Am Freitag,
den 07.
September 2012,
um 20.00 Uhr
Hochbegabungspresse Wild trötend galoppierte der Elefant durch den Triebwagen, verletzte einige der
Journalisten und durchbrach schließlich ein Fenster, um im 10 Meter tiefer
liegenden Flussbett, das an dieser Stelle nur ganze 50cm Tiefe maß, jäh
aufzuschlagen. Bis dato war diese zugegeben packende Anekdote das
Weltbewegendste aus dem wegen seiner mitunter steil abfallenden Straßenzüge in
liebevoller Anmaßung auch "Deutsches San Francisco" getauften, aber
ansonsten doch eher beschaulichen Wuppertal. Was Fortuna im Sinn hatte, als sie
das Konglomerat aus desavouierten Künstlerseelen aus dem unbefriedeten Süden
Südeuropas und Wilden Westen Vorderasien ausgerechnet zwischen den chilligen
Lehnen des Bergischen Landes aufeinandertreffen ließ, bleibt wie so manches
Schicksalhafte, ein Planspiel chaostheoretischer Erwägungen. Sicher ist, dass
es sich bei dieser Völkerzusammenführung um einen Glücksfall handelt, beschert
sie doch der "Großstadt im Grünen" nach einem geschlagenen halben
Jahrhundert eine weitere wild tönende Attraktion.
Im Falle des ROYAL STREET ORCHESTRA ist der Name Vollprogramm und Fräulein
Fortuna hatte ein zweites Mal die feingliedrigen Finger im Spiel, als die
einfallsreiche Dame die hungrigen Hazelwood-Produzenten Two Horses und Kaneoka
One im Anschluss an einen Routinebesuch beim Wuppertaler
Hazelwood-Interims-Vertrieb Cargo auf der Suche nach einer Salmonellen-freien
Wurstbude mitten in die Aufführung des in mehr als nur einer Hinsicht eminenten
Straßenorchesters trotten ließ. Der Rest ist wie immer leicht dazuzudenken und
führte über Umwege, die ähnlich verschlungen sind wie die Mäandern des Flusses,
der mehr ein Bach ist und in dieser Geschichte eine Hauptrolle spielt, zu dem
frisch gepressten RSO-Langspieldebüt "No HISTORY IN NOW".
ROYAL STREET ORCHESTRA - VISIBLE AT GIVEN TEMPERATURE (Hazelwood / Rough
Trade)
Eine mahnende Sonne erhebt sich aus tausend und einer Nacht über den Gipfel des
Hindukusch und legt turmhohe Schatten auf ein hysterisches Abendland, das,
selbst am Rande des systemischen GAUs, aus der Geschichte keine Erkenntnis
schöpft. Und obwohl, hier wie dort, von Islamophobie keine Rede sein darf, hat
das RSO-Debüt „Visible at given temperature“ schon vor Veröffentlichung zu
mehreren Auftrittsverboten geführt. In der Minarett-befreiten, eid-liberalen
Schweiz verlangte ein Veranstalter, dass Album-Cover nicht gezeigt und die
Krummsäbel aus dem RSO-Bandlogo verbannt werden. Ein recht forsches Ansinnen
eines Eidgenossen, dessen Nationalheld mit der Armbrust auf Kinder zielt. Ob
ein Artwork mit berittenen Musketieren und Floretts im Logo zu ähnlich
radikal-pazifistischem Eifer geführt hätte, wird wohl nicht zu klären sein. Die
Band lehnte dankend ab. Ob die Aussage hinter dem Album eine politische ist?
Aber ja – RSO verschmelzt traditionelle Ton-, Takt-, und Lebensarten
euro-orientalischer Tonkunst mit westlich geprägter Klubmusik auf nie da
gewesene Weise, ohne dabei in Klischees zu verenden und schon das ist
politisch. Obwohl Metren, Rhythmen und Kadenzen geeignet scheinen ein
ungeschultes Innenohr in vertiginöse Wallung zu versetzen, bleibt die Musik
unprätentiös, unangestrengt und unverschämt tanzbar. Dabei eignet jeder
einzelne Track die visualisierende Kraft eines originären Soundtracks, lässt
fremde Welten aus dem Nichts entstehen und vergehen, liefert formidables
Kopfkino ganz ohne Zelluloid. Natürlich liest man hier die Handschrift des
Produzenten, der bereits nicht ganz artfremde Acts wie The Great Bertholinis,
Broken Beats oder die Alben der notorischen Mardi Gras.bb mit ähnlichen
Attributen ausgestattet hat. Da passt es ins Bild, dass MG.bb-Legende DJ
Mahmut, Gentleman-DJ No.1, ohne umgedrehte Baseballkappe und Baggy Pants für
die erneut genauso stilvollen wie brisanten Sound-Fragmente verantwortlich
zeichnet.
VISIBLE AT GIVEN TEMPERATURE ist der Soundtrack zum Culture Clash, genauso
radikal wie verbindlich, genauso viel Mittelfinger wie Anliegen, genauso leicht
wie virtuos. Ein unverschämt tanzbarer Appell an die kritische Vernunft.
Elefantenkuh Tuffy hätt's gefallen!!!
Der Video-Trailer zum Album
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Thomas Traeder, M.A.
Pressestelle Bühne der Kulturen
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