Hochbegabungspresse
Der deutsche Physiker wird für seine wegweisenden
Arbeiten auf dem Gebiet der Quantensimulation mit ultrakalten Atomen
ausgezeichnet. Bloch erzeugt in seinen Experimenten einen mikroskopischen
»Lichtkristall« aus Laserstrahlen, in dessen »optischen Käfigen« ultrakalte
Atome eingefangen werden. Dieser Quantensimulator dient als Modell für die
Untersuchung grundlegender quantenmechanischer Prozesse in Materialien wie
Metallen.
Der mit 750.000
Euro dotierte Körber-Preis 2013 geht an Prof. Dr. Immanuel Bloch. Der deutsche
Physiker erhält die Auszeichnung für seine Arbeiten, die ein neues
Forschungsgebiet an der Schnittstelle von Quantenoptik,
Quanteninformationsverarbeitung und Festkörperphysik eröffnet haben. Der
Körber-Preis ehrt Wissenschaftler mit besonders innovativen Forschungsvorhaben.
Nach Physikstudium
in Bonn und einem Forschungsaufenthalt an der Stanford-Universität promovierte
Immanuel Bloch beim späteren Physik-Nobelpreisträger Theodor Hänsch an der
Münchener Ludwig-Maximilians-Universität. Seit 2008 ist er wissenschaftlicher
Direktor am Max-Planck-Institut für Quantenoptik und seit 2009 zusätzlich
Professor für Quantenoptik an der LMU.
Der 40-jährige
Preisträger widmet sich vor allem der Untersuchung ultrakalter »Quantengase« in
künstlichen Kristallen aus Licht. Solche Systeme dienen unter anderem als stark
vergrößerte Laborsimulationen von Festkörpern. Als Festkörper bezeichnen
Physiker feste Materialien wie Metalle oder Keramiken. Ihre Härte verdanken sie
einer kristallartigen Gitterstruktur.
Physiker
interessieren sich unter anderem dafür, wie gut Festkörper Strom und Wärme
leiten und welche Vorgänge dabei eine Rolle spielen. Wenn Strom durch einen
Festkörper fließt, bewegen sich freie Elektronen durch das ansonsten starre
Kristallgerüst. In Metallen kommen die Elektronen weitgehend ungebremst voran.
In nicht leitenden Stoffen wie Keramiken hingegen, so genannten Isolatoren,
sind die Elektronen unbeweglich in das Kristallgitter eingesperrt.
Diese Vorgänge
ahmt Bloch in seinen technisch aufwendigen Experimenten nach. Den Kern bildet
eine kleine Vakuumkammer. Darin erzeugen Laserstrahlen einen künstlichen
Kristall, dessen Gitter aus Licht besteht. In diese »Lichtkäfige« sperren die
Forscher ultrakalte Atome, die beispielsweise stark miteinander wechselwirkende
Elektronen imitieren. Da die Abstände zwischen den Atomen im Lichtgitter 10.000
Mal größer sind als in realen Materialien, lassen sich mikroskopische
physikalische Prozesse in einzigartiger Weise beobachten.
Ein weiterer Clou
ist, dass im Kunstkristall ‒ anders als in der Natur ‒ die Parameter fast
beliebig verändert werden können. Senken die Forscher beispielsweise die
Intensität der Laserstrahlen, die die Atome in den optischen Käfigen
festhalten, so lösen sich die Atome irgendwann aus ihrer Gefangenschaft. Aus
einem simulierten Nichtleiter wird so ein Leiter. Strahlen die Laser aus einer
anderen Richtung, können neue Kristallstrukturen erzeugt werden. Über ein von
außen angelegtes Magnetfeld lassen sich zudem die Wechselwirkungen zwischen den
Atomen abstimmen.
Anders als in der Welt
der klassischen Physik vermögen Quanten-teilchen wie Elektronen mehrere
Zustände gleichzeitig einzunehmen. Diese Zustände sichtbar zu machen und genau
zu charakterisieren hilft, den grundlegenden Aufbau von Materie besser zu
verstehen.
Mit Blochs Quantensimulator
lassen sich unter anderem theoretische Modelle über den Aufbau von Festkörpern
genau überprüfen. Außerdem ermöglicht die Apparatur Experimente unter extremen,
bisher im Labor nicht erreichbaren Bedingungen. Die dabei gewonnenen
Erkenntnisse können künftig helfen, Materialien mit maßgeschneiderten
Quanteneigenschaften zu entwickeln ‒ etwa neue Supraleiter, die Strom
verlustfrei leiten können. In ferner Zukunft hofft Bloch seinen Simulator auch
als Quantencomputer einsetzen zu können ‒ gegen den selbst superschnelle
herkömmliche Computer keinerlei Chance hätten: »Für die Berechnung der
Wechselwirkungen in einem System aus 300 Quantenteilchen würde ein
herkömmlicher Computer mehr Speicherzellen benötigen, als es Protonen im
sichtbaren Universum gibt«, erklärt der Preisträger.
Immanuel Bloch wurde bereits mit
zahlreichen renommierten Wissenschaftspreisen ausgezeichnet. Der Körber-Preis
für die Europäische Wissenschaft 2013 wird ihm am 6. September im Großen
Festsaal des Hamburger Rathauses überreicht.
Sabine Bornemann-Koch
Körber-Stiftung
Bereich Wissenschaft
Kehrwieder 12 · 20457 Hamburg
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