Hochbegabungspresse
Numerische Simulationen von Wissenschaftlern des AEI weisen
erstmals eine Instabilität im Innern von Neutronensternen nach, die zu
gigantischen Magnetfeldern führen kann. Diese Magnetfelder sind vermutlich für
gewaltige Explosionen im All verantwortlich.
Wenn zwei Neutronensterne in einem
Doppelsternsystem miteinander verschmelzen, entsteht zunächst ein ultradichter
(„hypermassiver“) Neutronenstern. Sein kurzes Leben endet mit einem
dramatischen Kollaps zu einem Schwarzen Loch. Dabei wird möglicherweise ein
kurzer Gamma-Blitz erzeugt, eine der gewaltigsten Explosionen, die wir im All
beobachten können. Kurze Gammastrahlen-Blitze, wie sie von Satelliten wie XMM
Newton, Fermi oder Swift beobachtet werden, strahlen in einer Sekunde so viel
Energie ab wie unsere gesamte Galaxie in einem Jahr! Es wird seit langem
vermutet, dass enorm starke Magnetfelder in der Umgebung des sich bildenden
Schwarzen Lochs eine Schlüsselrolle für die Erklärung solcher
Gammastrahlen-Blitze spielen. Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für
Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut/AEI) konnten jetzt erstmals einen
Mechanismus nachweisen, der solch enorme Magnetfeldstärken hervorbringen kann
bevor sich das schwarze Loch bildet.
Wie können derart riesige
Magnetfelder, die die Stärke des Erdmagnetfeldes um das zehn bis hundert
Billiardenfache übertreffen, aus den ursprünglich deutlich kleineren
Magnetfeldern der Neutronensterne entstehen?
Ursache dafür ist ein Phänomen, das
bei einem unterschiedlich schnell ("differentiell") rotierenden
Plasma in Gegenwart magnetischer Felder auftreten kann: Benachbarte
Plasmaschichten "reiben" aneinander und werden in Turbulenz versetzt.
Durch diese sogenannte Magnetorotationsinstabilität können bereits vorhandene
Magnetfelder enorm verstärkt werden. Aus anderen astrophysikalischen Systemen –
wie etwa Akkretionsscheiben und Kernkollaps-Supernovae – ist dieser Mechanismus
wohl bekannt. Bereits seit längerer Zeit wird darüber spekuliert, dass magnetohydrodynamische
Instabilitäten, die im Innern des hypermassiven Neutronensterns entstehen für
die nötige Verstärkung der Magnetfelder sorgen, der tatsächliche Nachweis
gelang jedoch erst mit den jetzt veröffentlichten numerischen
Simulationen.
Die Wissenschaftler der Gruppe
"Gravitationswellenmodellierung" am AEI simulierten dabei einen
hypermassiven Neutronenstern mit einem anfangs geordneten („poloidalen“)
Magnetfeld, dessen Struktur durch die Rotation des Sterns nach und nach immer
komplexer wird. Da der Stern dynamisch instabil ist, kollabiert er schließlich
zu einem Schwarzen Loch, das zunächst von einer Materiewolke umgeben ist, bis
diese ins Schwarze Loch hineingesogen wird.
Die Simulationen zeigen eindeutig
einen exponentiell schnellen Verstärkungsmechanismus im Innern des Sterns – die
Magnetorotationsinstabilität. Unter den extremen Bedingungen ultrastarker
Gravitation, wie sie im Innern eines hypermassiven Neutronensterns zu finden
sind, war es bislang nicht gelungen diesen Mechanismus zweifelsfrei
nachzuweisen. Das hängt damit zusammen, dass die Simulation der physikalischen
Gegebenheiten im Innern dieser Sterne extrem anspruchsvoll ist.
Die Entdeckung ist aus mindestens zwei
Gründen interessant: zum einen konnte zum ersten Mal eindeutig die Entwicklung
der Magnetorotationsinstabilität im Geltungsbereich von Einsteins Allgemeiner
Relativitätstheorie gezeigt werden. Bislang gibt es keine analytische Theorie,
die darüber Vorhersagen macht. Zum anderen kann dieses Ergebnis wichtige
Auswirkungen auf die Astrophysik haben, denn dadurch wird die These gestützt,
dass ultrastarke Magnetfelder eine Schlüsselrolle spielen, wenn wir verstehen
wollen woher die Riesenmengen Energie bei kurzen Gammastrahl-Blitzen kommen.
Originalpublikation:
Siegel, D. M., Ciolfi, R., Harte, A. I., Rezzolla, L.: Magnetorotational instability in relativistic hypermassive neutron stars, Physical Review D 87, 121302(R), 2013
Siegel, D. M., Ciolfi, R., Harte, A. I., Rezzolla, L.: Magnetorotational instability in relativistic hypermassive neutron stars, Physical Review D 87, 121302(R), 2013
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