© LIGO/Phys. Rev. Lett. 118, 221101
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Das
Laser Interferometer Gravitational-wave Observatory (LIGO) hat zum dritten Mal
Gravitationswellen – Kräuselungen von Raum und Zeit – nachgewiesen und zeigt
damit, dass nun ein neues astronomisches Beobachtungsfenster weit geöffnet ist.
Wie bei den ersten beiden Nachweisen entstanden die beobachteten Wellen bei der
Verschmelzung von zwei schwarzen Löchern zu einem größeren schwarzen Loch. Das
Signal wurde zuerst am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik
(Albert-Einstein-Institut, AEI) in Hannover gesehen. Forschende am AEI in
Potsdam und Hannover und an der Leibniz Universität Hannover haben wichtige
Beiträge auf mehreren Schlüsselgebieten geleistet: hochpräzise
Wellenformmodelle zur Entdeckung des Signals und um astrophysikalische
Informationen daraus zu gewinnen, effiziente Datenanalyse-Methoden und ihre
Implementierung auf leistungsfähigen Großrechnern sowie fortschrittliche
Detektortechnologie. Der Nachweis ermöglicht es, die Anzahl verschmelzender
schwarzer Löcher im Universum besser schätzen zu können. Darüber hinaus stimmt
er vollkommen mit Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie überein.
Diese
neueste Entdeckung verstärkt das wissenschaftliche Fundament für eine neue
Klasse von Paaren schwarzer Löcher, deren Massen größer sind als diejenigen,
die vor LIGO bekannt waren. Das neuentdeckte schwarze Loch, das bei der
Verschmelzung des Paars entstand hat eine Masse, die der 49-fachen unserer
Sonne entspricht. Damit füllt es die Lücke zwischen den beiden zuvor von LIGO
beobachteten verschmolzenen schwarzen Löchern mit 62 beziehungsweise 21
Sonnenmassen.
Die
LIGO Scientific Collaboration (LSC) veröffentlichte die Ergebnisse in Physical
Review Letters. Am 4. Januar 2017 um 11:11:58,6 MEZ beobachteten beide
LIGO-Instrumente eine Gravitationswelle, die den Namen GW170104 erhielt. Die
Welle erreichte den Hanford-Detektor 3 Millisekunden früher als den
Livingston-Detektor – ein Effekt, der durch die Himmelsposition der Quelle
zustande kommt.
Detaillierte
Untersuchungen zeigten, dass die Gravitationswelle bei der Kollision und
Verschmelzung von zwei schwarzen Löchern mit 31 beziehungsweise 19 Sonnenmassen
entstand. „Mit einem weiteren solchen Ereignis erkennen wir, dass massereiche
Doppelsysteme schwarzer Löcher häufiger sind als wir noch vor etwas mehr als
einem Jahr annahmen. Wir werden noch viel Neues erfahren – dies ist eine
aufregende Zeit für das neue Zeitalter der Gravitationswellen-Astrophysik!“
sagen Bruce Allen, Alessandra Buonanno, DirektorInnen am Max-Planck-Institut
für Gravitationsphysik und Karsten Danzmann, Direktor am Max-Planck-Institut
für Gravitationsphysik und am Institut für Gravitationsphysik der Leibniz
Universität Hannover.
Das
Gravitationswellensignal von GW170104 ließ sich für rund 920 Millisekunden im
Beobachtungsband von LIGO zwischen 20 Hertz und 265 Hertz verfolgen und
durchlief dabei 29 Gravitationswellenzyklen. Die schwarzen Löcher verschmolzen
bei einer Gravitationswellenfrequenz von rund 172 Hertz. Das Signal war
schwächer als das erste von LIGO im September 2015 beobachtete, weil die Massen
der schwarzen Löcher geringer waren und weil sich die Verschmelzung in einer
Entfernung von rund 3 Milliarden Lichtjahre ereignete – doppelt so weit
entfernt wie die erste.
Der erste Nachweis von GW170104 wurde durch eine sorgfältige Analyse von Dr. Alexander Nitz, wissenschaftlicher Mitarbeiter am AEI Hannover, ermöglicht. Während das LIGO-Datenanalyse-System normalerweise automatische Benachrichtigungen für Signalkandidaten erzeugt, passierte dies nicht am 4. Januar 2017 – der Grund war eine fehlerhafte Einstellung am Hanford-Instrument. Nitz inspizierte an diesem Tag Kandidaten, die ein Analysesystem nahezu in Echtzeit identifizierte, das er am AEI entwickelt hatte. Er stieß dabei auf ein vielversprechendes Signal in den Daten des Livingston-Detektors. Weitere Untersuchungen zeigten ein entsprechendes Signal in den Daten des Hanford-Instruments. „Ich bin stolz, dass wie beim ersten direkten Nachweis auch dieses neue Signal am AEI in Hannover gefunden wurde“, sagt Bruce Allen, geschäftsführender Direktor des AEI und Honorarprofessor an der Leibniz Universität Hannover. „Weil für GW170104 keine automatische Benachrichtigung erzeugt wurde, ist das für das neue Ereignis noch bedeutsamer als es im September 2015 war.“
Mitglieder
der Abteilung „Beobachtungsbasierte Relativität und Kosmologie“ am AEI Hannover
entwickelten und implementierten viele der Algorithmen für die Software, die
für die Analyse der LIGO-Daten genutzt werden. Diese Untersuchungen wurden
beispielsweise genutzt, um die statistische Signifikanz von GW170104 und dessen
Parameter zu bestimmen. Außerdem trug der Großrechner Atlas, den die Abteilung
betreibt, rund 50% der Rechenleistung für die Datenanalyse bei.
Matched-Filter-Analysen
und Wellenformmodelle entscheidend für die Entdeckung und das Verständnis von
GW170104
Forschende
der Abteilung „Astrophysikalische und Kosmologische Relativitätstheorie“ am AEI
in Potsdam spielten eine führende Rolle im Design der sogenannten
Matched-Filter-Analyse und dabei, GW170104 zu verstehen. Basierend auf der
erfolgreichen Synergie von analytischen und numerisch-relativistischen Methoden
zur Lösung der Einsteingleichungen entwickelten sie im Jahr 2016 eine noch
präzisere Familie von Wellenformfiltern für Verschmelzungen binärer schwarzer
Löcher. Diese kam in LIGOs zweitem Beobachtungslauf O2 zum Einsatz und fand
GW170104 in den Detektordaten. Außerdem wurde der Hochleistungscomputercluster
Vulcan am AEI in Potsdam eingesetzt, um die statistische Signifikanz von
GW170104 zu ermitteln und damit dessen astrophysikalischen Ursprung sicher zu
bestätigen.
Forschende
in Potsdam erstellten Methoden zur Folgeanalyse und wendeten ihre
Wellenformmodelle an, um die astrophysikalischen Eigenschaften von GW170104 zu
bestimmen. Zum ersten Mal fanden sie Hinweise darauf, dass bei mindestens einem
der schwarzen Löcher die Rotationsachse nicht senkrecht zur Bahnebene steht,
was für bestimmte Modelle der Entstehung des Binärsystems spricht. Die
Forschenden waren außerdem daran beteiligt, Tests der Allgemeinen
Relativitätstheorie durchzuführen, die bestätigen, dass die
Ausbreitungseigenschaften von GW170104 konsistent mit Einsteins Vorhersagen
sind.
„Die
Beobachtung und Interpretation von einem weiteren LIGO-Signal, GW170104,
unterstreichen den Erfolg unseres theoretischen Programms, Doppelsysteme
schwarzer Löcher allgemein relativistisch zu modellieren, indem wir das Beste
von zwei Welten vereinen: schnelle, aber näherungsweise analytische Techniken
mit exakten aber zeitaufwändigen numerischen Simulationen“, sagt Alessandra
Buonanno, Direktorin am AEI in Potsdam und College Park-Professorin an der
University of Maryland.
Mit GEO600 Detektortechnologie entwickeln und testen
Forschende der Max-Planck-Gesellschaft und der Leibniz
Universität zusammen mit Kollegen aus Großbritannien entwickelten und betreiben
den Gravitationswellen-Detektor GEO600 20 Kilometer südlich von Hannover.
GEO600 ist und war stets ein Entwicklungszentrum und Prüfstand für neuartige
Detektortechnologien. Viele Schlüsseltechnologien, die die nie zuvor erreichte
Empfindlichkeit von LIGO und dessen Entdeckungen ermöglichen, wurden bei GEO600
entwickelt und getestet. AEI-Forschende zusammen mit dem Laser Zentrum Hannover
e.V. entwickelten, bauten und installierten auch die Hochleistungslaser der
LIGO-Instrumente.
„Während GEO600 zusammen mit den LIGO-Detektoren
wissenschaftliche Daten aufnimmt, sind unsere Forschenden außerdem damit
beschäftigt, die Quetschlichtquelle von GEO600 zu verbessern“, sagt Karsten
Danzmann. GEO600 ist der einzige Gravitationswellen-Detektor weltweit, der
Quetschlicht einsetzt, um fundamentales Quantenrauschen zu unterdrücken und die
Empfindlichkeit bei hohen Frequenzen zu verbessern. Diese höhere
Empfindlichkeit ist von besonderer Bedeutung für den Nachweis und die Analyse
von Ereignissen wie den mit Spannung erwarteten Verschmelzungen von
Neutronensternpaaren. „Zukünftig werden alle irdischen Gravitationswellen-Detektoren
Quetschlichtquellen ähnlich der, die wir bei GEO600 entwickeln und derzeit
perfektionieren, verwenden“, erklärt Danzmann.
Im
Zeitalter der Gravitationswellen-Astronomie
Das
Zeitalter der Gravitationswellen-Astronomie begann am 14. September 2015 mit
dem ersten direkten Nachweis von Gravitationswellen durch die beiden
LIGO-Instrumente. Im ersten Beobachtungslauf O1 identifizierten Forschende zwei
Signale, genannt GW150914 und GW151226, beide von Paaren verschmelzender
schwarzer Löcher. Seit dem 30. November 2016 messen beide LIGO-Detektoren
zusammen mit dem GEO600-Detektor nahe Hannover bei höherer Empfindlichkeit im
zweiten Beobachtungslauf O2. Die verbesserte Empfindlichkeit wurde durch eine
erhöhte Laserleistung am Hanford-Detektor und eine Verminderung von Streulicht
im Livingston-Detektor erreicht.
GW170104
ist das erste veröffentlichte Gravitationswellensignal von sechs
Kandidatensignalen, die von Echtzeitanalysen in O2 aufgespürt wurden. Alle
diese Kandidaten könnten echte Gravitationswellen sein und ihre Entdeckung
wurde Astronomen anderer Fachgebiete mitgeteilt, die nach elektromagnetischen
Signaturen der sechs Kandidaten suchen.
Der
Beobachtungslauf O2 wird bis August 2017 andauern. Ihm werden weitere
Verbesserungen der LIGO-Instrumente folgen. Der dritte Beobachtungslauf O3 mit
nie zuvor erreichter Empfindlichkeit soll in der zweiten Hälfte des Jahrs 2017
beginnen.
LIGO
Das LIGO Laboratory ist von der National Science Foundation (NSF) finanziert und wird von Caltech und MIT betrieben, die das Observatorium konzipierten und bauten. Die NSF führte die finanzielle Unterstützung für das Advanced-LIGO-Projekt an und Deutschland (MPG), Großbritannien (STFC) und Australien (ARC) haben signifikante Verpflichtungen und Beiträge zum Projekt geleistet. Mehr als 1000 Forschende aus aller Welt sind durch die LIGO Scientific Collaboration, die die GEO-Kollaboration beinhaltet, an der Unternehmung beteiligt. LIGO arbeitet mit der Virgo-Kollaboration zusammen, die durch das Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS), das Istituto Nazionale di Fisica Nucleare (INFN) und Nikhef sowie Virgos Dachinstitution, das European Gravitational Observatory, einem Konsortium mit mehr als 280 weiteren Forschenden in Europa, unterstützt wird. Zusätzliche Partner sind auf http://ligo.org/partners.php verzeichnet.
Das LIGO Laboratory ist von der National Science Foundation (NSF) finanziert und wird von Caltech und MIT betrieben, die das Observatorium konzipierten und bauten. Die NSF führte die finanzielle Unterstützung für das Advanced-LIGO-Projekt an und Deutschland (MPG), Großbritannien (STFC) und Australien (ARC) haben signifikante Verpflichtungen und Beiträge zum Projekt geleistet. Mehr als 1000 Forschende aus aller Welt sind durch die LIGO Scientific Collaboration, die die GEO-Kollaboration beinhaltet, an der Unternehmung beteiligt. LIGO arbeitet mit der Virgo-Kollaboration zusammen, die durch das Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS), das Istituto Nazionale di Fisica Nucleare (INFN) und Nikhef sowie Virgos Dachinstitution, das European Gravitational Observatory, einem Konsortium mit mehr als 280 weiteren Forschenden in Europa, unterstützt wird. Zusätzliche Partner sind auf http://ligo.org/partners.php verzeichnet.
Kontakt
Dr.
Benjamin Knispel
Referent
für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut
für Gravitationsphysik Hannover
0511-762-19104
Dr.
Elke Müller
Referentin
für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut
für Gravitationsphysik Potsdam-Golm
Mehr als 600.000 Seitenaufrufe: Presse Hochbegabung by Lilli Cremer-Altgeld. Geistreiche News für geistvolle Menschen. Hochbegabte@t-online.de