Während der dunklen Jahreszeit haben
viele Deutsche sehr niedrige Vitamin-D-Spiegel
Bild: MizzMalibu, pixelio.de
Hochbegabungspresse
24. April 2013 (Koh)
Wissenschaftler vom Deutschen Krebsforschungszentrum und
vom Epidemiologischen Krebsregister des Saarlandes untersuchten in einer großen
Studie den Zusammenhang zwischen einem Mangel an Vitamin D und der
Sterblichkeitsrate. Studienteilnehmer mit niedrigem Vitamin-D-Spiegel starben
häufiger an Atemwegserkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und an Krebs,
auch ihre Gesamtsterblichkeit war erhöht. Das Ergebnis unterstreicht, dass die
Wirksamkeit einer vorbeugenden Einnahme von Vitamin-D-Präparaten sorgfältig
geprüft werden sollte.
Vitamin-D-Mangel ist seit langem als Risikofaktor für
Osteoporose bekannt. Neuere Studien lassen vermuten, dass Vitamin D aufgrund
seiner Hormonwirkung auch andere chronische Krankheiten wie
Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Krebs und Infektionen beeinflussen
könnte. Träfe dies zu, müsste eine unzureichende Vitamin-D-Versorgung auch
einen Effekt auf die Sterblichkeit der Bevölkerung zeigen.
Dieser Frage gehen Wissenschaftler in der ESTHER*-Studie
nach. Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) führt die Untersuchung in
Kooperation mit dem Epidemiologischen Krebsregister Saarland, Saarländisches
Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie, durch. Die Studie
schließt knapp 10.000 Teilnehmer aus dem ganzen Saarland ein. Studienleiter ist
Prof. Hermann Brenner vom DKFZ.
Vor allem im Winter war die Konzentration von Vitamin D
im Blut vieler Studienteilnehmer besonders niedrig. Im Januar wiesen
beispielsweise 24 Prozent der Probanden einen sehr niedrigen und 71 Prozent
einen niedrigen Vitamin-D-Spiegel** auf. Im Vergleich hierzu lag der Anteil der
ESTHER-Teilnehmer mit sehr niedrigen Vitamin-D-Werten im Juli nur bei 6
Prozent, mit einem niedrigen Vitamin-D-Wert bei 41 Prozent.
Die besonders niedrigen Vitamin-D-Spiegel im Winter
lassen sich dadurch erklären, dass der Körper den größten Teil seines
Vitamin-D-Bedarfs unter Einfluss der UV-B-Strahlung des Sonnenlichts selbst
produziert. Die geringe Menge an UV-B-Licht in Deutschland in der dunklen
Jahreszeit reicht häufig nicht aus, die Vitamin-D-Produktion ausreichend anzukurbeln.
Die Sterblichkeit war bei Teilnehmern der ESTHER-Studie
mit sehr niedrigen und niedrigen Vitamin-D-Spiegeln statistisch signifikant
höher als bei Probanden, die höhere Vitamin-D-Konzentrationen im Blut
aufwiesen. Nach Berücksichtigung aller Störfaktoren war die Sterblichkeitsrate
innerhalb der achtjährigen Beobachtungszeit bei Probanden mit sehr niedrigen
Vitamin-D-Werten 1,7-fach, und bei Teilnehmern mit niedrigen Vitamin-D-Werten
1,2-fach erhöht.
Studienteilnehmer mit sehr niedrigen Vitamin-D-Werten
hatten insbesondere ein erhöhtes Risiko, an einer Erkrankung der Atemwege zu
versterben (2,5-faches Sterberisiko). Auch erlagen sie häufiger
Herz-Kreislauferkrankungen (1,4-fach) oder Krebs (1,4-fach).
Sollte daher jeder prophylaktisch Vitamin-D-Präparate
einnehmen? Wissenschaftler diskutieren diese Frage kontrovers: Randomisierte
kontrollierte Studien, die den Einfluss der Vitamin-D-Einnahme auf die
Sterblichkeit untersuchten, zeigten insgesamt eher geringe Effekte. Zurzeit
laufen große Untersuchungen, die noch einige Jahre Nachbeobachtungszeit
benötigen, um die Frage der Wirksamkeit von Vitamin-D-Präparaten zu klären.
"Die Ergebnisse der ESTHER-Studie zeigen jedoch, dass sich dieser
Forschungsaufwand durchaus lohnen könnte, da niedrige Vitamin-D-Spiegel in
Deutschland sehr verbreitet sind", sagt Dr. Ben Schöttker, der Erstautor
der Arbeit.
Bis gesicherte Erkenntnisse zur Vitamin-D-Supplementation
vorliegen, empfiehlt der Wissenschaftler, in der warmen Jahreszeit wohldosiert
Sonne zu tanken, um eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung sicherzustellen und
ein Depot für den Winter anzulegen. Über Nahrungsmittel allein lässt sich der
Bedarf meist nicht decken. Die Dauer der Sonnenexposition sollte - in
Abhängigkeit vom Hauttyp - jedoch so begrenzt werden, dass sich das
Hautkrebsrisiko nicht erhöht. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung
empfiehlt, dass für die meisten Menschen in Deutschland von März bis Oktober je
nach Hauttyp 5 bis 25 Minuten Sonnenbestrahlung pro Tag auf Gesicht, Hände und
Unterarme genügen, um ausreichend Vitamin D zu produzieren.
*ESTER = Epidemiologischen Studie zu Chancen der
Verhütung, Früherkennung und optimierten Therapie chronischer Erkrankungen in
der älteren Bevölkerung
**Definition des Vitamin-D-Spiegels:
. sehr niedrig: <30 nmol="" p="" serum-25-hydroxyvitamin-d="">
30>
. niedrig: <50 nmol="" p="" serum-25-hydroxyvitamin-d="">
50>
Schöttker B, Haug U, Schomburg L, Köhrle L, Perna L,
Müller H, Holleczek B, Brenner H.
Strong associations of 25-hydroxyvitamin D levels with
all-cause, cardiovascular, cancer and respiratory disease mortality in a large
cohort study.
American Journal of Clinical Nutrition 2013; DOI:
10.3945/ajcn.112.047712
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr
als 2.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische
Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1000 Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen
Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass
Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren
präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden
können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes
(KID) klären Betroffene, Angehörige und interessierte Bürger über die
Volkskrankheit Krebs auf. Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg hat
das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg
eingerichtet, in dem vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die
Klinik übertragen werden. Im Deutschen Konsortium für Translationale
Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für
Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben
universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin
mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums ist ein wichtiger
Beitrag, um die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das DKFZ wird zu 90
Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom
Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der
Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren.
Diese Pressemitteilung ist abrufbar unter www.dkfz.de/pressemitteilungen
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