutros
ist Abteilungsleiter am DKFZ und an der Medizinischen Fakultät Mannheim der
Universität Heidelberg. Wolfgang Huber ist Senior Scientist und Gruppenleiter
am EMBL.
Laufer C, Fischer B, Billmann M, Huber W, Boutros M.
Mapping genetic interactions in human cancer cells with RNAi and
multiparametric phenotyping. Nature Methods 2013, DOI: 10.1038/nmeth.2436
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr
als 2.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische
Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1000 Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen
Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass
Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren
präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden
können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes
(KID) klären Betroffene, Angehörige und interessierte Bürger über die
Volkskrankheit Krebs auf. Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg hat
das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg eingerichtet,
in dem vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik
übertragen werden. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung
(DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält
das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die
Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung
eines Helmholtz-Zentrums ist ein wichtiger Beitrag, um die Chancen von
Krebspatienten zu verbessern. Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium
für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg
finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher
Forschungszentren.
Diese Pressemitteilung ist abrufbar unter www.dkfz.de/pressemitteilungen
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