Methylmarkierungen am Erbgut regulieren die Aktivität
unserer Gene und haben damit großen Einfluss auf Gesundheit und Krankheit.
Wissenschaftler vom Deutschen Krebsforschungszentrum und vom Krebsregister des
Saarlands zeigten nun: Ein abweichender Methylierungsstatus an nur zehn
bestimmten Positionen des Erbguts kann eine um bis zu siebenfach erhöhte
Sterblichkeit anzeigen. Besonders ungünstigen Einfluss auf den
Methylierungsstatus hat das Rauchen.
Verschiedene chemische Modifikationen am Erbgut
entscheiden darüber, welche Gene abgelesen oder aber stillgelegt werden. Unter
diesen steuernden, "epigenetischen" Faktoren spielen
Methylmarkierungen der DNA eine wichtige Rolle. Lebensstil und Umweltfaktoren
beeinflussen die Methylierung des Erbguts. Für den Methylierungsstatus
einzelner Positionen des Erbguts sind Zusammenhänge mit Krebs und anderen
Krankheiten bereits gut belegt.
Unabhängig von der Betrachtung einzelner Krankheiten: Was
sagt der Methylierungsstatus des Erbguts über die Gesundheit eines Menschen,
über seine Anfälligkeit für Erkrankungen, kurz: über sein Sterblichkeitsrisiko
aus? Das untersuchten nun Wissenschaftler um Hermann Brenner vom Deutschen
Krebsforschungszentrum gemeinsam mit ihren Kooperationspartnern vom
Krebsregister des Saarlands und vom Helmholtz-Zentrum München.
Die Forscher führten ihre aktuelle Untersuchung an
insgesamt 1900 Teilnehmern der ESTHER- und der KORA-Studie durch*. Basis der
Untersuchung war DNA aus Blutzellen: Die durchweg älteren Probanden hatten bei
Studieneintritt Blutproben abgegeben. Dies lag mittlerweile bis zu 14 Jahre
zurück und zahlreiche Studienteilnehmer waren inzwischen verstorben.
Methylgruppen werden nur an eine bestimmte Kombination
von DNA-Bausteinen angeheftet (CpG). Die Forscher analysierten für fast 500.000
dieser Positionen, ob der Grad ihrer Methylierung einen statistischen
Zusammenhang mit dem Überleben aufwies. Nach strengster statistischer Prüfung
blieben am Ende 58 CpGs übrig, deren Methylierungsstatus stark mit der
Sterblichkeit korrelierte.
Rauchen hinterlässt die stärksten epigenetischen Spuren
Diese 58 CpGs befanden sich alle in Erbgutregionen, deren
Bezug zu verschiedenen Krankheiten gut dokumentiert ist. Interessanterweise
stimmten 22 der 58 CpGs mit Methylierungspositionen überein, die Brenner und
Kollegen kürzlich bei einer Untersuchung der epigenetischen Auswirkungen des
Rauchens gefunden hatten**. Damit scheint unter allen Gesundheitsrisikofaktoren
das Rauchen die stärksten Spuren im Erbgut zu hinterlassen.
"Erfreulicherweise ist der Grad der DNA-Methylierung
nicht in Stein gemeißelt, sondern - im Gegensatz zu Mutationen der
DNA-Bausteine - reversibel", sagt dazu Hermann Brenner. "Das bedeutet
zum Beispiel, dass sich nach einem Rauchstopp ein ungünstiger Methylierungsstatus
wieder ändern und das Sterblichkeitsrisiko wieder deutlich sinken kann."
Nur zehn Erbgutpositionen bilden epigenetisches
Risikoprofil
Unter den 58 CpGs wählten die Wissenschaftler diejenigen
zehn aus, die am stärksten mit der Sterblichkeit korrelierten. Allein anhand
dieses epigenetischen Risikoprofils ließ sich die Gesamtsterblichkeit (Krebs,
Herz-Kreislauferkrankungen und andere) voraussagen: Studienteilnehmer, die an
fünf oder mehr dieser Positionen den "ungünstigen"
Methylierungsstatus aufwiesen, hatten ein siebenfach höheres Risiko, innerhalb
des Beobachtungszeitraums von bis zu 14 Jahren zu versterben, als Probanden,
deren Methylierung an diesen Positionen unauffällig war.
Die DNA-Methylierung zeigte einen weit stärkeren
Zusammenhang mit dem Überleben als alle bislang untersuchten Veränderungen
einzelner DNA-Bausteine (SNPs, single nucleotide polymorphisms). Das
epigenetische Risikoprofil erwies sich damit als ein genauerer Indikator für
die Lebensspanne als alle bislang ermittelten genetischen Risikoprofile, die
auf Veränderungen der DNA-Bausteine beruhen.
"Wir waren überrascht, dass der Methylierungsstatus
von nur zehn Positionen unseres Erbguts so stark mit der Gesamt-Sterblichkeit
korreliert", kommentiert Hermann Brenner sein aktuelles Ergebnis.
"Noch stärkere Zusammenhänge fanden wir mit der Sterblichkeit an
Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Wichtig ist es nun herauszufinden, mit welchen
Präventionsmaßnahmen man das Methylierungsprofil und die Sterblichkeit am
effektivsten günstig beeinflussen kann."
Yan Zhang, Rory Wilson, Jonathan Heiss, Lutz P Breitling,
Kai-Uwe Saum, Ben Schöttker, Bernd Holleczek, Melanie Waldenberger, Annette
Peters, Hermann Brenner: DNA methylation signatures in peripheral blood
strongly predict all-cause mortality. Nature Communications 2017, DOI:
10.1038/ncomms14617
* ESTHER: Epidemiologische Studie zu Chancen der
Verhütung, Früherkennung und optimierten Therapie chronischer Erkrankungen in
der älteren Bevölkerung
KORA:
Kooperative Gesundheitsforschung in der Region Augsburg
** Gao, X., Jia, M., Zhang, Y., Breitling, L. P. &
Brenner, H. DNA methylation changes of whole blood cells in response to active
smoking exposure in adults: a systematic review of DNA methylation studies.
Clin Epigenetics. 7, 113 (2015).
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr
als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische
Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1000 Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren
und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs
erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser
diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes (KID) klären
Betroffene, Angehörige und interessierte Bürger über die Volkskrankheit Krebs
auf. Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg hat das DKFZ das
Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg eingerichtet, in dem
vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik übertragen
werden. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem
der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren
an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter
Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums ist
ein wichtiger Beitrag, um die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das
DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu
10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der
Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren.
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