Legende:
A) Normales Gebärmutterhalsgewebe, das viel pro-IL-1β enthält (braun gefärbt)
B) Gebärmutterhalskrebs, negativ für pro-IL-1β
Bildquelle: DKFZ/Charité Berlin
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Die Infektion mit Humanen Papillomviren (HPV) kann nicht
nur zu Gebärmutterhalskrebs, sondern auch zu anderen Arten von Anogenitalkrebs
führen. Wissenschaftler um Professor Frank Rösl vom Deutschen
Krebsforschungszentrum (DKFZ) haben nun herausgefunden, dass die Viren ein für
die Immunreaktion wichtiges Schlüsselmolekül so beeinflussen, dass sie dem
Angriff des Immunsystems entgehen. Dieser bisher unbekannte Mechanismus liefert
möglicherweise sogar neue Ansätze für die Krebsmedizin: So könnte das Molekül
als Marker dienen, um HPV-Infektionen zu entdecken, bevor ein bösartiger Tumor entsteht.
Von 170 Humanen Papillomviren gelten ungefähr zehn
Prozent als krebserregend, darunter auch die besonders aggressiven HPV-Typen 16
und 18. Das Virus infiziert vorrangig Keratinozyten, Zellen der oberen
Hautschicht und der Schleimhäute. Wie auch die Herpesviren sind HPV in der
Lage, über einen längeren Zeitraum im Körper zu verweilen. Eine infizierte
Zelle kann noch viele Jahre später entarten und zu Krebs führen.
Wie es HPV gelingt, dem Immunsystem zu entkommen, haben
Professor Frank Rösl und sein Mitarbeiter Dr. Bladimiro Rincon-Orozco vom DKFZ
untersucht. Sie konzentrierten sich auf einen wichtigen, immunstimulierenden
Botenstoff – Interleukin-1 Beta (IL-1β). „In gesunden Zellen liegt der
Botenstoff zunächst als inaktives Vorläufermolekül pro-IL-1β vor. Dringt ein
Virus in die Zelle ein, wird das Vorläufermolekül durch ein Enzym in seine
biologisch aktive Form gespalten und nach außen freigesetzt“, erklärt Rösl.
„IL-1β lockt Immunzellen an. Diese eliminieren die virusinfizierte Zelle
anschließend über einen mehrstufigen Mechanismus.“
In Versuchen mit Zellkulturen fanden die Forscher heraus,
dass E6, ein HPV-spezifisches Protein, in den Reifeprozess von pro-IL-1β
eingreift. Bladimiro Rincon-Orozco und die Doktorandin Martina Niebler
infizierten humane Keratinozyten mit dem HPV-Typ 16 oder 18. Dabei zeigte sich,
dass diese Zellen nicht mehr in der Lage waren, reifes IL-1β auszuschütten. Der
Grund: E6 lässt das Vorläufermolekül durch das sogenannte Proteasom abbauen.
Das Proteasom ist die „Recyclinganlage“ der Zelle und normalerweise dafür
zuständig, beschädigte bzw. nicht mehr gebrauchte Proteine zu zerkleinern. „Der
Abbau des Vorläufermoleküls findet sehr früh während der Infektion statt und
erklärt, warum in HPV-16 oder 18 infizierten Zellen kein IL-1β mehr gebildet
wird“, sagt Rösl. „Ohne diesen Botenstoff hat es das Immunsystem schwer, die
Infektion zu entdecken und abzuwehren.“
Dass die Konzentration von IL-1β nicht nur unter
Laborbedingungen in HPV-infizierten Keratinozyten erniedrigt ist, haben die
Forscher ebenfalls nachgewiesen. In Kooperation mit der Charité Berlin
untersuchten sie Gewebeproben von HPV 16 bzw. HPV 18-positiven Patientinnen mit
Gebärmutterhalskrebs: „Je weiter fortgeschritten der Krebs war, desto weniger
IL-1β produzierten die Zellen“, sagt Bladimiro Rincon-Orozco. „Zusammen mit der
Charité und der Kopfklinik Heidelberg wollen wir nun überprüfen, ob sich die
veränderte IL-1β- Konzentration als Marker für Anogenitalkrebs und andere
HPV-bedingte Krebsarten eignet.“ So zum Beispiel auch für Tumoren im
Mund-Rachenraum, welche ebenfalls im Zusammenhang mit HPV stehen.
Dieser Mechanismus lässt sich möglicherweise auch
therapeutisch nutzen: „Derzeit werden sogenannte Proteasom-Hemmer klinisch
geprüft“, erklärt Rösl. Dabei inaktivieren bestimmte chemische Substanzen das
Proteasom, wodurch es nicht mehr in der Lage ist, Proteine zu zerkleinern. Die
Wissenschaftler halten es für denkbar, dass das Immunsystem mit
funktionsfähigem Interleukin-1 Beta wieder in der Lage wäre, die entstehende
Krebszelle zu erkennen und zu eliminieren.
Martina Niebler, Xu Qian, Daniela Höfler, Vlada Kogosov,
Jittranan Kaewprag, Andreas M. Kaufmann, Regina Ly, Gerd Böhmer, Rainer
Zawatzky, Frank Rösl, Bladimiro Rincon-Orozco. Post-Translational Control of
IL-1b via the Human Papillomavirus Type 16 E6 Oncoprotein: A Novel Mechanism of
Innate Immune Escape Mediated by the E3-Ubiquitin Ligase E6-AP and p53. PLOS.
2013 Aug 1. DOI: 10.1371/journal.ppat.1003536
Ein Bild zur Pressemitteilung steht im Internet zur
Verfügung unter:
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A) Normales Gebärmutterhalsgewebe, das viel pro-IL-1β
enthält (braun gefärbt)
B) Gebärmutterhalskrebs, negativ für pro-IL-1β
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DKFZ/Charité Berlin
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr
als 2.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische
Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1000 Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen
Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass
Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren
präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes (KID) klären
Betroffene, Angehörige und interessierte Bürger über die Volkskrankheit Krebs
auf. Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg hat das DKFZ das
Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg eingerichtet, in dem
vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik übertragen
werden. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem
der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ
Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung
von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines
Helmholtz-Zentrums ist ein wichtiger Beitrag, um die Chancen von Krebspatienten
zu verbessern. Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung
und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist
Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren.
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