Die
WissenschaftsCampi in Deutschland (II von V)
Byzanz, das christlich und griechisch geprägte
Oströmische Reich, ist im heutigen deutschen Sprachgebrauch meist mit negativen
Assoziationen besetzt. Byzantinismus ist ein Synonym für „Kriecherei“ oder
„unwürdige Schmeichelei“, und allgemein haftet Byzanz der Makel der Dekadenz
an. Die bedeutende Rolle von Byzanz für die gemeinsame europäische Identität
ist nur wenigen bewusst. Die Forschungskooperation bündelt die Kompetenzen und
Ressourcen des Römisch-Germanischen Zentralmuseums und der Johannes
Gutenberg-Universität Mainz zu einem in Deutschland einzigartigen
Forschungsverbund zur interdisziplinären Byzanzforschung.
Das Byzantinische Reich spielte
bei der Entstehung des modernen Europa und des Vorderen Orient eine
herausragende Rolle. Zwischen dem 4. und dem 12. Jahrhundert war es die
Leitkultur, welche in allen Lebensbereichen Maßstäbe setzte und sämtliche
Nachbarstaaten wesentlich beeinflusste. In Byzanz setzten sich der römische
Staat und seine politischen Institutionen und Konzepte von der Spätantike bis
ins Mittelalter in ungebrochener Kontinuität fort. Die große Bedeutung von
Byzanz liegt in seiner Brückenfunktion von der Antike in die Neuzeit und
gleichzeitig von Europa in den Orient. Unser heutiges Rechtssystem etwa wäre
ohne die Sammlung und Kodifikation des römischen Rechts durch den
byzantinischen Kaiser Justinian I. (527-565) undenkbar. In Gestalt der
orthodoxen Kirche ist das byzantinische Erbe in vielen europäischen Staaten bis
heute unmittelbar präsent.
Trotz ihrer historischen
Bedeutung fristet die Erforschung der byzantinischen Geschichte und Kultur in
Deutschland ein Nischendasein, was vor allem durch die zersplitterte
Forschungslandschaft aus einzelnen Lehrstühlen an deutschen Universitäten
bedingt ist. Vor dem Hintergrund des europäischen Einigungsprozesses bekommt
das byzantinische Element aber ein neues Gewicht. Für
Staaten wie Griechenland, Bulgarien, die Nachfolgestaaten des ehemaligen
Jugoslawien und auch Italien ist Byzanz fester Bestandteil des eigenen
Geschichtsbildes. Die historische und kulturelle Entwicklung dieser Staaten,
deren Territorien unter der unmittelbaren Kontrolle bzw. dem Einfluss von
Byzanz standen, wird ohne die Berücksichtigung dieser Kultur nicht
verständlich.
Ziel des WissenschaftsCampus
Mainz ist es, eine breite Plattform für interdisziplinäre Byzanzforschung
institutionell zu etablieren und alle relevanten akademischen Disziplinen, die
sich mit Byzanz beschäftigen, unter einem Dach zu vereinen. Mainz ist dabei als
Standort für dieses Vorhaben bestens geeignet. „In puncto interdisziplinärer
Byzanzforschung können wir auf einer lange erprobten und erfolgreichen
Zusammenarbeit zwischen dem Römisch-Germanischem Zentralmuseum und der hiesigen
Universität aufbauen“, so Prof. Dr. Falko Daim, Generaldirektor des
Römisch-Germanischen Zentralmuseums und Sprecher der Kooperation. Von 2005 bis
2011 bestand in Mainz die Forschungskooperation „Byzantinische Archäologie
Mainz“ zwischen dem Römisch-Germanischen Zentralmuseum und sieben Professoren
der Johannes Gutenberg-Universität. Diese langjährige Kooperation wurde
konsequent weiterentwickelt und mündete am 1. Juni 2011 in der Gründung des größer
angelegten WissenschaftsCampus Mainz.
Das Römisch-Germanische
Zentralmuseum ist ein Forschungsmuseum der Leibniz-Gemeinschaft. Es betreibt
seit etwa 100 Jahren Forschungen zur byzantinischen Archäologie und besitzt
eine umfangreiche Sammlung an Originalen. An der Johannes Gutenberg-Universität
sind zudem Lehrstühle sowohl für die historisch ausgerichtete Byzantinistik als
auch für Christliche Archäologie und Byzantinische Kunstgeschichte angesiedelt,
welche die materielle Kultur und Denkmälerforschung zum Gegenstand hat. Von
Seiten der Universität Mainz sind 17 weitere Professoren an der Kooperation
beteiligt, die elf weitere Fächer vertreten, die für interdisziplinäre
Byzanzforschung unabdingbar sind. Zudem sind als Kooperationspartner das
Leibniz-Institut für Europäische Geschichte in Mainz sowie die Landesmuseen in
Mainz und Trier beteiligt.
Der WissenschaftsCampus Mainz
fördert die Integration der zersplitterten Wissenschaftsdisziplinen, die sich
mit Byzanz befassen und ermöglicht themenorientierte, multidisziplinäre,
historisch-kulturwissenschaftliche Forschung unter einem Dach. Die Aktivitäten
des WissenschaftsCampus Mainz sollen zu einem differenzierten Geschichtsbild
eines vereinten Europas beitragen, in dem auch Byzanz den seiner historischen
Rolle entsprechenden Platz einnimmt.
Die Institute im Verbund
·
Römisch-Germanisches
Zentralmuseum, Mainz
·
Johannes
Gutenberg-Universität Mainz
Kooperationspartner
·
Leibniz-Institut
für Europäische Geschichte, Mainz
·
Landesmuseum
Mainz
·
Rheinisches
Landesmuseum Trier
Kontakt:
WissenschaftsCampus Mainz „Byzanz zwischen Orient und
Okzident“
Dr. Benjamin Fourlas (Geschäftsführung)
Römisch-Germanisches Zentralmuseum
Tel.: 06131 9124-168
Römisch-Germanisches Zentralmuseum
Tel.: 06131 9124-168
Das
Kooperationsmodell „WissenschaftsCampus“
Der WissenschaftsCampus ist ein Modell der regionalen Zusammenarbeit zwischen Leibniz-Einrichtungen und Hochschulen. Als gleichberechtigte Partner bearbeiten diese eine klar umrissene wissenschaftliche Fragestellung von gemeinsamem Interesse und ergänzen sich dabei mit ihren Kompetenzen und unterschiedlichen Perspektiven. Die regionale Nähe, eine gemeinsame Strategie und interdisziplinäre Forschungsansätze bezogen auf Themen, Projekte und Methoden sind die Stärken der WissenschaftsCampi. Sie bieten ideale Voraussetzungen, um gesellschaftlich relevante Fragestellungen zu bearbeiten, ganze Forschungsbereiche weiter zu entwickeln und das wissenschaftliche Umfeld am Standort für die Thematik zu stärken. Die regionale Forschungslandschaft erlangt dadurch Profil und internationale Sichtbarkeit.
Der WissenschaftsCampus ist ein Modell der regionalen Zusammenarbeit zwischen Leibniz-Einrichtungen und Hochschulen. Als gleichberechtigte Partner bearbeiten diese eine klar umrissene wissenschaftliche Fragestellung von gemeinsamem Interesse und ergänzen sich dabei mit ihren Kompetenzen und unterschiedlichen Perspektiven. Die regionale Nähe, eine gemeinsame Strategie und interdisziplinäre Forschungsansätze bezogen auf Themen, Projekte und Methoden sind die Stärken der WissenschaftsCampi. Sie bieten ideale Voraussetzungen, um gesellschaftlich relevante Fragestellungen zu bearbeiten, ganze Forschungsbereiche weiter zu entwickeln und das wissenschaftliche Umfeld am Standort für die Thematik zu stärken. Die regionale Forschungslandschaft erlangt dadurch Profil und internationale Sichtbarkeit.
Fünf
WissenschaftsCampi haben sich seit 2009 etabliert:
- WissenschaftsCampus Tübingen: Bildung in
Informationsumwelten
- WissenschaftsCampus Mainz: Byzanz zwischen Orient und
Okzident
- WissenschaftsCampus Mannheim: Mannheim Centre for
Competition and Innovation (MaCCI)
- WissenschaftsCampus Halle: Pflanzenbasierte Bioökonomie
- WissenschaftsCampus Rostock: Rostocker
Phosphorforschung
Weitere Informationen zu den WissenschaftsCampi
Die fünf bestehenden WissenschaftsCampi werden in lockerer
Reihenfolge vorgestellt.
Pressekontakt für die
Leibniz-Gemeinschaft
Christian Walther
Tel.: 030 / 20 60 49 – 42
Mobil: 0173 / 513 56 69
Christoph Herbort-von Loeper
Tel.: 030 / 20 60 49 – 48
Mobil: 0174 / 310 81 74
Die Leibniz-Gemeinschaft
Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet
86 selbständige Forschungseinrichtungen. Ihre Ausrichtung reicht von den
Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, und
Sozialwissenschaften bis hin zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute bearbeiten
gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevante Fragestellungen
strategisch und themenorientiert. Dabei bedienen sie sich verschiedener
Forschungstypen wie Grundlagenforschung, anwendungsorientierter Forschung,
wissenschaftlicher Infrastrukturen und forschungsbasierter Dienstleistungen.
Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer in Richtung
Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Sie pflegt intensive
Kooperationen mit den Hochschulen, u.a. über gemeinsame Wissenschaftscampi, und
mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Ihre Einrichtungen
unterliegen einem maßstabsetzenden transparenten und externalisierten
Begutachtungsverfahren. Jedes Leibniz-Institut hat eine Aufgabe von
gesamtstaatlicher Bedeutung. Daher fördern Bund und Länder die Institute der
Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen etwa 17.000
Personen, davon sind ca. 7.900 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler,
einschließlich der 3.300 Nachwuchswissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute
liegt bei mehr als 1,5 Mrd. Euro, die Drittmittel betragen etwa 340 Mio. Euro
pro Jahr.