Hochbegabungspresse
27. Mai 2013
Untersuchungen auf verborgenes Blut im Stuhl geben
Hinweise auf Darmkrebs oder auf Vorstufen der Erkrankung. Seit über 40 Jahren
wird dazu ein enzymatisches Nachweisverfahren eingesetzt, zwischenzeitlich sind
aber auch immunologische Tests auf dem Markt. Epidemiologen aus dem Deutschen
Krebsforschungszentrum wiesen nun im direkten Vergleich beider Methoden die
Überlegenheit der immunologischen Tests nach: Sie spüren doppelt so viele
Krebsfälle und Krebsvorstufen auf und liefern weniger falsch positive Ergebnisse.
Zur Früherkennung von Darmkrebs haben alle gesetzlich
Krankenversicherten in Deutschland von ihrem 50. Geburtstag an Anspruch auf
einen Test auf okkultes Blut im Stuhl. Darüber hinaus wird ihnen vom 55.
Geburtstag an eine Darmspiegelung angeboten. Bei dieser Untersuchung entdeckt
der Arzt eventuelle Krebsvorstufen mit großer Sicherheit, jedoch nehmen nur
rund 20 bis 30 Prozent aller Berechtigten das Angebot auch an. "Daher sind
die Tests auf verborgenes Blut wichtig, denn mit ihnen erreichen wir mehr
Menschen. Die Bereitschaft, einen einfachen Labortest durchführen zu lassen,
ist deutlich höher. Umso wichtiger ist es, dass die Nachweisverfahren auch
aussagekräftig sind", erklärt Professor Hermann Brenner vom Deutschen
Krebsforschungszentrum.
Der von den Krankenkassen seit Jahrzehnten erstattete
Test ist ein enzymatisches Nachweisverfahren für verborgenes Blut
(Guaiak-Test). Seit einigen Jahren sind darüber hinaus Testsysteme auf dem
Markt, die den Blutfarbstoff Hämoglobin immunologisch über eine Antikörperreaktion
nachweisen. Sie gelten als empfindlicher, sollen also mehr Gewebeveränderungen
aufspüren. Allerdings wurden beide Verfahren weltweit bislang nur in wenigen
kleineren Studien miteinander verglichen.
Hermann Brenner und seine Mitarbeiterin Sha Tao
unterzogen nun die beiden Verfahren erstmals einem großangelegten direkten
Vergleich. 2235 Probanden, die zwischen 2005 und 2009 an einer Darmspiegelung
zur Krebsfrüherkennung teilnahmen, gaben kurz vor der Untersuchung Stuhlproben
ab, die mit beiden Verfahren auf verborgenes Blut untersucht wurden.
Anschließend glichen die DKFZ-Forscher die Testergebnisse mit den Resultaten
der Darmspiegelung ab.
Der enzymatische Test spürte ein Drittel aller Fälle von
Darmkrebs auf; etwa neun Prozent der fortgeschrittenen Vorstufen (Adenome) und
rund fünf Prozent der frühen Vorstufen. Dabei lag die Spezifität etwas über 95
Prozent, das heißt, bei 95 von 100 Teilnehmern mit negativem Testergebnis
fanden die Ärzte auch bei der anschließenden Darmspiegelung keine Gewebeveränderungen.
Mit den drei untersuchten immunologischen Tests* dagegen
wurden etwa doppelt so viele der Krebserkrankungen (60.0, 53.3 und 73.3
Prozent) und rund dreimal so viele der fortgeschrittenen Krebsvorstufen
gefunden. Dabei lag ihre Spezifität noch etwas höher als beim enzymatischen
Test.
Nur einem knappen Drittel (31 Prozent) aller positiven
enzymatischen Tests lag tatsächlich eine Gewebeveränderung zugrunde. Unter den
positiven Befunden der immunologischen Tests dagegen bestätigte die Darmspiegelung
in rund zwei Drittel aller Fälle (57 bis 68 Prozent) eine Veränderung. "So
können die immunologischen Tests dazu beitragen, dass Menschen nach einem
positiven Ergebnis eine Darmspiegelung wahrnehmen und damit viel gezielter
diejenigen Personen an der Untersuchung teilnehmen, bei denen tatsächlich
Darmkrebsvorstufen vorliegen", erklärt der Epidemiologe Brenner.
Da der enzymatische Test nur positiv/negativ-Aussagen
erlaubt, der immunologische dagegen die Menge des Hämoglobins quantifiziert,
mussten die Forscher die Ergebnisse vergleichbar machen. Dazu wählten sie den
Schwellenwert der immunologischen Tests so, dass beide Verfahren die gleiche
Anzahl an positiven Ergebnissen erbrachten.
"Wir haben hier erstmalig in einem Direktvergleich
gezeigt, dass die diagnostische Aussagekraft der immunologischen Stuhltests bei
einer gleichen Rate positiver Ergebnisse deutlich höher ist als die des
Enzymtests", sagt Hermann Brenner. Er hofft, mit seiner Forschung
Überzeugungsarbeit bei den Entscheidungsträgern im Gesundheitswesen zu leisten:
"Die Tests auf verborgenes Blut im Stuhl werden weiterhin einen wichtigen
Bestandteil der Früherkennung von Darmkrebs darstellen. Daher wären wir gut
beraten, die immunologischen Tests auch in Deutschland in das Krebsfrüherkennungsangebot
aufzunehmen. Damit könnten deutlich mehr Menschen einen lebensrettenden Hinweis
auf eine verborgene Krebserkrankung erhalten."
In mehreren anderen europäischen Ländern, die Programme
zu Krebsfrüherkennung anbieten, sind die immunologischen Tests zwischenzeitlich
Standard. Sie haben neben der höheren Empfindlichkeit weitere Vorteile für die
Praxis: Sie sind einfacher zu automatisieren und der Proband muss nicht vorab
bestimmte Lebensmittel vermeiden, da die Antikörper spezifisch auf menschliches
Hämoglobin reagieren. Die etwas höheren Kosten, davon ist Brenner überzeugt,
ließen sich senken, sobald die Tests in großem Maßstab produziert werden.
Hermann Brenner und Sha Tao: Superior diagnostic
performance of fecal immunochemical tests for hemoglobin in a head-to-head
comparison with guaiac based fecal occult blood test among 2235 participants of
screening colonoscopy. European Journal of Cancer 2013, http://dx.doi.org/10.1016/j.ejca.2013.04.023
* untersuchte Tests:
Enzymatischer Nachweis:
HemOccult, Beckman Coulter, Krefeld, Germany
Immunologische Nachweise:
RIDASCREEN® Haemoglobin, Biopharm, Darmstadt RIDASCREEN®
Haemo-/Haptoglobin-Complex, Biopharm, Darmstadt OC Sensor, Eiken Chemicals,
Tokyo, Japan
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr
als 2.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische
Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1000 Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen
Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass
Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren
präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden
können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes
(KID) klären Betroffene, Angehörige und interessierte Bürger über die
Volkskrankheit Krebs auf. Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg hat
das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg
eingerichtet, in dem vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die
Klinik übertragen werden. Im Deutschen Konsortium für Translationale
Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für
Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben
universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter
Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums ist
ein wichtiger Beitrag, um die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das
DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu
10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der
Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren.
Diese Pressemitteilung ist abrufbar unter www.dkfz.de/pressemitteilungen
Dr. Stefanie Seltmann
Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Deutsches
Krebsforschungszentrum Im Neuenheimer Feld 280 D-69120 Heidelberg
T: +49 6221 42 2854
F: +49 6221 42 2968
Dr. Sibylle Kohlstädt
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Krebsforschungszentrum
Im Neuenheimer Feld 280
D-69120 Heidelberg
T: +49 6221 42 2843
F: +49 6221 42 2968