Dienstag, 30. September 2014

Hochbegabten Coaching an Rhein und Ruhr – Ist Willi out und Albert in?

Dr. Andreas Beckers
Lilli Cremer-Altgeld interviewt Dr. rer. pol. Andreas Beckers zu seiner Arbeit als Coach für Hochbegabte

Lilli Cremer-Altgeld
Herr Dr. Beckers, Sie sind Coach für Hochbegabte. Wie sind Sie zu diesem Thema gekommen?

Dr. Andreas Beckers
Nach den Studien der Betriebspsychologie, Marketing und Soziologie habe ich als Prozess-Coach Klinik- und Rehabilitationsketten gecoacht. Hier waren Hochbegabte überall anzutreffen, in allen Berufsgruppen, in jeder  Gesellschaftsschicht und jeder Altersgruppe. Es war faszinierend, suchen doch gerade Krankenhäuser nach Heilung, um selbst heilen zu können. Aber genau das ist auch der Ansatz, den ich heute noch verfolge – nur wer sich selbst kennt, kann anderen eine Hilfe sein.
Hierbei hat sich die Förderung von Hochbegabten ergeben, sind doch gerade diesen  besondere Errungenschaften zu verdanken. Erstaunlich ist festzustellen, dass Menschen nichts von ihren Talenten wissen und quasi als Mitläufer ihre zugewiesene Funktion hinnehmen - nur weil ihnen ihr „Umstand“ nicht bewusst ist. Der Grund liegt in der Unwissenheit oder der Erfahrung mit ihrer Begabung. Somit war irgendwann klar, Hochbegabten Coaching ist meine Aufgabe. Ich bin dankbar, dass mir mein Umfeld dabei geholfen hat, klar zu sein.

Lilli Cremer-Altgeld
Dr. Beckers aus welchen Gründen werden Sie um Coaching gebeten – und welche Menschen und Unternehmen begeben sich auf diesem Pfad?

Dr. Andreas Beckers
Die Gründe für Coaching sind unterschiedlich und es gibt bestimmt so viele, wie es Menschen gibt oder gar unendlich. Ich will aber gerne von Anlässen berichten, damit ein Bild entsteht und auch der Mut, sich anzunehmen. So gibt es Menschen, die beginnen ihr Leben zu hinterfragen. Der Auslöser ist die scheinbare Unerreichbarkeit ihrer persönlichen Ziele. Es gibt Menschen, die sich einfach nicht outen können mit dem was sie wollen oder wer sie sind. Dieses Thema ist am besten bekannt für homosexuelle Menschen. Dennoch - ein Hochbegabter sollte sich auch outen und zwar vor sich selbst.
Zudem gibt es Menschen, die berufliche oder private Anlässe nutzen, um dann zu erleben, daß sie klären wollen – wer sie selber sind oder was sie können wollen. Das ist insofern spannend, weil es dem gesellschaftlichen Bild entspricht, Glück und Frieden stünden einem Menschen nicht zu. Die, die erfahren, dass Glück jedem zusteht und – noch besser – Glück erlernbar ist, haben einen wundervollen und zufriedenen Ausdruck  - der mich als Coach auch glücklich macht.

Lilli Cremer-Altgeld
Von welchen Anlässen sprechen Sie?

Dr. Andreas Beckers
Auslöser über sich nachzudenken können Mobbing, Angst vorm Chef oder Kollegen, neue Positionen, Outen, Karriereplanung, Selbstständigkeit, neue  Herausforderungen, Kreativität, Teamarbeit, Unternehmensentwicklung, Trennung, Reden reden, Auswandern, Aussteigen/Einsteigen oder einfach nur Zoff mit Tante Inge  sein – es geht um die Entscheidung und Umsetzung was In und was Out ist! Die Liste ist sehr lang, aber die Anlässe für Coaching sind allesamt gesunder Natur im Gegensatz zur Psychotherapie.  Dort sind die Menschen erkrankt – im Coaching hingegen wollen die Menschen eine bewusste Veränderung eingehen und wollen wissen wie das geht!

Lilli Cremer-Altgeld
Warum haben sie sich dem Coaching für Hochbegabte „hingegeben“

Dr. Andreas Beckers
Hochbegabte, Begabte und Talentierte haben eine besondere  Verantwortung sich und anderen gegenüber – sie sind Vorbilder, können ungeahnte Sachverhalte denken und fühlen anders als andere. Sie haben eine Gabe, die einen Sinn hat – ihre Gabe zu leben. Der eine „Erfinder“ der Welt wird sich etwas dabei gedacht haben, Hochbegabte zu erfinden!
Wer seine Gaben nicht erkennt, geschweige denn lebt - ist unglücklich. Aber um auf die Frage direkt zu antworten: Ich glaube, daß das Leben dazu da ist, glücklich gelebt zu werden. Diese wundervolle Schöpfung kann doch nur einen Sinn haben: ein Jeder möge er selbst sein – eine Jede möge sie selbst sein. Das was jeder einzelne Mensch in diese Welt mitbringt, muss doch einen Sinn haben.

Lilli Cremer-Altgeld
Wenn sie überhaupt etwas dazu sagen dürfen – interessiert mich was markante Erfahrungen  eines Coachees sind und warum müssen Hochbegabte überhaupt gefördert werden, kann nicht davon ausgegangen werden, hochbegabte Erwachsene kennen sich gut oder sogar sehr gut?

Dr. Andreas Beckers
Menschen wachsen in Kontexten auf und erhalten ihre Prägung - gewissermaßen ihr Lebenskonzept. Das ist ein Denkmodell, von Eltern, Schule, Uni und Freunden geprägt. In der Regel werden nur weinige auf ihre Stärken und Talente aufmerksam gemacht. So werden Denkmodelle einfach adaptiert und gelebt. Diese Prägung beinhaltet auch die Information, wer sie selber seien und was sie können. Da Kinder oft unreflektiert annehmen, was ihnen gesagt – nehmen sie, ungeachtet ihrer Neigungen, Talente und Begabungen die Person an, die sie laut Umfeld sind. Selten werden Kindern herausragende Persönlichkeiten als Vorbilder vermittelt – sondern eher, was die Mittelmäßigkeit so hergibt. Mittelmäßigkeit kann aber kein Ziel sein – sie ist zu klein. Dies weiß auch der Verstand, versteht aber nicht unbedingt, dass man sich lieber an Tante Hildegard oder Onkel Willi orientiert, als an Platon, Albert Einstein oder Audrey Hepburn. Sinnloses raubt die Leidenschaft aktiv zu sein. Wie ein Käfig aus Ideen, die man selber nie hatte. In Folge dessen wird ein Fremdbild gelebt.
Ein unentdeckter Hochbegabter lebt u. U. Jahrzehnte mit dem Gefühl anders zu sein, will aber auch nicht entdeckt werden, weil er seine Andersartigkeit nicht erklären kann. Es fehlt das Wissen um sich, die Erfahrung damit – oder besser gesagt: das Gefühl von Glück – richtig zu sein.

Lilli Cremer-Altgeld
Herr Dr. Beckers, das würde doch bedeuten, Glück ist eine Frage der Einstellung?

Dr. Andreas Beckers
Kann ein Mensch von etwas anderem ausgehen? Was kann es glücklicheres geben, als der zu sein, der man ist. Coachen ist Gedanken „über Bord“ zu werfen und zu erkennen, dass Glück man selber ist, weil man so ist wie man ist. Die Hörigkeit zu einem falschen Wertesystem bedeutet Unglück. Glück bedeutet, das „Ich bin ich“ zu sein und zu leben.

Lilli Cremer-Altgeld
Warum arbeiten Sie vor allem mit Erwachsenen?

Dr. Andreas Beckers
Wer die Presse verfolgt, kann den Eindruck gewinnen -  es gäbe es nur hochbegabte Kinder – dem ist aber nicht so - Erwachsene sind ebenso mit dieser Gabe gesegnet. Insofern ist das Angebot für Erwachsene gering. 

Lilli Cremer-Altgeld
Haben Sie so etwas wie einen Wahlspruch oder einen Gedanken der Sie inspiriert?

Dr. Andreas Beckers
Ja, den gibt es: Ich wünsche mir, dass ein jeder seine „Herrlichkeit/Fraulichkeit“ erkennt und erfährt, dass er seine Lebensumstände frei wählen kann und darf!
Kurz um – Willi ist out und Albert in!

Lilli Cremer-Altgeld
Danke für das Gespräch.

Dr. Andreas Beckers
Ich danke Ihnen.


Kontakt:
Dr. Andreas Beckers – Am Alten Stadtpark 1 – 44791 Bochum/NRW – +49 176 32 538 486