Tübinger
Neurowissenschaftler legen wichtige Grundlagen für nichtinvasive Bildgebung des
menschlichen Gehirns
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Neurowissenschaftlern ist ein wesentlicher Schritt bei der nichtinvasiven
Untersuchung des menschlichen Gehirns durch die funktionelle
Magnetresonanztomografie (fMRI, functional magnetic resonance imaging)
gelungen. Das bildgebende Verfahren wird in der Forschung genutzt, um
Interaktionen zwischen verschiedenen Gehirnregionen zu untersuchen. Allerdings
indirekt: fMRI erfasst nicht die neuronale Aktivität, sondern erkennt besonders
aktive Gehirnareale anhand ihrer Durchblutung. Dr. Markus Siegel und seine
Arbeitsgruppe (Werner Reichardt Centrum für Integrative Neurowissenschaften –
CIN / MEG Zentrum der Universität Tübingen) zeigen in einer aktuellen Studie,
dass die per fMRI gemessenen Interaktionen zwischen Hirnregionen tatsächlich
mit korrelierter Nervenzellaktivität zusammenhängen ‒ und welche Art von
Aktivität dies ist. Die Methode wird so noch attraktiver für die
neurowissenschaftliche Forschung. Die Ergebnisse wurden im renommierten
Fachmagazin „Current Biology“ veröffentlicht.
Das
menschliche Gehirn besteht aus etwa 100 Milliarden Neuronen, die in Zentren
gebündelt sind. Diese Areale haben unterschiedliche Aufgaben, kommunizieren
aber unentwegt miteinander. Diese Interaktionen zwischen Hirnregionen sind die
Grundlage unseres alltäglichen Denkens und Handelns. Störungen dieser
Interaktionen sind dagegen oft die Grundlage neurologischer Erkrankungen, etwa
der Multiplen Sklerose (MS).
Um diese
Interaktionen zwischen Hirnregionen nichtinvasiv – also von außen, ohne Öffnung
des Schädels – zu untersuchen, setzt die neurowissenschaftliche Forschung seit
Jahren fMRI ein. fMRI misst Blutfluss und Sauerstoffgehalt des Blutes im
Gehirn. Weil Nervenzellen viel Energie verbrauchen – unser Gehirn beansprucht
etwa 25 Prozent der täglich aufgenommenen Kalorien –, werden aktive Hirnareale
besonders stark durchblutet. So lässt fMRI Rückschlüsse darauf zu, welche
Areale des Gehirns jeweils gerade aktiv sind und miteinander kommunizieren. Da
aber eben nicht direkt neuronale Prozesse, sondern Blutfluss und
Sauerstoffsättigung beobachtet werden, ist noch unzureichend verstanden, ob und
welche Art von neuronalen Interaktionen zwischen Hirnregionen das fMRI tatsächlich
widerspiegelt.
Um diese
Lücke zu schließen, glichen Dr. Siegel und sein Team die fMRI-Messungen von
Probanden mit deren Magnetenzephalographie (MEG)-Messungen ab. Im Gegensatz zum
fMRI misst das MEG direkt die Nervenzellaktivität im Gehirn – es registriert
die durch diese Aktivität verursachten, sehr kleinen Magnetfelder. MEG hat eine
schlechtere räumliche Auflösung als fMRI, aber die sehr hohe zeitliche
Präzision ermöglicht, anders als beim fMRI, die Unterscheidung verschiedener
Hirnrhythmen – das sind schnelle periodische Veränderungen der Gehirnaktivität.
Die Tübinger Universität ist eine der wenigen Einrichtungen in Deutschland, die
über eine MEG-Apparatur verfügt.
Markus Siegel
und sein Team verglichen die per fMRI und MEG gemessenen Interaktionen zwischen
450 einzelnen Punkten im Gehirn. Die Wissenschaftler werteten so ca. 100.000
Einzeldaten aus. Der Aufwand hat sich gelohnt: Ihnen gelang der Nachweis, dass
Nervenzellaktivität und die per fMRI gemessenen Interaktionen unmittelbar
zusammenhängen. Darüberhinaus konnten sie zeigen, dass dieser Zusammenhang
nicht etwa im ganzen Gehirn gleich ist: Das fMRI zeigt für verschiedene Paare
von Hirnregionen die Interaktion unterschiedlicher Hirnrhythmen. Viele der vom
fMRI gelieferten Informationen sind damit komplementär zu denen, die das MEG
bereitstellen kann.
Die Befunde
liefern eine wichtige Grundlage für den Einsatz des fMRI in der
Neurowissenschaft. Darüber hinaus zeigen diese Ergebnisse den Nutzen, den der
gemeinsame Einsatz von fMRI mit seiner hervorragenden räumlichen Auflösung und
MEG oder EEG mit ihrer hohen zeitlichen Auflösung bringen können. Die
Kombination der Verfahren erscheint damit mittelfristig auch als Methode zur
Diagnostik oder zur Vorbereitung von Behandlungen im klinischen Alltag immer
realistischer. Der neue Blickwinkel lässt wesentlich feinere Bilder des
Geschehens im gesunden und erkrankten menschlichen Gehirn erwarten.
Publikation:
Joerg F. Hipp, Markus Siegel: BOLD fMRI Correlation
Reflects Frequency-Specific Neuronal Correlation. Current Biology (2015), 18.
Mai 2015 (online-Publikation)
Pressekontakt
CIN:
Dr. Paul
Töbelmann, Wissenschaftskommunikation
Werner-Reichardt-Centrum
für Integrative Neurowissenschaften (CIN)
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Tel.: +49
7071 29-89108