![]() |
Eine am HZDR entwickelte Methode erlaubt die berührungslose Messung einer heißen Stahlschmelze – eine wichtige Voraussetzung, um das Befüllen der Gussform mit flüssigem Stahl zu steuern. Foto: HZDR/F. Bierstedt |
Moderne hochparallele
Rechnerarchitekturen sind heute in der Lage, riesige Datenmengen in hoher
Geschwindigkeit zu verarbeiten. Damit können bildgebende Verfahren zunehmend
die Rolle von Sensoren übernehmen, mit denen sich Maschinen und
Industrieanlagen steuern lassen. In dem europäischen Verbundprojekt TOMOCON
arbeiten zwölf Forschungseinrichtungen aus neun Ländern zusammen mit 15
namhaften Industrieunternehmen an neuen bildgebenden Sensoren und daran, diese
in die Steuerung und Regelung verfahrenstechnischer Prozesse einzubinden. Start
des Netzwerks ist am 1. September, die Koordination liegt beim
Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR).
Das wissenschaftliche Thema des
neuen Europäischen Trainings-Netzwerks „Smart Tomographic Sensors for Advanced
Industrial Process Control“ (TOMOCON) ist im Kontext der Digitalisierung
industrieller Prozesse hochaktuell. Bildgebende Messverfahren haben –
insbesondere mit der Entwicklung ultraschneller paralleler Datenverarbeitung –
ein enormes Potenzial als Sensoren zur Echtzeit-Steuerung von Prozessen und
Anlagen. Bekannt ist dieses Thema etwa aus dem Bereich des sogenannten
autonomen Fahrens.
“Gemeinsam mit unseren
internationalen Partnern wollen wir 15 jungen Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftlern eine umfassende Doktorandenausbildung bieten. Neben ihren
Forschungsprojekten sollen sie in den beteiligten Industrieunternehmen tätig
werden. Drei Sommerschulen und ein Training zu Soft Skills durch die
Graduierten-Akademie der TU Dresden runden das Ausbildungsprogramm ab“,
erläutert der Projektkoordinator Professor Uwe Hampel vom HZDR.
Für viele industrielle Prozesse
sind vor allem tomographische Messverfahren von großem Interesse, weil sie
berührungsfrei Einblicke in die Anlagen liefern. Dabei gilt es, die Herausforderungen
im industriellen Einsatz zu meistern. Um nur einige Fragestellungen zu nennen:
Wie geht man mit aggressiven Prozessbedingungen oder hohen Datenraten um? Wie
kann man Parameter für die Steuerung und Regelung intelligent aus Bilddaten
extrahieren? Wie sehen neue Formen der Mensch-Maschine-Kommunikation aus?
Entsprechend breit sind die Forschungsthemen für die 15
Nachwuchswissenschaftler, denn sie betreffen so unterschiedliche Gebiete wie
die Mess- und Sensortechnik, Prozesstomographie, Prozesssteuerung und
-regelung, Prozessmodellierung, Mensch-Maschine-Interaktion und
massiv-parallele Datenverarbeitung.
Effiziente Industrieprozesse
der Zukunft
Einen starken Praxisbezug erlangt
das Vorhaben durch vier ausgewählte technische Demonstrationen. Bei der sogenannten
Inline-Phasentrennung werden Flüssigkeiten verschiedener Dichte durch
Zentrifugieren direkt im Inneren von Strömungskanälen getrennt. Die Steuerung
mit tomographischen Sensoren soll die Trenngüte signifikant verbessern und die
Bildung von Emulsionen vermindern. Dies stößt auf großes Interesse bei
Unternehmen der Chemie- und Mineralöl-Verfahrenstechnik, wie den beteiligten
Unternehmen Linde, Shell und Total. Beim zweiten Thema geht es um den
kontinuierlichen Stahlguss, für den das HZDR eine eigene Magnetfeld-Tomographie
entwickelt hat, um das Befüllen der Gussform mit flüssigem Stahl zu steuern.
Gemeinsam mit der österreichischen Primetals Technologies und der TATA Steel
wird das Verfahren nun bei hohen Produktionsgeschwindigkeiten qualifiziert.
Drittens soll eine tomographische
Feuchtemessung die Prozesstrocknung mit Mikrowellen energetisch optimieren.
Dies wird anhand der Trocknung von imprägnierten Schäumen aus Kunststoff mit
dem Anlagenhersteller Vötsch Industrietechnik und dem Anwender Pinta Elements
demonstriert. Und schließlich kommen in der Kristallisation
Ultraschall-Techniken zur Anwendung, die das Wachstum der Kristalle steuern und
gleichzeitig deren Verteilung im Reaktor messen sollen. Dieses Thema begleiten
die Sulzer AG und DuPont.
„Am HZDR verfolgen wir
insbesondere die beiden ersten Themen sehr aktiv“, betont Uwe Hampel, der
zugleich eine Stiftungsprofessur an der TU Dresden innen hat. „Wir sind stolz
darauf, dass unser Vorhaben auch zu einer nachhaltigen Vernetzung akademischer und
industrieller Partner in Europa und darüber hinaus beiträgt. Für das HZDR und
die TU Dresden sind die in TOMOCON bearbeiteten Fragestellungen zentrale
Probleme der Forschung zu effizienten Industrieprozessen der Zukunft. Deshalb
werden auch zwei der insgesamt 15 Doktoranden an der TU promovieren.“
Weitere Informationen zu
TOMOCON:
Die EU fördert jährlich im Rahmen
der Marie-Sklodowska-Curie-Aktionen themenoffen internationale
Doktoranden-Netzwerke, sogenannte Innovative Training Networks. Die Förderung solcher
Netzwerke ist sehr begehrt. Im Aufruf 2017 gingen insgesamt 1.718 Anträge bei
der EU ein. Weniger als zehn Prozent kommen zur Förderung. Das vom
Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf koordinierte Projekt hat eine Laufzeit von
vier Jahren und startet am 1. September 2017. Das Fördervolumen beträgt knapp
vier Millionen Euro.
Akademische Partner:
Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (Deutschland, Koordinator), Chalmers
University of Technology (Schweden), Delft University of Technology
(Niederlande), Institut National Polytechnique de Toulouse (Frankreich),
Karlsruhe Institute of Technology (Deutschland), Lappeenranta University of
Technology (Finnland), Technical University of Liberec (Tschechien), University
of Technology Lodz (Polen), University of Bath (Großbritannien), University of
Eastern Finland (Finnland), Technische Universität Dresden (Deutschland),
Universidade Federal do Paraná Curitiba (Brasilien)
Industriepartner: Netrix S.A.
(Polen), Teletronic Rossendorf GmbH (Deutschland), Rocsole Ltd. (Finnland),
CERG Fluides S.A.S. (Frankreich),
Frames Group B.V. (Niederlande), Vötsch Industrietechnik GmbH (Deutschland),
Pinta Elements GmbH (Deutschland), Primetals Technologies Austria GmbH
(Österreich), Siemens AG (Deutschland), Linde AG (Deutschland), Total S.A.
(Frankreich), Tata Steel Europe Ltd. (Niederlande), Shell Global Solutions
International BV (Niederlande), DuPont Ltd. (Finnland), Sulzer AG (Schweiz)
__Weitere Informationen:
Prof. Uwe Hampel
Koordinator TOMOCON
Institut für Fluiddynamik am HZDR
AREVA-Stiftungsprofessur
„Bildgebende Messverfahren für die Energie- und Verfahrenstechnik“ an der TU
Dresden
Tel. +49 351 260-2772| E-Mail: u.hampel@hzdr.de
__Medienkontakt:
Dr. Christine Bohnet |
Pressesprecherin und Leitung HZDR-Kommunikation
Tel. +49 351 260-2450 | E-Mail: c.bohnet@hzdr.de
Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf | Bautzner Landstr. 400
| 01328 Dresden | www.hzdr.de
__Das Helmholtz-Zentrum
Dresden-Rossendorf (HZDR) forscht auf den Gebieten Energie, Gesundheit und
Materie. Folgende Fragestellungen stehen hierbei im Fokus:
- Wie nutzt man Energie und
Ressourcen effizient, sicher und nachhaltig?
- Wie können
Krebserkrankungen besser visualisiert, charakterisiert und wirksam behandelt
werden?
- Wie verhalten sich
Materie und Materialien unter dem Einfluss hoher Felder und in kleinsten
Dimensionen?
Zur Beantwortung dieser wissenschaftlichen Fragen betreibt
das HZDR große Infrastrukturen, die auch von externen Messgästen genutzt
werden: Ionenstrahlzentrum, Hochfeld-Magnetlabor Dresden und ELBE-Zentrum für
Hochleistungs-Strahlenquellen.
Das HZDR ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, hat fünf
Standorte (Dresden, Freiberg, Grenoble, Hamburg, Leipzig) und beschäftigt rund
1.100 Mitarbeiter – davon etwa 500 Wissenschaftler inklusive 150 Doktoranden.