Bildliche Darstellung des Beutespektrums (grün) der untersuchten Raubtiere (rot)
Abbildung: Bocherens/Universität Tübingen
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Wissenschaftler
der Universität Tübingen widerlegen die Annahme, dass die Raubkatzen im Wald
auf Beutezug gingen
Ähnlich wie
der heutige Löwe in der afrikanischen Savanne jagte der Säbelzahntiger (Smilodon
populator) im eiszeitlichen Südamerika auf trockenem, offenem Gelände. Zu
diesem Ergebnis kommt ein Wissenschaftlerteam unter der Leitung von Professor
Hervé Bocherens vom Senckenberg Center for Human Evolution and
Palaeoenvironment (HEP) an der Universität Tübingen in einer Studie, die jüngst
im Fachmagazin Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology
veröffentlicht wurde. Um mehr über die Nahrungsgewohnheiten der damals größten
Katze Südamerikas zu erfahren, hatten die Forscher Knochen der Tiere
untersucht, die aus einem Zeitraum von 25.000 bis 10.000 Jahren v. Chr. aus der
argentinischen Pampasregion stammen.
„Bislang
gingen Paläontologen davon aus, dass das bis zu 400 Kilogramm schwere Raubtier
aufgrund seines Knochenbaus, der dem von Waldkatzen ähnelt, seine Beute im Wald
erlegte“, sagt Hervé Bocherens. Dort, so habe man vermutet, lauerten die
Säbelzahntiger mit ihren bis zu 30 Zentimeter langen Raubzähnen in natürlichen
Verstecken, bis der ideale Zeitpunkt zum Angriff gekommen war. Diese Annahme
widerlegen nun die Ergebnisse der Tübinger Analyse. Die Paläobiologen
verglichen Kollagenproben aus den Tierknochen verschiedener eiszeitlicher
Raubtiere wie dem Säbelzahntiger, dem Jaguar (Panthera onca) und einer
eiszeitlichen Wildhundgattung (Protocyon) mit denen der möglichen
Beutetiere. Anhand der darin enthaltenen Kohlenstoff- und Stickstoffisotopen
lassen sich Rückschlüsse auf die Ernährung sowie die Umgebung ziehen, in der
sich die Tiere aufhielten.
Demnach
verspeisten die Säbelzahntiger keine Tiere, die in dichter bewachsenen Gebieten
heimisch waren, sondern in der Steppe lebende kamelartige Huftiere namens Macrauchenia
und Riesenfaultiere (Megatherium und Lestodon), die im Gegensatz zu
ihren heutigen Verwandten am Boden lebten und mehrere Tonnen schwer werden
konnten. Eine weitere Parallele zu den heutigen Löwen könnte es gegeben haben:
Man habe Knochen von mehreren Individuen zusammen und mit ähnlichen
Isotopenwerten gefunden, sagt Bocherens. „Möglichweise arbeiteten die Raubtiere
für den Jagderfolg ebenfalls in Gruppen.“
Ursprünglich
waren die Säbelzahntiger der Gattung Smilodon in Nordamerika heimisch.
Als sich vor rund drei Millionen Jahren eine stabile Landbrücke zwischen Nord-
und Südamerika bildete, verbreiteten sich die Katzen auch im Süden. Konkurrenz
hatte der Säbelzahntiger dort offenbar nicht unmittelbar durch andere
Großkatzen. Die Studienergebnisse legen nahe, dass der Jaguar deutlich kleinere
Beute wie Nagetiere oder Pferdearten bevorzugte. Ein ähnliches Beutespektrum
wie der Säbelzahntiger hatte laut Studie aber der eiszeitliche Wildhund (Protocyon).
Zum Ende der
Eiszeit starben zahlreiche große Tierarten der sogenannten Megafauna aus,
darunter auch der Säbelzahntiger. Als Hauptursachen werden in der Forschung der
Einfluss des Menschen und Klimaveränderungen diskutiert. Beim Säbelzahntiger,
so vermuten die Tübinger Wissenschaftler, könnte das zunehmend feuchtere Klima
dazu geführt haben, dass ehemals offene Flächen verwaldeten und so sein
Jagdrevier verschwand.
Die Studie
wurde mit rund 170.000 Euro von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG)
gefördert.
Publikation: H. Bocherens,
M. Cotte, R. Bonini, D. Scian, P. Straccia, L. Soibelzon, F. J. Prevosti:
Paleobiology of sabretooth cat Smilodon populator in the Pampean Region (Buenos
Aires Province, Argentina) around the Last Glacial Maximum: Insights from
carbon and nitrogen stable isotopes in bone collagen, Paleogeography,
Paleoclimatology, Paleoecology,
Kontakt:
Prof. Dr.
Hervé Bocherens
Universität
Tübingen
Senckenberg Center for Human Evolution and
Palaeoenvironment (HEP)
Mathematisch-Naturwissenschaftliche
Fakultät
Paläobiologie
– Arbeitsgruppe Biogeologie
Telefon +49
7071 29-76988
herve.bocherens[at]uni-tuebingen.de
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